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Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Sieh mir beim Sterben zu (German Edition)

Titel: Sieh mir beim Sterben zu (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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kein Kuli – beiseite und sah zu ihm auf. «Ich habe unserer Unterredung nur die Bemerkung vorangestellt, dass Sie dem FBI insgesamt und meinem Spezialgebiet als Profilerin insbesondere misstrauen. Stimmt das etwa nicht?»
    Magozzi atmete hörbar aus und kämpfte den angeborenen Drang der Einwohner Minnesotas nieder, um jeden Preis höflich zu bleiben. «Profiling steht für mich etwa auf derselben Stufe wie die Konsultation von Hellsehern.»
    «Ein wenig wissenschaftlich fundierter ist es schon.»
    «Ach ja? So wie ich das sehe, gehen Leute wie Sie die Berichte der Polizisten durch, stellen fest, dass ein ziemlich hoher Prozentsatz von Serienmördern männlich, weiß und zwischen fünfundzwanzig und siebenunddreißig ist, das übliche Blabla eben, und leiten daraus die Prognose ab, dass alle Serienmörder männlich, weiß und zwischen fünfundzwanzig und siebenunddreißig sein müssen, und wenn die Polizisten, von denen die Berichte stammen, so einen Typen geschnappt haben, dann sagen Sie: ‹Seht ihr, ich hab’s doch gleich gesagt.› Das konnte ja die Zigeunerin beim letzten Highschool-Fest besser, und die war noch nicht mal echt!»
    Doktor Chelsea Thomas stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und das Kinn in die Hände, und Magozzi versuchte, ihre Körpersprache zu analysieren. Sie analysierte ihn schließlich auch, da konnte er sich wenigstens revanchieren. Er konnte Therapeuten einfach nicht ausstehen. Er verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf ein wenig zurück und musterte sie von oben herab. Na, merken Sie was? Abwehrende Armhaltung, abfällige Kopfstellung. In Deckung!
    Anscheinend war er mit seiner Einschüchterungsstrategie aber nicht sehr erfolgreich, denn plötzlich lächelte sie ihn an. Ein breites, tolles Lächeln. «Es ist tatsächlich schon fünf. Nach fünf, um genau zu sein. Ein paar Straßen weiter gibt es eine richtig gute irische Kneipe mit erstklassigem Bier vom Fass. Wenn Sie also Lust hätten, wäre eine solche Umgebung vielleicht etwas besser geeignet, um eine produktive Arbeitsbeziehung zu etablieren. Was meinen Sie?»
    Magozzi musterte sie stirnrunzelnd. Er witterte eine Falle. «Soll das vielleicht ein Date werden?»
    Sie lachte leise. Es war ein nettes Lachen, was es aber nicht weniger demütigend machte. «Keineswegs. Aber wir sind hier auch nicht bei der Psychoanalyse, Detective, und es ist keine Pflichtveranstaltung. Ich hatte gehofft, dass wir uns gegenseitig bei diesem Fall unterstützen können, aber Sie fühlen sich hier offensichtlich unwohl.» Sie zögerte einen Moment. «Und offensichtlich hatten Sie auch einen richtig schlechten Tag.»
    Das war nun wirklich der beliebteste Anmachspruch der ganzen Psycho-Clique. Egal, ob Priester oder Psychiater, alle eröffneten sie ihre Gespräche mit irgendeiner Bemerkung, die verständnisvoll klang, aber eigentlich ein Trick war, damit man ihnen sein Herz ausschüttete. Magozzi kannte diese Taktik. Er hatte sie bei Verhören selbst oft genug angewendet. «Da draußen sind Killer unterwegs, die sich daran aufgeilen, Filme von echten Morden ins Internet zu stellen, und mindestens einer davon hat seine Tat im Voraus angekündigt. Wenn Sie auch nur zu irgendeiner menschlichen Regung fähig sind und den Bericht da sorgfältig gelesen haben, müssten Sie eigentlich auch einen ziemlich beschissenen Tag gehabt haben.»
    Sie musterte den Ordner auf ihrem penibel aufgeräumten Schreibtisch und fuhr sich dann mit beiden Händen durchs Haar, sodass es nach allen Seiten abstand. An dieser Art Körpersprache brauchte Magozzi nicht lange herumzurätseln: Sie war geradezu brutal ehrlich. Keine Frau zerstörte vorsätzlich ihre Frisur oder verrieb sich die Wimperntusche. So etwas war impulsiv, unüberlegt und echt. «Ich habe den Bericht gelesen. Und ja, ich hatte einen ziemlich beschissenen Tag. Ich könnte auch ein Bier brauchen. Vielleicht sogar zwei, nachdem wir uns anscheinend mit sämtlichen Monstern dieser Welt herumschlagen müssen.»
    Es war tatsächlich eine richtig gute Kneipe, mit wildgewordenen irischen Musikern, einem durchdringenden Geruch nach Hopfen und Schweiß und ungefähr zwanzig Schwerverbrechern, die alle große Ähnlichkeit mit Harley Davidson hatten und in ihren Biker-Stiefeln den Jig tanzten. Was immer sie hier vom Fass zapften, es legte sich um Magozzi wie die Steppdecke seiner Urgroßmutter, umhüllte Kopf und Körper, schützte vor grellem Licht und war das perfekte Versteck.
    «So was hab ich wirklich noch

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