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Sieg des Herzens

Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in ihrer Brust schmerzte.
    So, wie eine Blumenknospe wundersam aufspringt und erblüht zum Lobe Gottes, waren die beiden gereift zum ersten Erleben.
    Viel Volk, junges und altes, wurde von diesem Frühlingstag hinausgelockt in die Natur.
    Leichtfüßig schritten die beiden dahin, beschwingt, unbeschwert, ein Lächeln inneren Glücks auf den Lippen. Schon bald aber stahlen sie sich beiseite, mußten sie doch immer darauf achten, von möglichst wenigen Leuten gesehen zu werden. Sie eilten froh durch Wald und Wiese, bis ein kleiner, abseits gelegener Hain sie mit seiner Stille anlockte. Umgeben von schlanken Birken und jungen Buchen, entsprang eine unter moosbewachsenen Steinen versteckte Quelle und lieferte mit ihrem leisen Plätschern eine diskrete Begleitung zum Gesang der Vögel.
    »Locken dich das klare Wasser, das saftige Grün und das Konzert der Vögel nicht zum Verweilen?« fragte der Dichter mit schelmischem Lächeln das Mädchen.
    Errötend senkte sie den Kopf und schwieg, als wollte sie es ihm nicht zu leicht machen. Und als er sich ins Gras setzte und sie zu sich hinunter an seine Seite zog, leistete sie einen spürbaren, wenn auch nicht entschiedenen Widerstand. Die Stunde, in der er sich selbst zu erliegen bereit war, schien gekommen zu sein. Dem Mädchen erging es nicht anders.
    Doch wenige Sekunden später fühlte er, wie in seiner Seele eine noch mächtigere Stimme lockte, eine gewaltigere als die der Liebe, eine süßere als die der Sehnsucht – er hörte die Glocken der Kunst.
    Da griff er unter sein Wams und zog Pergament, einen sorgsam, gespitzten Gänsekiel und ein kleines Fläschchen mit schwarzer Tinte hervor. Das Mädchen sah ihm zu, erstaunt über seine plötzliche Wandlung und im Inneren enttäuscht über die Zurückweisung ihres geheimsten Wunsches.
    Da saß er nun im Gras, das Pergament auf den Knien, und schrieb – schrieb, was seine Seele ihm vorsagte, was sein Herz fühlte, was sein Blut sang, schrieb von der Natur, von der Liebe, von der jubelnden Seele, und merkte nicht, wie seine Wangen sich röteten, wie seine Augen sich füllten mit überirdischem Glanz, wie seine Hände dem göttlichen Funken gehorchten. Er war nicht mehr Mensch, er war nicht mehr der Sohn des reichen Kaufherrn, er war jetzt ein Werkzeug Gottes, ein Mittler zwischen Gott und Natur – er war ein Dichter!
    So schrieb er Zeile um Zeile, Vers um Vers, hörte der Amsel Schläge erklingen und die Quelle plätschern und verband dies alles zu einer Sinfonie des Seins, dem er kritisch und wachsam den Schein gegenüberstellte.
    Sie saß still an seiner Seite, verwundert, benommen erst, bald aber fasziniert, und wollte beten, daß dies Erlebnis nie zu Ende ginge.
    Wie war sein Herz jetzt so weit, so offen für alles Gute und Reine, aber auch für das Schlechte und Verderbliche! Und darum muß ich, dachte sie, immer bei ihm sitzen, ihn und seine Seele vor diesen Schatten schützen.
    Das fühlte sie, und sie merkte, wie ihre Aufgabe – die Aufgabe einer Frau – ihr bereits gestellt war und begonnen hatte.
    Erst nach Stunden legte er den Federkiel hin, atmete tief ein, streckte sich, breitete die Arme aus und berührte dabei ihren Körper. Da zuckte er zusammen, kam zu sich, blickte zur Seite und sah sie still, geduldig wartend neben sich im Gras sitzen. Aus ihren Augen leuchteten ihm ihr Verstehen entgegen, ihre Demut vor seiner Kunst und ihre Ergebenheit vor Gott. Und schon jauchzte er laut auf, umarmte sie, preßte sie an sich und sank mit ihr, trunken vor Glück und Liebe, ins weiche Gras.
    Ist es verständlich, daß auch jetzt die Zeit verrann, verflog in überwirklichem Glanz, in einem Dom von Licht? Gibt es Verliebte, die ihre Liebe nach dem brutalen Zeiger der Uhr messen oder nach dem Stundenschlag ferner Kirchenglocken?
    Als sich seine heißen Hände von ihrem Leib lösten, halbwegs wenigstens, war die Dunkelheit hereingebrochen, und ein frischer Wind kühlte die erhitzten Stirnen. Und doch war es ihm immer noch, als sei ihre Lockenpracht umtanzt von den Kobolden eines anderen Lichts, und dieser Tag dünkte ihn nicht wie ein Sonntag, der jede Woche wiederkehrt, sondern wie ein Fest des Herzens, wie ein Feiertag seines Lebens, wie eine Sprosse höher auf der Leiter zum Paradies.
    Da riß er sie noch einmal in seine Arme und küßte von ihren selig bebenden Lippen, von ihren in Liebe erstrahlenden Augen alles Glück, alles Leuchten wie ein Verdurstender, dem man in der Wüste ein Glas Wasser reicht. Dann barg er

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