Sieben Siegel 07 - Dämonen der Tiefe
»Die Mutter der Seufzer«, flüsterte sie. »Eine der Drei Mütter.«
Die Drei Mütter waren die Herrscherinnen des Arkanums, die Göttinnen aller Hexen: Mater Tenebrarum, Mater Lacrimarum und Mater Suspiriorum. Bisher wussten die vier Freunde nicht, ob es sich dabei um Wesen aus Fleisch und Blut handelte oder vielleicht um Geister, die aus dem Jenseits Einfluss auf die Verbrechen des Arkanums nahmen. Möglicherweise waren die Drei Mütter auch etwas völlig anderes, etwas gänzlich Fremdes.
Chris kam ein grauenvoller Gedanke: »Glaubt ihr, sie ist an Bord des Schiffes? Ich meine – die Mutter der Seufzer persönlich? «
Die Geschwister wechselten einen entsetzten Blick, aber niemand sagte ein Wort.
Bischof räusperte sich nach einem Augenblick vernehmlich. »Könnte mir jemand erklären, von was ihr da redet?«
Es blieb ihnen vorerst erspart, darauf zu antworten, denn jetzt meldete sich der verängstigte Koch wieder zu Wort.
»Ich habe ein paar ihrer Gespräche belauscht. Sie wissen nicht, dass ihr da unten seid. So wie’s aussieht, ist die KARTHAGO der einzig sichere Ort im Umkreis von zig Seemeilen. Falls es mir gelingt, bis zu einer der Kapseln zu gelangen, werde ich versuchen, zu euch runterzukommen.«
Bischof schüttelte stumm den Kopf und sagte nach kurzem Überlegen: »Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist, Enrique. Unser Sauerstoff ist begrenzt. Wer weiß, wie lange wir hier bleiben müssen. Versteck dich an Bord der S.I.M.-1 und versuch, mehr über diese Frauen herauszufinden.«
Das Bild des Kochs flimmerte und erlosch dann für mehrere Sekunden, um bald darauf wieder zu erscheinen. »Kontakt gestört. Kann euch nicht hören. Versuche, eine der Kapseln zu erreichen. Wiederhole: Ich komme zu euch! «
Es knisterte und knackte in den Lautsprechern wie im Inneren eines Ameisenhaufens, dann brach die Leitung endgültig zusammen.
»Enrique!«, brüllte Bischof ins Mikrofon. »Enrique, hörst du mich?«
Der Koch antwortete nicht mehr.
»Dieser Dummkopf!«, wetterte Bischof.
»Sie können ihm doch keinen Vorwurf machen, weil er Angst hat«, hielt Chris dagegen.
»Schließlich hat er allen Grund dazu«, setzte Lisa leiser hinzu.
Bischof drehte sich zu den drei Freunden um und musterte sie mit einem beunruhigenden Funkeln in den Augen. »Ihr wisst doch mehr über diese Sache. Hat der Professor etwas damit zu tun?«
»Der Professor?« Nils grinste ohne jede Fröhlichkeit. »Nicht das Geringste.«
Bischof machte einen Schritt auf sie zu. Vielleicht wollte er, dass es einschüchternd wirkte. Doch mit was hätte er ihnen schon drohen können? Was konnte schlimmer sein als der Schlamassel, in dem sie steckten?
»Ihr müsst mir sagen, was ihr wisst«, verlangte er. »Alles.«
Chris rümpfte die Nase. »Und wir dachten schon, Sie halten uns für dumme Schulkinder«, knurrte er sarkastisch.
»Ihr begreift noch immer nicht, dass es hier vielleicht um unser Leben geht, nicht wahr?« Bischof war jetzt wirklich wütend. Lisa wich unmerklich zurück, bis sie eine der Kunststoffkonsolen in ihrem Rücken spürte.
Nils blickte von seiner Schwester zu Chris.
»Vielleicht sollten wir wirklich alles erzählen.«
»Er wird uns ja doch kein Wort glauben«, sagte Chris.
Bischof seufzte. »Das überlasst ihr am besten mir.«
Die beiden Jungs schauten zu Lisa. Sie errötete leicht und holte tief Luft. Dann begann sie, vom Arkanum und den Hexen zu berichten.
»Schnell!«, rief Kyra. » Schneller! «
Professor Rabenson presste seine schwitzende Handfläche fester auf den Steuerhebel und beschleunigte das Shuttle auf Höchstgeschwindigkeit.
»Sie sind genauso schnell wie wir!« Kyra blickte auf einen Monitor, der ihr zeigte, was sich hinter dem Shuttle befand. Die Kamera filmte durch die Strudel der Turbinen, deshalb war das Bild leicht verschwommen – es sah aus wie flirrende Luft über einem Lagerfeuer. Trotzdem erkannte Kyra deutlich die sechs silbernen Schemen, die die Spur des Shuttles aufgenommen hatten. Sie bildete sich ein, sogar ihre bösen, dunklen Augen sehen zu können, auch wenn das ganz unmöglich war. Kyra spürte geradezu die Niedertracht und grausame Intelligenz in diesen Blicken.
»Das sind die Hexenfische des Arkanums«, erklärte sie ihrem Vater. Wenn sie es sich genau überlegte, wusste sie gar nicht, ob er ihnen nicht vielleicht schon einmal selber begegnet war. Er sprach niemals über die Zeit, die er mit Kyras Mutter verbracht hatte. Tante Kassandra hatte ihrer Nichte einmal
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