Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Titel: Sieh mir beim Sterben zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
Vom Netzwerk:
damit ich aufwache. Dazwischen ist nichts.»
    Magozzi seufzte hörbar auf.
    «Nun schauen Sie mal nicht so bedröppelt, mein Freund. Ich bin zwar ein liederlicher Säufer, aber nur weil ich mich gerade nicht recht an letzte Nacht erinnern kann, heißt das nicht, dass mir nicht vielleicht später noch etwas einfällt. Gab es denn im Zusammenhang mit diesem Unfall verdächtige Umstände?»
    Magozzi und Gino zuckten synchron die Achseln.
    «Gute Antwort. Also, dann sage ich Ihnen jetzt mal was. Ich bin sowieso jede Nacht da unten, da werde ich Augen und Ohren für Sie offenhalten. Ich weiß ja, wo ich Sie finden kann.»
    «Vielleicht sollten Sie Ihre Nachtwanderungen am Fluss eine Zeit lang einstellen.»
    Der Richter lächelte. «An Gesellschaft wird’s mir schon nicht mangeln. Nach einem solchen Unfall, der womöglich ein Mord war, riegeln Ihre Jungs doch mindestens ein, zwei Wochen lang die ganze Gegend ab. Übrigens, gelte ich eigentlich als verdächtig?»
    «Sollten Sie?»
    «Unbedingt. Jeder, der letzte Nacht unten am Fluss war, sollte als verdächtig gelten, aber das muss ich Ihnen ja wohl kaum sagen. Wollen Sie sonst noch etwas wissen?»
    Magozzi sah ihm direkt in die Augen. «Ja. Was ist aus dem allseits respektierten Richter geworden, der zwanzig Jahre lang Recht gesprochen hat?»
    Der Richter musterte ihn überrascht. «Gar nichts ist aus dem geworden. Er sitzt Ihnen gerade gegenüber. Ich habe zwanzig Jahre lang Recht gesprochen und war jedes einzelne Jahr davon sturzbesoffen. Da kriegt der Talar wohl ein paar Knitter, was?»

Kapitel 10
    Clint ging die Liste neben seinem Computer mit dem Rotstift durch und strich die Punkte aus, die er bereits erledigt hatte. Ruffian füttern. Abendessen. Geschirr spülen. Posting fürs Internet verschlüsseln.
    Wenn du zu blöd bist, dir die Sachen zu merken, Clinton, dann schreib sie dir halt auf.
    Der einzig brauchbare Rat, den sie ihm je gegeben hatte, die tote Schlampe, die behauptete, ihn zur Welt gebracht zu haben. Ihm wurde heute noch kotzübel, wenn er darüber nachdachte. In der wabbelnden, fetten Wampe dieser Kreatur gelebt zu haben, das überstieg seine Vorstellungskraft.
    Er klebte einen goldenen Stern auf den letzten der einseitigen Aufsätze, die die lieben Kinder heute im Unterricht verfasst hatten, und strich den Punkt «Aufsätze korrigieren» von der Liste. Wahrscheinlich war der goldene Stern in diesem speziellen Fall nicht ganz gerechtfertigt, vor allem nicht aus grammatikalischer Sicht, aber der Junge gab sich immer so viel Mühe und brauchte hin und wieder ein paar Streicheleinheiten.
    Clint legte den Stift beiseite, lehnte sich zurück, rieb kurz die Hände aneinander und tippte dann die Zaubersprüche ein, die das bereits verschlüsselte Post auf den Weg bringen würden. Die Vorfreude setzte in dem Moment ein, als er die letzte Taste drückte. Sie gab ihm so viel Energie, dass er sofort vom Stuhl aufsprang. Zwei Punkte auf der Liste waren noch zu erledigen: «Mit Ruffian Gassi gehen». Und «Chesterfield’s». Er konnte es kaum erwarten, diesen letzten Punkt auch noch durchzustreichen.
    «Fertig zum Spaziergang, alter Junge?»
    Der Golden Retriever erhob sich schwerfällig von seinem Lager neben dem Schreibtisch, wedelte aber mit dem Schwanz und tapste dorthin, wo seine Leine neben der Tür am Haken hing. Er war für diese Rasse schon recht alt, und je schlimmer die Arthritis wurde, desto länger dauerten seine heißgeliebten Abendspaziergänge. Clint machte das nichts aus. Es war ja viel zu früh, er hatte noch ein paar Stunden totzuschlagen.
     
    Marian räumte Wischmopp und Eimer weg, rieb ein letztes Mal mit dem Lappen über den Tresen, sah noch einmal kurz die Gläser durch und fing dann an, überall die Lichter auszuschalten. An Abenden wie heute, wenn sie es besonders eilig hatte, nach Hause zu kommen, kam es ihr immer vor, als gäbe es eine Million Schalter: einen für die Lichter am Spiegel, die sich in den frischpolierten Flaschen spiegelten, einen weiteren für die am Fenster und dann noch für jedes Neon-Leuchtelement einzeln. «Das ist doch absurd, Bert. Lass endlich einen Elektriker kommen, der dir das an einen Schaltkreis hängt. Ich brauche jeden Abend zehn Minuten, um alles auszumachen.»
    «Geht nicht.» Bert war bereits an der Tür, die Brieftasche mit den Einnahmen unter dem Arm, die Hand am Türknauf. «Wenn wir alle Lampen an einen Schaltkreis hängen, fliegt uns die Bude um die Ohren. Die Elektrik hier ist nicht ganz auf der

Weitere Kostenlose Bücher