Sieben Siegel 07 - Dämonen der Tiefe
zu Hause auf dem Fernseher machte, fluchte ihre Tante Kassandra immer zum Steinerweichen und verdonnerte sie dazu, das Glas mit einem Tuch zu polieren, bis alle Fingerabdrücke verschwunden waren.
Professor Rabenson beugte sich vor und entdeckte nun auch die Trümmer, die unterhalb des zerfetzten Decks auf dem Lavaboden lagen. Es handelte sich offenbar um Bruchstücke der versteinerten Planken. Das konnte nur eins bedeuten: dass die Zerstörung erst angerichtet worden war, als das Boot bereits auf dem Grund des Ozeans lag.
Möglicherweise erst gestern! Oder vor wenigen Stunden!
»Papa«, sagte Kyra, »lass uns bitte von hier verschwinden, ja?«
Er sah sie eindringlich an. »Du glaubst, deshalb sind die Siegel erschienen, oder? Du denkst, irgendetwas hat sich aus dem Wrack befreit. Etwas Böses, nicht wahr?«
Kyra nickte. »Warum gibt es keine Tiere im Ring der Schwarzen Raucher? Und keine Pflanzen? Und das, obwohl die Wärme sie doch eigentlich anziehen müsste!« Sie überlegte kurz, dann fuhr sie fort: »Es muss doch einen Grund haben, dass diese Wikinger so weit von ihrer Heimat weggefahren sind. Vielleicht hatten sie etwas an Bord, was sie unbedingt loswerden wollten. Etwas, was sie so weit von zu Hause fortbringen wollten, dass es garantiert niemals zurückkehren würde. Vielleicht hat es sie nur deshalb hierher ans andere Ende der Welt verschlagen! Doch dann kam ihnen das Unwetter dazwischen. Das Boot ging unter und mit ihm das, was sie unter Deck gefangen hielten. Was, wenn es die ganzen tausend Jahre gebraucht hat, um sich aus seinem Gefängnis zu befreien?«
Der Professor war während Kyras Rede bleich geworden. »Ich jedenfalls wäre ziemlich wütend, wenn man mich so lange gefangen halten würde.«
»Lass uns abhauen«, sagte sie beharrlich. »Bitte!«
Das Shuttle schwebte noch immer reglos vor der sternförmigen Öffnung im Deck des Bootes. Da das Wrack auf der Seite lag, klaffte das Loch vor ihnen wie ein aufgerissenes Maul.
»Okay«, sagte der Professor und wollte schon den Steuerknüppel nach vorne schieben, als Kyra plötzlich rief: »Da bewegt sich was!« Alarmiert deutete sie auf den Monitor. »Da ist irgendwas unter Deck!«
Der Professor nahm die Hand von dem Hebel.
»Wir haben eine fernlenkbare Kamera an Bord. Wir könnten sie durch die Öffnung ins Innere des Bootes schicken. Was meinst du?«
Kyra hatte Angst, und auch ihr Vater kaute nervös auf seiner Unterlippe herum. Trotzdem brannten sie vor Neugier auf die Lösung dieses Rätsels. Vor was hatten die Wikinger solche Angst gehabt, dass sie es in einer selbstmörderischen Odyssee bis auf die andere Seite des Planeten gebracht hatten?
Andererseits – was immer es war, es hielt sich mit größter Sicherheit nicht mehr im Schiff auf. Schließlich war es von dort ja erst entkommen. Möglich, dass es doch Tiere hier unten gab, Fische oder irgendwelche Würmer, die sich im Inneren des Wracks eingenistet hatten.
»Versuch’s halt mit der Kamera«, sagte Kyra zu ihrem Vater. Der Professor nickte, teils erwartungsvoll, teils besorgt.
Wenig später klinkte sich eine stählerne Sonde aus der Unterseite des Shuttles aus und glitt, angetrieben von einem Propeller, auf das Wrack und die Öffnung in seinem Deck zu.
Der Professor legte einige Schalter um. Auf einem der kleinen Seitenmonitore erschien das Bild, das die Kamera der Sonde einfing.
Das Loch wurde größer und größer, und noch immer war nicht zu erkennen, was sich dort in der Dunkelheit bewegt hatte.
»Vielleicht sollten wir einen Sicherheitsabstand einhalten«, meinte Kyras Vater und ließ das Shuttle ein gehöriges Stück rückwärts gleiten. Sie waren jetzt etwa dreißig Meter von dem Boot entfernt.
Per Fernbedienung schaltete Professor Rabenson den einzigen Scheinwerfer des kleinen Robotgeräts ein. Sofort fiel das Licht gebündelt in die finstere Wunde des Schiffswracks, und einen Augenblick später war die Sonde selbst darin verschwunden.
Kyras Blick hing wie gebannt an dem Monitor.
»Was ist das?«, flüsterte ihr Vater, als vor der Kamera etwas aufblitzte, gespenstisch unscharf im Licht des Scheinwerfers.
»Es war zu schnell wieder weg«, sagte Kyra. Sie bemerkte, dass auch sie selbst unbewusst leiser sprach, so als könnte sie allein durch ihre Worte etwas wecken, was im Inneren des unheimlichen Wracks auf Opfer lauerte.
Wieder blitzte etwas auf. Dann noch etwas. Und ein drittes Mal.
»Das reicht«, zischte der Professor angespannt. Er schob den Steuerhebel
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