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Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel

Titel: Siggi Baumeister 19 - Mond über der Eifel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Mischwald bewachsenen, langen Hangs und erreichte ein schmales Wiesental, fächerte sich dann auf in zwei Bäche, die links und rechts an den Waldrändern entlang verliefen. Der Hof selbst wirkte klein und geduckt, hatte ein Wohnhaus und zwei Scheunen, die jeweils im rechten Winkel zum Wohnhaus standen, das Wohnhaus war der senkrechte Balken eines T. Leicht seitlich versetzt lag ein kleiner Garten, vielleicht dreißig Meter lang und zwanzig breit, umgeben vom einzigen Zaun, der zu sehen war. Der Garten war voll in Funktion, wir konnten Beete sehen und Blumenrabatte. Alle Wiesenflächen des Tals waren ohne Zäune, das alles wirkte paradiesisch, beinahe unglaubwürdig idyllisch.
    »Sieh mal, die heiligen Eichen«, sagte Emma entzückt.
    Wir standen etwa einhundert Meter über dem Wiesengrund an einer schmalen Zufahrtsstraße und konnten durch eine Schneise alles überblicken. Die heiligen Eichen standen in etwa zweihundert Metern Entfernung vom Hof. Es waren fünf, soweit wir das von oben ausmachen konnten. Dann gab es ein kleines Fachwerkhaus ungefähr vierhundert Meter vom Haupthaus entfernt im Schatten des jenseitigen Waldes Richtung Einruhr. Die Fächer leuchteten hell, waren offensichtlich frisch gestrichen, die Balken waren, in starkem Kontrast, tiefschwarz.
    »Ich nehme an, das ist ein magischer Ort«, murmelte Emma beeindruckt.
    »Was macht ihn denn magisch?«, fragte der misstrauische Rodenstock.
    »Die Ausstrahlung«, erwiderte sie einfach. »Da ist irgendetwas.«
    »Baumeister, gilt das auch für dich?«
    »Selbst auf die Gefahr hin, deine Zuneigung zu verlieren: Ja, da ist etwas.«
    »Habe ich so etwas schon einmal erlebt?«, fragte er zurück.
    »Ja, beim Kloster Maria Laach«, murmelte Emma. »Da hast du gesagt, die Basilika wächst aus der Erde.«
    »Ach, tatsächlich?« Er war leicht verwirrt.
    »Schalte einfach dein Hirn ab«, riet ich. »Fahren wir da hinunter?«
    »Nein«, entschied Rodenstock. »Wenn die Geschichte eine Geschichte wird, müssen wir das Tal noch oft anfahren. Ich möchte eigentlich ein paar Worte mit Kischkewitz sprechen. Ich vermute mal, es hat einen Riesenstunk gegeben.«
    »Werden sie diesen Leiter ablösen?«, fragte ich.
    »Ich vermute, sie geben ihm Gelegenheit, plötzlich krank zu werden.« Emma lächelte. »So etwas hat es in Holland auch schon gegeben.«
    »Du bist immer noch eine holländische Beamtin«, grinste ihr Ehemann. »Also gut, ich telefoniere mal, während ihr weiter in dem magischen Ort versinkt.«
    »Du bist ein mieser Rationalist«, bemerkte seine Frau. Aber sie lächelte.
    Rodenstock ging also abseits, um mit Kischkewitz zu sprechen, und ich blieb mit Emma an der Schneise stehen, um weiter in das Tal zu schauen.
    »Jennifer kommt«, teilte sie plötzlich mit, als sei es ihr gerade eingefallen.
    »Wer, bitte, ist Jennifer?«
    »Jennifer ist die Tochter eines Cousins. Ich habe sie noch nie im Leben gesehen, aber sie will mich partout besuchen. Ich habe einen guten Ruf in meiner Mischpoke, musst du wissen. Jeder will mich mindestens einmal im Leben kennenlernen.«
    »Aha. Und Jennifer ist fünfzig, hinkt leicht und hatte ein schweres Schicksal.«
    Sie sah mich an und musste lachen. »Jennifer kommt aus Sao Paulo, ist leicht über dreißig. Wie viel über dreißig, weiß ich nicht. Sie grast die gesamte Verwandtschaft in Europa ab und ist schon drei Monate unterwegs.«
    »Wie viele Verwandte hast du eigentlich?«
    »Siebenhundertzweiundfünfzig«, erwiderte sie schnell. »Nein, im Ernst, ziemlich viele, sehr viele. Jahwe hat uns über den ganzen Erdball verstreut, denn das war die einzige Möglichkeit zu überleben. Nur die deutsche Sippe hat nicht überlebt. Nein, Stopp, die Ungarn auch nicht, und die in Litauen auch nicht. Jedenfalls kommt diese Jennifer, und Rodenstock hat eine Heidenangst, dass sie länger bleibt als zwei, drei Tage, und dass sie eine Nervensäge ist. Aber Familie ist bei uns Pflicht, weißt du, Familie ist heilig. Das mag ich auch so an den Eifelern.«
    »Ich erinnere mich an den letzten Besuch einer Verwandten. Das war diese leicht irre wirkende, junge Dame, die mit ihren High Heels meinen Rasen perforierte und immer hektisch schwatzte, als könne sie nicht anders.«
    »Die, die jetzt kommt, macht einen ruhigen Eindruck. Und sie wird deinen Rasen hoffentlich nicht zerstören. Wann kommt denn deine Maria wieder mal?«
    »Sie hat angefragt, heute. Ich rufe sie an.«
    »Woher kommt eigentlich deine Scheu vor Familie?«
    »Habe ich die?

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