Sieh dich um: Thriller (German Edition)
gegen die Ohren. Einer Reihe von Schritten folgte das Scharren von Holz auf Fliesen, als Garabaldi einen Stuhl zurückzog und sich zu Tucci an den Tisch setzte.
»Und?«, wollte Tucci von ihm wissen. »Was ist so verdammt wichtig, dass du mich unbedingt sehen musstest, Mario?«
Dana atmete erleichtert auf, als sie Garabaldis gelassene, souveräne Antwort hörte. Getreu seinem Wort lieferte der Fußsoldat der New Yorker Mafia seine vorgegebenen Zeilen ohne das leiseste Zittern in der Stimme. Er mochte ein abscheulicher Mörder sein, aber der Erzlügner hatte im Konferenzraum des Fontainebleau Hotels tatsächlich die Wahrheit gesagt. Dana sah Brown an und zog beeindruckt die Augenbrauen hoch. Sosehr Garabaldi sie anwiderte, selbst sie musste einräumen, dass er wirklich ein verdammt guter Schauspieler war. »Das FBI hat mich kontaktiert, Boss, und will mich als Informanten«, berichtete Garabaldi und brachte es fertig, trotzdem unbekümmert zu wirken. »Aber ich bin kein verfluchter Spitzel. Ich hab ihnen gesagt, sie sollen sich zum Teufel scheren. Danach bin ich gleich zu dir gekommen. Du hast immer gesagt, genau das sollen wir in so einer Situation tun, richtig?«
»Bist du verdrahtet, Mario?«
»Scheiße, nein! Ich bin nicht verdrahtet.«
»Kooperierst du nicht mit den Bundesbullen?«
»Nein, bestimmt nicht!«
»Sicher?«
»Absolut.«
Tucci verstummte. Dana hörte ein Feuerzeug, bevor der Mafiaboss wieder das Wort ergriff. »Natürlich musst du mir das beweisen, Mario. Ist das in Ordnung für dich?«
Garabaldi grunzte. »Was immer du willst, Boss. Das weißt du doch. Sag mir, was ich tun soll, und ich mache es.«
Dana stellte sich vor, wie Tucci mit der manikürten Hand winkte, während er Garabaldi so beiläufig seine Anweisungen erteilte, als würde er ein Glas Wein bestellen. »Du musst jemanden für mich erledigen, Mario«, sagte er. »Wenn du mit den FBI-Schnüfflern zusammenarbeitest, dürfen sie nicht zulassen, dass du’s machst. So kann ich sicher sein, dass du mich nicht belügst. Das verstehst du doch sicher. Und Mario?«
»Ja, Boss?«
Tucci blies langsam die Luft aus. »Wenn du das nicht bis Punkt Mitternacht für mich erledigt hast – nicht eine Sekunde später, dann knöpfe ich mir deinen Rattenarsch höchstpersönlich vor.«
43
Sechs Stunden nach seinem entschieden angespannten Treffen mit Tucci stand Mario Garabaldi mitten in einem abgelegenen Feld zwanzig Autominuten außerhalb von Manhattan. Das Blut an der Machete in seiner rechten Hand lief über die rasiermesserscharfe Klinge und tropfte auf das Gesicht seines Gangsterrivalen Antonio Bellazo, eines Abräumers des Colombo-Syndikats und einer von dessen gefürchtetsten Soldaten. Zweifellos würde ein richtiger Bandenkrieg losbrechen, sobald den Colombos die Nachricht von seiner brutalen Hinrichtung zu Ohren käme.
Dann begannen beide Gangster zu lachen.
»Verdammt noch mal!«, rief Dana wütend. »Schnitt!«
Garabaldi und Bellazo grinsten Dana an, als sie die Stopp-Taste ihres Camcorders betätigte.
»Tut mir leid, Agent Whitestone«, sagte Garabaldi immer noch kichernd. »Es ist nur so irre lustig. Scheiße, das sieht so verdammt echt aus!«
Dana schüttelte verärgert den Kopf und unterdrückte den Drang, die beiden erneut anzubrüllen. Fünfzehn Meter zu ihrer Rechten saß Brown und unterhielt sich mit einem Stab von Experten für Spezialeffekte, die auf Kosten des FBI eigens aus Hollywood eingeflogen worden waren. »Aber genau darum geht’s doch, Garabaldi!«, presste Dana zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Wenn es nicht echt aussieht , dann wird es für Sie beide demnächst verdammt echt und blutig. Ist es das, was Sie wollen?«
Antonio Bellazo wischte sich mit dem Handrücken falsches Blut aus den Augen und schüttelte den Kopf. Dana und Brown hatten ihn erst wenige Stunden zuvor in Brooklyn aufgelesen und ihm die Rahmenbedingungen der Vereinbarung mitgeteilt, die ihm für den Rest seines Lebens Straffreiheit wegen vergangener Verbrechen zusicherte. Entweder spielte er bei seiner vorgetäuschten Exekution durch Garabaldi mit, oder er konnte sich auf einen hübschen langen Aufenthalt in einer Hochsicherheitszelle im Sing-Sing-Gefängnis in Ossining, New York gefasst machen. »Scheiße, nein!«, sagte der Abräumer der Colombo-Familie erschrocken. »Was sollen wir tun? Alles noch mal von vorn?«
Dana schloss die Augen. Sie verstand ehrlich nicht, wie professionelle Regisseure das aushielten. Andererseits
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