Sigma Force 01 - Sandsturm
es ist mein Vater.«
»Ach, Kara.« Tränen stiegen in Safia hoch. Sie kniete sich neben Kara. Auch für sie war Reginald Kensington wie ein Vater gewesen. Sie verstand den Kummer ihrer Freundin, aber es meldete sich auch Verwirrung. »Wie? Warum …?«
Kara schaute nur die alte Frau an, sie war zu überwältigt, um zu sprechen.
Die hodja tätschelte Karas Hand. »Wie ich deiner Freundin bereits erzählt habe, ist Lord Kensington für unseren Stamm kein Unbekannter. Seine Geschichte führt ebenso hierher wie euer beider Geschichte. Er hatte an dem Tag, als er starb, verbotenen Sand betreten. Man hatte ihn gewarnt, aber er hatte diese Warnung in den Wind geschlagen. Und es war nicht der Zufall, der ihn zu diesem Sand geführt hatte. Er suchte Ubar, wie seine Tochter. Er wusste, dass er auf diesem Sand dem Herzen dieser Stadt nahe war, und er konnte sich nicht fern halten.«
»Was ist mit ihm passiert?«
»Den Fuß auf den Sand in der Umgebung von Ubar zu setzen heißt, den Zorn einer Macht herauszufordern, die dort seit Jahrtausenden begraben liegt. Eine Macht und einen Ort, die wir Frauen bewachen. Er hörte von diesem Ort, fühlte sich von ihm angezogen. Es war sein Untergang.«
Kara setzte sich auf, ganz offensichtlich hatte sie das alles schon gehört. »Was ist das für eine Macht?«
Die hodja schüttelte den Kopf. »Das wissen wir nicht. Die Tore von Ubar sind uns seit zwei Jahrtausenden verschlossen. Was hinter diesen Toren liegt, bleibt in der Vergangenheit verborgen. Wir sind die Rahim, die letzten Wächterinnen der Stadt. Das Wissen wurde immer von Mund zu Ohr weitergegeben, von einer Generation zur anderen, aber über zwei Geheimnisse wurde nach der Zerstörung Ubars nie gesprochen, sie wurden von der überlebenden Königin von Ubar nicht an uns weitergegeben. So groß war diese Tragödie, dass sie die Stadt versiegelte, und bei ihrem Tod nahm sie diese Geheimnisse mit ins Grab: wo die Schlüssel zu den Toren versteckt sind und welche Macht unter dem Sand liegt, im Herzen von Ubar.«
Jedes Wort, das die alte Frau sagte, warf in Safias Kopf tausend Fragen auf. Die Tore von Ubar. Die letzten seiner Wächterinnen. Das Herz der versunkenen Stadt. Versteckte Schlüssel. Doch dann kam ihr ein Gedanke.
»Die Schlüssel …«, murmelte sie. »Das eiserne Herz.«
Die hodja nickte. »Es führt zum Herzen Ubars.«
»Und der Speer mit der Büste von Biliqis, der Königin von Saba.«
Die alte Frau senkte den Kopf. »Sie, die unser aller Mutter war. Die Erste des königlichen Hauses von Ubar. Es ist nur angemessen, dass sie den zweiten Schlüssel ziert.«
Safia rief sich die bekannte Geschichte Ubars in Erinnerung. Die Stadt war um 900 vor Christus gegründet worden, in der Zeit also, in der die historische Königin von Saba lebte. Ubar wuchs und gedieh, bis der Einsturz eines Schlundlochs um 300 nach Christus die Stadt zerstörte. Es war eine lange Herrschaft. Aber die Existenz dieses Herrscherhauses war gut dokumentiert.
Safia stellte nun die Behauptung der alten Frau infrage. »Ich dachte, König Shaddad, der Urenkel Noahs, war der erste Herrscher von Ubar.« Es gab sogar einen zurückgezogen lebenden Beduinenstamm, die Shahra, die behaupteten, Nachfahren dieses Königs zu sein.
Die alte Frau schüttelte den Kopf. »Die Linie der Shaddad waren nur Verwalter. Die Linie der Biliqis waren die wahren Herrscher, ein Geheimnis, das nur die Eingeweihtesten kennen. Ubar schenkte seine Macht der Königin, gestattete ihr, eine starke und sichere Abstammungslinie zu gründen. Eine Linie, die bis in die heutige Zeit fortbesteht.«
Safia dachte an die Gesichtszüge der Büste. Die jungen Frauen hier zeigten alle eine erstaunliche Ähnlichkeit mit diesem Gesicht. Konnte eine solche Abstammungslinie über zwei Jahrtausende hinweg unverfälscht bleiben?
Safia schüttelte ungläubig den Kopf. »Willst du damit sagen, dass dein Stamm seine Abstammung bis zur Königin von Saba zurückverfolgen kann?«
Die hodja senkte den Kopf. »Es ist mehr als das … sehr viel mehr.« Sie hob den Blick. »Wir sind die Königin von Saba.«
03:28
Kara fühlte sich elend, ihr war schlecht – aber nicht wegen des Entzugs. Im Grunde genommen war die Gier seit ihrer Ankunft in diesen Höhlen deutlich zurückgegangen, sie zitterte weniger, als wäre in ihrem Kopf etwas passiert. Doch was sie jetzt durchlitt, war viel schlimmer als der Mangel an Amphetaminen. Sie war am Boden zerstört, im Herzen getroffen, vernichtet. All das Gerede
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