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Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Titel: Sieh mir beim Sterben zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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glauben, dass ihr etwas Schlimmes zustoßen könnte.

Kapitel 11
    Gino hatte die Lehne am Beifahrersitz des Cadillac ganz zurückgefahren, hielt aber beide Augen weit aufgerissen. Magozzi musste immer wieder zu ihm hinschauen, um sich zu vergewissern, dass er noch blinzelte.
    «Herrje, mach doch endlich die Augen zu. Das sieht ja aus, als wärst du tot.»
    «Ich bin ja auch tot, zumindest so gut wie. Und ich gehe ganz sicher nie mehr nach Einbruch der Dunkelheit mit dir aus. Erst schleppst du mich in einen Transen-Club, dann in die Wohnung von so einem armen toten Tropf, wo ich mir die traurigen Überreste seines traurigen Lebens ansehen darf, und dann auch noch ins Gefängnis. Mannmannmann! Da hab ich mich ja bei meiner Vasektomie noch besser amüsiert. Wann hast du mich noch gleich zu Hause abgesetzt?»
    «Um vier.»
    «Und wann hast du mich wieder abgeholt?»
    «Um halb acht, wie immer. Mein Gott, Gino, das waren drei Stunden Schlaf. Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst.»
    «Nein, das waren keineswegs drei Stunden Schlaf, weil nämlich um Viertel nach fünf der kleine Mann zu uns ins Schlafzimmer gekommen ist und mich vollgereihert hat. Wieso kriegen kleine Kinder eigentlich ständig Grippe? Es ist noch nicht mal Grippesaison. Das macht mich völlig fertig. Und wieso müssen wir morgens aufstehen und unsere reguläre Schicht schieben, wenn wir die ganze Nacht gearbeitet haben? Von Piloten verlangt man so was auch nicht. Nach so vielen Stunden in der Luft muss man ein paar Stunden Pause machen. Scheiße. Sogar Lastwagenfahrer haben solche Regeln. Aber Polizisten? Ach was. Keinen Schlaf gekriegt? Was soll’s? Waffe in die Hand und raus mit dir. Ich bin ein schwerbewaffneter Mann, dessen Hirn sich anfühlt wie Pudding. Das ist doch kompletter Blödsinn.»
    Magozzi gähnte. «Pass auf, ich hatte immerhin meine drei Stunden Schlaf. Frag mich also vorher, bevor du jemanden abknallst, ja?»
    «Okay.»
    Magozzi bog in die Summit Avenue ein und fuhr wenig später durch das weit geöffnete schmiedeeiserne Tor vor Harleys Anwesen. «Auf sie mit Gebrüll, Partner. Es wird Zeit für unser Spielstündchen mit dem FBI.»
    «Du wirst dem Typen aber jetzt nicht ins Gesicht springen und uns in den Knast bringen, oder?»
    «Wie, du willst, dass ich nett zu einem FBI-Agenten bin? Hat’s dir heute früh unter der Dusche den Verstand weggespült?»
    «Das ist doch nur ein Mini-Agent. Harmloses Fußvolk. Er hat nichts zu tun mit der Entscheidung, die Polizei nicht früher hinzuzuziehen. Außerdem bin ich viel zu schwach, um bei einem deiner Hahnenkämpfe den Schiedsrichter zu spielen.» Gino stieg aus, reckte sich und sah sich um. «Mensch, ich vergesse jedes Mal, Harley nach seinem Gärtner zu fragen. Schau dir nur diese Pfingstrosen an. Die brechen einem doch echt das Herz. Weißt du, woran ich immer denken muss, wenn ich Pfingstrosen sehe? An Cheerleader. Frag mich nicht, warum.»
    «Mach ich nicht, versprochen.»
    Gino wandte sich nach rechts vom Weg ab und steuerte über Harleys makellosen Rasen hinweg zielsicher auf den Teich mit den Koi-Karpfen zu, die ihm das Liebste am ganzen Haus waren. Er zog einen Beutel mit kleinen Marshmallows aus der Tasche, warf eine Handvoll davon ins Wasser und summte die Titelmelodie zu Der weiße Hai vor sich hin, während er auf den Beginn der Völlerei wartete. Nach kurzer Zeit rief er über die Schulter zurück: «He, Leo, die Jungs hier rühren sich heute gar nicht.»
    Seufzend trat Magozzi neben ihn an den Rand des Teichs. «Natürlich rühren die sich nicht. Sie sind tot. Deswegen liegen sie auch auf der Seite.»
    «Ach, so ein Mist, ich fand die großen Viecher immer toll. Was glaubst du, woran sind sie gestorben?»
    «Zu viele Marshmallows?»
    «Das ist jetzt aber wirklich gemein.»
    Für Gino war das Schönste an einem morgendlichen Besuch bei Harley, dass es dort immer genau so roch wie im Haus seiner Großmutter: nach tierischem Fett. In seinem ansonsten so geliebten Zuhause war diese Sorte Frühstück streng verboten, weil Angela unbedingt wollte, dass er ewig lebte, anstatt ihn jung, fett und glücklich sterben zu lassen. Frühstücksspeck, Würstchen, hin und wieder auch mal ein Lendensteak oder ein Stück Schwein – diese Düfte erfüllten immer noch seine Erinnerung und riefen ihm jedes Mal Omas Eichentisch und das Spülbecken aus Zinn vor Augen und die gusseiserne, fettspuckende Pfanne auf dem alten Holzherd. Immer, wenn er frühmorgens Harleys Haus betrat, rechnete er

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