Sieg einer großen Liebe
frühmorgendlichen Ausflüge ziemlich häufig vorkamen, waren die Eltern bei Victorias Eintreten nicht weiter erstaunt. Sie sahen beide auf und wünschten einen guten Morgen. Victoria erwiderte den Gruß ihres Vaters und lächelte ihre jüngere Schwester Dorothy an, aber ihrer Mutter konnte sie kaum ins Gesicht sehen. Statt dessen ging sie zum Regal, nahm das Geschirr heraus und deckte den Tisch.
Sie fühlte sich elend, doch als sie sich auf ihren Platz am Tisch setzte, begann sich ihre Feindseligkeit der Mutter gegenüber etwas zu legen. Sie beobachtete wie Katherine Seaton liebevoll mit ihrem Mann plauderte, während sie ihm Kaffee einschenkte. Die Mutter reichte ihm den Sahnetopf und bot ihm selbstgebackene frische Brötchen an, bevor sie wieder zum Herd ging, wo sie sein Lieblingsfrühstüc...ie Waffel...ubereitete.
Beim Essen schwieg Victoria und überlegte, wie sie ihren Vater trösten könnte. Der erlösende Gedanke kam ihr, als er aufstand und sagte, er wolle zur Jackson Farm reiten, um nach dem gebrochenen Arm der kleinen Annie zu sehen. Victoria sprang spontan auf. „Ich komme mit, Papa. Ich wollte dich schon lange fragen, wie ich dir helfen kann ... bei deiner Arbeit, meine ich.“
Erstaunt sahen ihre Eltern sie an, weil Victoria bisher nicht das geringste Interesse für die Heilkunst gezeigt hatte.
Von dem Tag an waren Victoria und ihr Vater unzertrennlich. Sie begleitete ihn fast überallhin, und Dr. Seaton war froh um ihre Hilfe. Nur bei der Behandlung seiner männlichen Patienten verbot er ihr dabeizusein.
Keiner von beiden erwähnte jemals die Dinge, die sie an jenem Winterabend besprochen hatten. Statt dessen plauderten sie vertraulich und vergnüglich über dies und jenes, denn Patrick Seaton war trotz seines Kummers ein fröhlicher Mensch.
Victoria hatte die Schönheit ihrer Mutter und das humorvolle und mutige Wesen ihres Vaters geerbt. Nun lernte sie noch Mitleid und Idealismus von ihm. Als kleines Mädchen hatte sie die Herzen der Dorfbewohner mit ihrem unwiderstehlichen Lächeln gewonnen. Sie hatten sie als liebeswertes sorgloses Mädchen gemocht. Nun bewunderte man sie als eine temperamentvolle junge Frau, die Leiden lindern half und Sorgen mit Scherzen verscheuchte.
3. KAPITEL
Drei Jahre später Portage, New York.
„Victoria, bist du ganz sicher, daß deine Mutter weder den Herzog von Atherton noch die Herzogin von Claremont jemals erwähnt hat?“
Die Frage riss Victoria aus den schmerzvollen Erinnerungen an das Begräbnis ihrer Eltern. Sie sah den weißhaarigen Arzt an, der ihr gegenüber am Küchentisch saß. Als ältester Freund ihres Vaters hatte es Dr. Morrison übernommen, sich um die Unterbringung der Mädchen zu kümmern. Außerdem versorgte er Dr. Seatons Patienten, bis der neue Doktor ankam. „Dorothy und ich wussten nur, daß sich Mama ihrer Familie in England entfremdet hat. Sie sprach nie davon.“
„Ist es möglich, daß dein Vater Verwandte in Irland hatte?“
„Pap wuchs dort in einem Waisenhaus auf. Er hatte keine Familie.“ Unruhig stand sie auf. „Möchten Sie einen Kaffee, Dr. Morrison?“
„Hör auf, so viel Wesens um mich zu machen und setze dich zu Dorothy hinaus in die Sonne“, schimpfte er liebevoll. „Du bist blass wie ein Geist.“
„Brauchen Sie noch etwas, bevor ich gehe?“ beharrte Victoria.
„Ein paar Jahre weniger auf dem Buckel könnte ich brauchen“, erwiderte er grimmig, während er eine Feder anspitzte. „Ich bin zu alt, mich um die Patienten deines Vaters zu kümmern. Ich gehöre zurück nach Philadelphia mit einem heißen Ziegelstein unter den Füßen und einem guten Buch im Schoß. Wie ich hier vier Monate lang durchhalten soll, bis der neue Arzt eintrifft, ist mir schleierhaft.“
„Das tut mir leid“, sagte Victoria ernst. „Ich weiß, wie schrecklich das für Sie sein muss.“
„Für dich und Dorothy ist das alles noch viel schrecklicher“, bemerkte der alte Doktor. „Nun springe hinaus und genieße die Wintersonne. Es gibt selten einen so warmen Tag im Januar. Ich werde inzwischen die Briefe an deine Verwandten schreiben.“
Eine Woche war nun vergangen, seit Dr. Morrison zu Besuch zu den Seatons gekommen war, nur um an die Unfallstelle gerufen zu werden, an der die Kutsche mit Patrick Seaton und seiner Frau eine Uferböschung hinabgestürzt war. Patrick Seaton war sofort tot gewesen. Katherine hatte nur noch die Namen ihrer Angehörigen in England stammeln können. „....roßmutte... . Herzogin von
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