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Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen

Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen

Titel: Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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entdecken würde. Dann machten sie sich auf, den Rest des Weges zu Fuß zurückzulegen.
    Es wurde bereits dunkel. Die Nacht kroch über die Wälder heran und erfüllte die Zwischenräume im Laubdach mit grauem Dämmerlicht. Hier und da funkelten die Augenpaare nächtlicher Jäger aus den Schatten der Büsche und Sträucher.
    »Wir haben nicht mal ’ne Taschenlampe dabei«, schimpfte Nils. »Kann mir einer sagen, wie wir irgendwas sehen wollen für den unwahrscheinlichen Fall, dass wir dieses blöde Grab finden?«
    »Wie wär’s, wenn du vorausgehst?«, schlug Lisa vor. »Sobald du in ein Loch fällst, wissen wir, dass wir angekommen sind.«
    Kyra und Chris wechselten einen schnellen Blick – die beiden Geschwister würden wohl niemals aufhören, sich gegenseitig zu triezen.
    Sie waren etwa zwanzig Minuten im dichten Unterholz umhergeirrt, als sie endlich fündig wurden. Es war Chris, der plötzlich stolperte, nicht Nils. Kyra packte ihn gerade noch am Arm, eher er kopfüber in eine Grube purzeln konnte.
    Es war zu finster, um alles mit Gewissheit zu erkennen. Doch was sie sehen konnten, reichte aus.
    Vor ihnen öffnete sich im Waldboden ein Irrgarten aus Schneisen. Sie sahen aus wie Schützengräben in einem alten Kriegsfilm. Die Vertiefungen führten kreuz und quer zwischen den hohen, alten Bäumen umher. An vielen Stellen war verschlungenes Wurzelwerk freigelegt. Die Ausschachtungen waren nicht systematisch durchgeführt, vielmehr schien es, dass mal an dieser, mal an jener Stelle gegraben worden war. Das Labyrinth der Gräben musste mindestens zwanzig mal zwanzig Meter messen – möglich, dass die tatsächliche Ausdehnung jedoch weitaus größer war. Die Abenddämmerung mochte noch so manche Grube unter ihrem Schleier aus Schatten und Zwielicht verbergen.
    »Das muss Privatbesitz sein«, überlegte Chris laut, »sonst wäre es dem Förster aufgefallen.«
    Kyra stimmte ihm zu. »Das alles hier gehört wahrscheinlich diesem Bauern, von dem Herr Fleck gesprochen hat.«
    »Samuel Wolf«, ergänzte Nils.
    Lisa bekam beim Klang dieses Namens eine Gänsehaut, ohne dass sie hätte sagen können, weshalb. Schließlich hatten sie noch keinen echten Beweis, dass Wolf in die ganze Sache verstrickt war.
    Kyra schaute Chris an. »Hilfst du mir mal?«
    Und noch bevor er eine Antwort geben konnte, begann sie bereits, in den vorderen Graben hinabzuklettern. Chris packte sie rasch an der Hand, um zu verhindern, dass sie an der steilen Erdwand abrutschte und sich womöglich noch verletzte.
    »Danke«, keuchte sie, als sie unten ankam. »Uuh, das ist matschig.«
    »Das muss Grundwasser sein«, sagte Lisa. »Es hat doch seit Tagen nicht geregnet.«
    Der Graben war fast drei Meter tief. In der Tat hatten sich an seinem Boden zahllose Pfützen gebildet. Kyra patschte erst ein wenig ziellos umher, bis sie sich schließlich nach links wandte und dem Verlauf des Grabens folgte.
    »Warte!«, rief Chris ihr hinterher. Aus der Hocke sprang er in die Tiefe und landete unweit von Kyra im Schlamm. Eine schmutzige Wasserfontäne bespritzte ihre Beine.
    »Vielen Dank«, brummte sie und berührte mit den Fingerspitzen ihre nassen Hosenbeine. »Eklig. Und kalt.«
    »’tschuldigung.«
    Nils folgte als Nächster, und zuletzt hüpfte auch Lisa hinab in den Graben.
    »Mist«, fluchte Kyra. »Jetzt ist keiner mehr da, der uns wieder hochhelfen kann.«
    Daran hatten sie gar nicht gedacht! Wie sollten sie die hohen Grabenwände wieder hinaufklettern, ohne Hilfe von oben? Außerdem war das Erdreich an den Seiten feucht und gab nach, wenn man es berührte. Bei einem Erdrutsch würde sie der Schlamm verschütten.
    »Guckt mal!«, presste Nils plötzlich hervor. Er deutete auf etwas Bleiches, das neben ihm aus dem Erdreich der Grabenwand ragte.
    Lisa schnappte nach Luft. »Ist das –«
    »Ein Knochen«, bestätigte Chris mit schwankender Stimme.
    Als sie sich jetzt im Dämmerlicht umschauten, sahen sie zu ihrem Entsetzen, dass aus dem Boden und den Seitenwänden Gebeine ragten – verblichene Arm- und Beinknochen, sogar eine Hand voll brüchiger Totenschädel. Ihre Augenhöhlen waren mit Morast und Wurzelwerk gefüllt.
    Wer immer sich am Grab der Pestleichen zu schaffen gemacht hatte, war nicht besonders gründlich gewesen.
    »Er hat nur die Schädel benutzt«, stellte Kyra fest. Sie versuchte, sachlich zu bleiben, doch auch ihre Stimme klang zittrig. »Die anderen Knochen hat er liegen lassen.«
    »Aber hier sind doch noch Schädel«, widersprach

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