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Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Titel: Sieh mir beim Sterben zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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und schaute bis zur Hirnerweichung auch all die anderen Cop- und Gerichtsmedizinerserien auf den Kabelsendern. Er hätte locker eine Fernseh-Doktorarbeit darüber schreiben können, wie man Verbrechen begeht und die Cops wie die letzten Arschlöcher dastehen lässt. Außerdem hatte er immer eine Bong im Rucksack und kriegte anscheinend irgendwo massenhaft Gras umsonst, weil er immer ein Päckchen davon in seinen Boxershorts versteckt hatte.
    Jetzt hingen sie auf dem durchgesessenen Sofa im Keller rum, zogen sich Tortillachips und Schokolade rein und starrten auf den fetten Bildschirm, den Kyles Vater an die Wand gehängt hatte, damit sein kostbarer Sprössling auch was zu tun hatte, während er und Supermama mit dem beschäftigt waren, was sie da oben eben so trieben. Meistens schauten sie irgendwelche Reality-Shows, in denen ein Trupp Spinner versuchte, sich bei komischen Spielchen auf einer einsamen Insel gegenseitig auszuschalten. Und heute Abend klebten sie an der Berichterstattung über die Kartons, die die ganze Stadt auf den Kopf gestellt hatten.
    Habt ihr schon Hausaufgaben gemacht, Kyle?
    Machen wir gerade, Dad. Clark und ich schauen die PBS-Sondersendung über den Bürgerkrieg. Ist für Geschichte.
    Fein, mein Junge. Ich habe gehört, das soll eine sehr gute Sendung sein. Ihr schaut also keine Nachrichten?
    Nee. Da geht’s doch eh nur um diese Kartons, und irgendwie ist uns das zu gruselig.
    Ja, ein bisschen gruselig ist es schon. Deine Mutter und ich haben uns gedacht, wir könnten morgen zusammen nach Duluth fahren, um deine Großeltern zu besuchen.
    «Was für ’ne Scheißidee», brummte Clark, ganz leise, weil Kyles Vater ja noch oben an der Kellertreppe stand und sich überlegte, was er noch sagen konnte. Die meiste Zeit ackerte er grob geschätzt vierzig Stunden pro Tag, was ihn in Clarks Augen zum perfekten Vater machte, wenn man schon unbedingt einen haben musste. Aber manchmal, wenn er sich einen Tag frei nahm, weil beispielsweise der Weltuntergang bevorstand oder er einen bösen Kater hatte, versuchte er, irgendwelche Vater-Sohn-Beziehungen mit Kyle aufzubauen, und das waren immer ganz beschissene Tage. Dann kam er runter in den Keller, wollte wissen, wie es ihnen ging, und wenn sie sagten, es ginge ihnen bestens, sagte er: «Na super, echt!», als würde ihn solches Geschwalle direkt in die Kategorie Cooler Papa katapultieren.
    «Wollt ihr euch die Sendung mit uns ansehen, Dad?», rief Kyle nach oben. Kyle war voll begabt im Eltern-Abwimmeln. Er wusste verdammt gut, dass seine Eltern, wenn er sie in den Keller bat, denken würden, dass sie tatsächlich diese endsöde Bürgerkriegsdoku guckten und keine Aufsicht brauchten. Außerdem gab er ihnen damit Gelegenheit, sich selbst auf die Schulter zu klopfen, weil sie so gute Eltern waren und den Jungs vertrauten, während sie oben blieben, die Show um das große Karton-Geheimnis sahen und dazu in Ruhe ein paar Cocktails schlürften.
    Kyles Dad lehnte erwartungsgemäß dankend ab: Sie würden oben bleiben, weil sie die Jungs ja nicht bei ihren Schulaufgaben stören wollten. Clark und Kyle konnten sich also gefahrlos eine Tüte anstecken.
    Kyle warf die HEPA-Klimaanlage an, kippte das Fenster und zeigte auf den großen Fernsehbildschirm. «Hey, das ist doch voll Zucker. Schau dir die Verkehrsaufnahmen an.»
    Clark sah ein Weilchen hin und grinste über die endlosen Blechkarawanen, die sämtliche Schnellstraßen stadtauswärts verstopften. Es war nicht mehr ganz so wie am Nachmittag, als alle Wagen drängelten und sich gegenseitig überholten und einer sich auf der I-94 nach Wisconsin sogar ganz spektakulär überschlagen hatte, aber trotzdem spürte er noch, wie sein Bauch kribbelte und sich zusammenzog wie bei dem Schwachmaten, der im Fernsehen immer zu Hip-Hop-Musik für Bauchmuskeltraining warb. «Schon komisch, das anzuschauen, oder?»
    «Was meinst du mit komisch?»
    «Na ja, das sind doch Idioten. Arschgeigen. Flippen total aus wegen gar nichts. Ich mein, die haben doch schon längst ein paar Kartons gesprengt. Sie wissen, dass nichts weiter drin ist, und schau sie dir an, die Spinner, wie sie rennen.»
    «Sie wissen ja nicht, ob sie schon alle gefunden haben.»
    «Ich will irgendwem davon erzählen», sagte Clark.
    «Wem denn?»
    «Carrie Wynheimer zum Beispiel.»
    «Die ist doch lahm. Trägt ’nen Push-up-BH.»
    «Na und? Immerhin pusht der was.»
    Kyle nahm ihm den Joint ab, zog daran und dachte sich, dass es irgendwie doch ein Fehler

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