Sigi Wulle 3 - Sigi Wulle und der Einbrecher
ausgerissen?“ fragte ich.
„Das geht einen Lümmel wie dich nichts an!“
„Und was steckt in Ihrem Sack?“
Da sagte er ein unanständiges Wort, das ich nicht aufschreiben will, weil es doch gestrichen würde.
„Zeigen Sie mal!“
Da wurde er noch lauter und frecher, aber es half ihm nichts. Man hatte schon den Polizisten herbeigerufen, der ihn mit auf die Wache nahm, wo ihm nichts übrigblieb, als alles zuzugeben. Leider war er jedoch nicht mein Ganove, denn sein Kopf war dicker und seine Nase knollig, und er lispelte nicht, sondern brüllte wie ein Ochse. Außerdem war er kleiner, und seine Körpergröße kann man nun mal nicht verändern.
In Bledesbach haben wir dann einen älteren Kerl ausgemacht, der graues Haar und einen grauen Bart besaß und beim Laufen die Fußspitzen nach außen drehte. Er ging von Haus zu Haus, und wenn er herauskam, zählte er das Geld oder steckte er einen Gegenstand in seine Ledertasche. Dabei grinste er so seltsam, daß wir gleich den Verdacht hatten, er täte es aus Schadenfreude, weil er die Leute betrogen oder ihnen etwas geklaut hatte.
Der Maxi meinte, wir sollten ihn gleich schnappen, den schwarzen Halunken. Ich wollte lieber noch ein bißchen Zusehen, um ganz sicher zu sein. Aber er lachte immer mehr, wenn er die Piepen zählte, und als er mal eine ganze Plastiktüte mit Würsten in seine Tasche steckte und dabei prüfend um sich herumguckte, ob ihn auch keiner beobachtete, war ich davon überzeugt, daß unser Verdacht stimmte. Ich schickte den Fred zum Ortspolizisten, der gleich mit einer Pistole in der Hand herbeirannte. Ich schlug ihm vor, daß wir uns hinter eine Mauer hocken und den Verbrecher anspringen, wenn er das Haus verläßt. Das haben wir auch getan, und der Kerl fiel vor Schreck auf den Boden, wo eine Menge Hühnermist herumlag, mit dem er sich die Hose bekleckerte.
„Hände hoch!“ schrie der Polizist.
„Aber dalli!“ brüllte Fred.
„Um Gottes willen!“ stotterte der Mann und erhob sich mit schlotternden Gliedern.
„Heiliger Herr Jesus!“ stotterte da auch der Polizist und wurde ganz blaß im Gesicht. „Verzeihung, Hochwürden!“
Da wußte ich, daß etwas danebengegangen war. Der Kopf wurde mir heiß, denn es handelte sich nicht um einen Hausierer, sondern um einen Pater, der in Bledesbach eine Mission abhielt und die Leute besuchte, um sie von ihrer Schlechtigkeit zu bekehren. Er sammelte für einen guten Zweck, und wenn er gelacht hatte, so war das aus Freude, weil ihm die Leute Besserung versprochen hatten, sagte er.
Er war sehr böse, vor allem wegen des Hühnermists, und der Polizist war noch böser, weil er meinte, wir hätten ihn hereingelegt. Ich versuchte ihm alles zu erklären; aber er schrie so gellend, daß er nichts davon verstand, und drohte, daß es noch ein Nachspiel geben werde. Es sei schade, daß man einen Jungen nicht mehr hauen dürfe nach den neuen Gesetzen, deshalb verkomme die heutige Jugend auch immer mehr.
Es gab auch ein Nachspiel, denn mein Vater wurde auf unsere Polizeistation gerufen. Dort schimpfte unser eigener Polizist mit ihm, weil er seine Aufsichtspflicht verletze und auf seinen Sohn nicht aufpasse. Außerdem sei es die Aufgabe der Behörde, einen Verbrecher zu fangen. Wo käme man hin, wenn jeder Lausejunge Detektiv spielen wolle!
Mein Vater sagte, daß es doch nichts schade, wenn junge Bürger ein bißchen mithelfen, das Böse in der Welt zu bekämpfen. Die Behörde könne es ohne die Unterstützung der Bevölkerung nie schaffen, dessen Herr zu werden.
Darin sah der Gendarm eine Beleidigung der Beamten. Und weil ein lauter Streit zwischen den beiden entstand, war mein Vater sauer, als er nach Hause kam, und verpaßte mir wieder eine Woche Stubenarrest.
Kapitel 5
I ch hatte mich schrecklich blamiert! Am liebsten wäre ich in ein Loch gekrochen und so rasch nicht mehr herausgekommen. Aber ich bin keine Maus, sondern der Sigi Wulle, und ich mußte einkaufen gehen, wenn meine Mutter mich schickte, und die Schule besuchen, weil das Gesetz ist. Niemand erinnerte sich mehr daran, daß ich früher drei Bankräuber gefangen und einen verrückten Wildwestbanditen überlistet hatte, was in meinen anderen Büchern steht, sondern alle lachten mich aus.
Aber so war es schon mit dem Napoleon ge wesen: Erst haben ihm die Leute wegen seiner großen Taten zugejubelt, und als er den kleinsten Fehler gemacht hatte, waren sie gleich sauer auf ihn und verbannten ihn auf eine Insel. Mit anderen, wie zum Beispiel
Weitere Kostenlose Bücher