Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Siebenschön

Siebenschön

Titel: Siebenschön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Winter
Vom Netzwerk:
»Bisher dachte ich das eigentlich.«
    Makarovs Lächeln vertiefte sich. »Trotzdem müssen wir sehen, wie wir die Zeit bis dahin personell am besten überbrücken …«
    Oh ja, ganz richtig! Em nickte zufrieden. Gottlob kam er von selbst darauf zu sprechen.
    »Sie brauchen so schnell wie möglich wieder einen Partner, und ich glaube, ich habe da auch schon die ideale Lösung gefunden.« Er griff nach der Mappe vor ihm auf dem Schreibtisch und vertiefte sich in den Lebenslauf auf dem Deckblatt, während Em sich fast den Hals ausrenkte in dem Bemühen, zumindest einen flüchtigen Blick auf das Dokument zu erhaschen.
    »Neugierig?«, fragte Makarov, ohne aufzublicken.
    »Doch, klar«, antwortete sie mit wohl dosiertem Interesse. Nicht zu viel, sonst ließ er sie nur unnötig zappeln. Aber auch nicht zu wenig, denn das hätte er ihr sowieso nicht abgenommen. »Immerhin geht es mich an, oder?«
    »Hm.« Er kratzte sich den nicht vorhandenen Bart. »Na, dann will ich Sie mal nicht länger auf die Folter spannen«, sagte er und reichte ihr eine Fotografie über den Tisch. »Darf ich bekannt machen: Mai Zhou, sechsundzwanzig Jahre jung und gerade erst von einer fünfmonatigen Fortbildung an der FBI-Akademie in Quantico zurückgekehrt. Ihr Vater ist Hongkong-Chinese, die Mutter eine deutsche Diplomatentochter. Die ersten vier Jahre ihres Lebens hat Frau Zhou in Hongkong verbracht,sie spricht fließend Englisch, Französisch und Mandarin und hat darüber hinaus ein Auslandssemester an einer israelischen Polizeischule absolviert.«
    Em hatte das Gefühl, einen ordentlichen Schlag in die Kniekehlen kassiert zu haben, während sie unverwandt auf das Foto in ihrer Hand hinunterblickte. Die Aufnahme zeigte eine äußerst attraktive junge Asiatin im hellen Rollkragenpullover. Auf den ersten Blick keineswegs unsympathisch. Doch das wenige, was Makarov ihr über die Frau auf dem Bild verraten hatte, genügte bereits, um ihr Mai Zhou bis ans Ende aller Tage zu verleiden. Em hielt die Luft an. Noch durch die geschlossene Tür hindurch konnte sie den Puls ihrer Abteilung spüren, routinierte Betriebsamkeit, die in ihr die irrwitzige Hoffnung nährte, dass sie sich verhört hatte.
    »Frau Zhou verfügt über ein paar äußerst interessante Zusatzqualifikationen«, fuhr ihr Boss just in diesem Moment mit der Aufzählung von Mai Zhous Qualitäten fort und holte Em so reichlich unsanft auf den Boden der Realität zurück. »Und wenn alles geklappt hat, dürfte sie«, er warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr, »seit ungefähr zehn Minuten drüben im Besucherraum warten. Seien Sie also so gut und führen Sie sie ein bisschen rum, ja? Und wenn sie Fragen hat …«
    »Augenblick!«, protestierte Em, die nun endlich ihre Sprache wiedergefunden hatte. »Wollen Sie damit sagen, dass ich in Zukunft mit einer Frau arbeiten soll?«
    Ihre Reaktion schien Makarov zu amüsieren. »Haben Sie ein Problem damit?«
    »Oh ja, allerdings.«
    »Wieso? Was haben Sie gegen Ihre Geschlechtsgenossinnen einzuwenden?«
    »Gar nichts«, gab Em zurück. »Außer, dass man mit ihnen weder vernünftig reden noch vernünftig zusammenarbeiten kann.«
    Ihr Vorgesetzter fixierte sie mit seinen wasserblauen Augen. »Das sagen ausgerechnet Sie?«
    »Oh ja«, schnappte Em. »Und wissen Sie auch, warum ich das sage?« Sie reckte angriffslustig das Kinn vor.
    Er tat ihr den Gefallen und spielte mit. »Nun? Warum?«
    »Weil ich ganz genau weiß, wovon ich rede. Ich habe mit diesen Weibern studiert. Ich habe mir mit ihnen die Dusche und den Schlafraum geteilt und … Wir waren im selben Volleyballteam!«
    Ihr Vorgesetzter unterdrückte nur mit Mühe ein Schmunzeln. »Des ungeachtet waren Sie erst vor drei Wochen in den Schulen dieses Landes unterwegs, um junge Mädchen für eine Karriere bei der Kriminalpolizei zu begeistern.«
    »Ja und?«
    »Machen Sie Witze?« Er streckte seine kurzen Beine von sich. »Erst werben Sie sie an, und dann weigern Sie sich allen Ernstes, mit diesen Mädchen zusammenzuarbeiten?«
    »Mai Zhou ist wohl kaum ein Mädchen«, widersprach Em, indem sie das Foto, das ihr Boss ihr gegeben hatte, vor ihn auf den Tisch knallte.
    Er schüttelte unwillig den Kopf. »Sie wissen genau, wie ich das meine.«
    »Ja, das weiß ich. Und ja, ich unterstütze weibliche Nachwuchskräfte in unserem Job. Ich finde es toll, wenn Frauen Pilotin oder Soldatin oder von mir aus auch Kampfschwimmerin werden …«
    » … solange Sie nichts mit ihnen zu tun haben müssen«,

Weitere Kostenlose Bücher