Sieh dich um: Thriller (German Edition)
ganz Besonderes miteinander haben können.«
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Am nächsten Morgen um sieben Uhr wurde Mario Garabaldi vom grellen Licht der frühen Morgensonne geweckt, die durch sein Schlafzimmerfenster auf sein unrasiertes Gesicht fiel. Er stieß ein lautes Gähnen aus und setzte sich in seinem breiten Bett mit der teuren Kaltschaummatratze auf. Garabaldi drehte sich einmal nach links, dann nach rechts und stöhnte wie eine rostige alte Maschine, als seine steifen Hüften protestierten. Das Geräusch knackender Bandscheiben drang an seine Ohren, und die Anspannung in den Muskeln ließ zusammen mit den Schmerzen nach.
Benommen und noch im bizarren Niemandsland des Halbschlafs, wo alles ein wenig surreal erschien, rieb sich Garabaldi die müden Augen, bevor er auf die leere Betthälfte neben sich blickte. Kein blutiger Pferdekopf, der ihm in der Nacht Gesellschaft geleistet hatte – ein gutes Zeichen. Wie es aussah, hatte die vorgetäuschte Exekution von Antonio Bellazo wunderbar funktioniert. Oder zumindest gut genug, um Joseph Tucci zu täuschen und Mario ein, zwei weitere Tage frische Luft atmen zu lassen.
Der Gangster grinste, mühte sich mit einem weiteren Stöhnen aus dem Bett und tappte ins Badezimmer. Eine halbe Stunde später stieg Dampf in dichten Wolken von seinen breiten Schultern auf, als er unter der Dusche hervorkam und seinen begehbaren Kleiderschrank betrat. Designeranzüge – alle von renommierten Marken – umgaben ihn auf drei Seiten. Ein Schuhregal mit vier Etagen enthielt mindestens drei Dutzend Halbschuhe aus dem feinsten italienischen Leder, das auf dem Markt erhältlich war. An einem elektrischen Karussell in der gegenüberliegenden Ecke hing eine beeindruckende Sammlung von Seidenkrawatten.
Beim Anblick seiner privaten Haute Couture atmete Garabaldi tief und zufrieden durch. Der Großteil seiner schicken Kleidung, die sich im Lauf der Jahre angesammelt hatte, stammte direkt von Lkw-Ladeflächen – der sogenannte Mafia-Rabatt , wie Insider es nannten. Leider standen die Chancen gar nicht gut, weiterhin preisgünstig im exklusiven Klub der Familie einzukaufen, sobald er ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wäre. Tatsächlich wäre das einzige Kleidungsstück, das er von der Cosa Nostra in nächster Zukunft bekommen würde, ein maßgefertigtes Paar schwerer Betonschuhe, bevor man seine Leiche in den braunen, wirbelnden Fluten des Hudson versenkte. Und weil dem so war, musste Mario eine alternative Einkommensquelle finden, wollte er seinen ausgeprägten Kleidungsfetisch weiter ausleben. Aber das stellte kein Problem dar – in einem Schuhkarton im Kriechraum des Kleiderschranks lag gut versteckt ein halbes Kilo verschnittenes Kokain, fertig abgepackt in winzigen Beutelchen – leicht verdientes Geld, wenn er das weiße Gold auf der Straße vertickte. Er musste sich nur Dana Whitestone und Jeremy Brown lang genug vom Leib halten, um das Zeug auch tatsächlich zu verkaufen.
Garabaldi nahm einen babyblauen Anzug von Roberto Cavalli vom Kleiderbügel und zog ihn an, bevor er die Füße in ein Paar Neunhundert-Dollar-Schuhe von Marco Pellini schob und sich eine mittelbreite rote Krawatte band. Der Erlös aus dem Verkauf des Kokains würde natürlich einen netten Geldregen darstellen, doch er wollte keinen regulären Job annehmen, wenn er erst auf Hawaii wäre, also brauchte er eine wahre Geldflut, bevor er in das Zeugenschutzprogramm eintrat. Zum Glück wusste er genau, wie sich das bewerkstelligen ließ.
Er ergriff sein Mobiltelefon vom Nachttisch und tippte eine Nummer ein. Nur ein letztes großes Ding – noch ein einziges –, und er würde für den Rest seines Lebens in schicken, maßgeschneiderten Anzügen herumlaufen.
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Der frühe Vogel fängt den Wurm – richtig?
Oder – in diesem Fall – den mörderischen Mafia-Gangster.
Nachdem Dana und Brown Mario Garabaldi in der vergangenen Nacht zu Vitos Bar in Little Italy gefolgt waren und sich davon überzeugt hatten, dass er in einem Stück wieder herausgekommen war, hatten sie die restliche Nacht sein Haus observiert, weil die durchaus reale Gefahr bestand, dass dennoch ein Anschlag auf den abtrünnigen Mafioso verübt werden könnte. Nun waren Dana und Brown vollkommen erschöpft, und nur noch Adrenalin hielt sie auf den Beinen – und ihre Entschlossenheit, die Sache durchzuziehen. Sich selbst reinzuwaschen .
Danas Mobiltelefon summte in ihrer Tasche, während Brown kurz nach acht Uhr morgens zum Fontainebleau Hotel
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