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Sieg des Herzens

Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er, wie der Gastgeber, seiner Frau auch früh verlustig gegangen war, als sie ihm das erste Kind, ein Töchterchen, geboren hatte und im Wochenbett gestorben war.
    Dadurch so hart gegen alle Welt geworden, brachte er jedoch seiner Tochter seine ganze Liebe entgegen, umgab sie mit jedem Luxus und hielt ihr mit Eifer alles fern, was sie nur irgendwie hätte betrüben oder ihr hätte schaden können. Dieses Mädchen war zusammen mit ihrem Vater auch eingeladen worden und saß nun inmitten der Bürgerstöchter, an deren Gesprächen sie sich freilich nur zurückhaltend beteiligte.
    Bei Tisch, als der junge Dichter sein kurzes, aber höchst eindrucksvolles Feuerwerk losließ, sah sie mit großen Augen zu ihm auf, erstaunt über so viel unvermutetes Temperament, begeistert vom Witz der Worte und eigentümlich angezogen von diesem schmalen, blassen Gesicht mit der dünnen Haut, unter der es von innen zu leuchten schien.
    Er fühlte diesen Blick auf sich, suchte die Augen, von denen er ausging, und fand sie in einem rosa überhauchten Gesicht, das von einer schweren, wie gesponnenes Gold wirkenden Lockenfülle eingerahmt war.
    Doch das Wichtigste waren diese Augen. Welch ein Glanz wohnte ihnen inne, welch ein dem Himmel gleichgestelltes Blau besaßen sie, welch klare Tiefe, die bis an den Rand der Seele führte, war ihnen eigen!
    Sie war nicht gemeinhin hübsch, diese Achtzehnjährige. Von einer Schönheit, die ins Auge fiel, hätte selbst ein Dichter hier nicht singen können. Sie ragte nicht über die Allgemeinheit hinaus, jedoch ihr Blick glich, wie gesagt, alles aus, was ihr die Natur an anderen Attraktionen versagt haben mochte.
    Der junge Dichter stand wie im Traum und starrte sie an. Es ging von ihr etwas zu ihm herüber, was er nicht deuten und nicht greifen, sondern nur fühlen konnte. Es war wohl ein Hauch der Unschuld, der lächelnden Reinheit, und doch ein Tasten der sichtbaren Reife nach dem Naturgesetz des Lebens.
    Es war ein heimliches Zueinanderströmen zweier Seelen. Er mußte lachen, innerlich sich selbst verspottend. Liebte er vielleicht schon dieses Mädchen?
    Liebe?
    Kann Liebe in wenigen Minuten sich des Herzens bemächtigen? Braucht Liebe, um erst wirkliche Liebe zu sein, nicht auch Überlegung, Besinnung?
    Die klare Frage lautet doch: Bist du bereit, alles zu tragen für diese … Liebe?
    Sonst ist es nur ein Rausch, ein Taumel des Gefühles, der ebenso rasch wieder verfliegt, wie er dich anfiel.
    Nein, es war nicht Liebe, nicht Rausch, es war nichts, noch nichts, was sich auf dem primären Trieb des Menschen aufbaute. Es war ein Sichfinden der Seelen, ein Zueinanderstreben des geistigen Gefühles.
    Er lauerte nach Aufhebung der Tafel auf eine Möglichkeit, in ihre Nähe zu gelangen, doch sosehr ihre Blicke ihn dazu auch ermunterten, der Wink des Vaters rief ihn an dessen Seite. Folgsam trat er zu ihm, der ihm zu seinem Erstaunen den Arm um die Schulter legte und mit erhobener Stimme zur ganzen Gesellschaft der Anwesenden sagte: »Meine lieben Gäste, darf ich um Gehör bitten? Ich habe eine Überraschung für alle. Keiner hier weiß wohl, daß dieses nüchterne Handelshaus, in dem nur Verträge, Bilanzen, Rechnungen die Szene zu beherrschen scheinen, im geheimen auch die zarte Blüte der Poesie versteckt hält …«
    Ein Raunen ging durch die Reihen der Gäste, und der junge Mann, der sich besonders angesprochen fühlen mußte, errötete tief.
    »Ich«, fuhr der Gastgeber fort, »will es kurz machen und niemanden auf die Folter spannen – mein Sohn hier ist ein Dichter.«
    Überraschte Ausrufe wurden laut. Manche sprangen auf. Ein Mühlenbesitzer bat im Namen aller Anwesenden darum, eines Vortrags durch den Poeten für würdig erachtet zu werden.
    »Vater«, murmelte der Sohn, »ich weiß nicht …«
    Er brach ab. Er wußte nicht, was er tun sollte. Niemals hatte er mit einem solchen Ansinnen gerechnet.
    »Lies deinen Prolog«, sagte der Vater leise.
    »Den Prolog?« Des Sohnes Erstaunen wuchs und wuchs. »Woher kennst du ihn?«
    »Ich kenne ihn«, antwortete lächelnd der Vater.
    »Woher?«
    »Ich habe ihn gelesen, als ich in dein Zimmer kam und dich über deinem Werk der Schlaf übermannt hatte. Hätte ich dich wecken sollen, ehe ich meine Neugier befriedigte?«
    Der Dichter schwieg. Er blickte dem Vater in die Augen und entdeckte darin keinen Vorwurf, sondern nur Stolz. Da wurde er froh.
    »Du weißt also, wie ich meine Nächte verbringe, Vater?«
    »Ich hoffe, nicht alle.«
    »Und du bist mir

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