Sigma Force 03 - Der Genisis Plan
Überprüfung standhalten, und die Ergebnisse radiometrischer Gesteinsuntersuchungen werden fehlinterpretiert. Diese Aufzählungen könnte man beliebig fortsetzen. Das ist alles Unfug, der eine unvoreingenommene Sicht erschwert.
Lisa nickte. Das war der einer der Hauptgründe, weshalb sie sich Sorgen machte über aktuelle Bestrebungen, im Biologieunterricht neben der Evolutionstheorie auch Pseudowissenschaft zu unterrichten. Intelligent Design war ein multidisziplinärer Sumpf, in dem selbst der durchschnittliche Wissenschaftler den Überblick verlieren musste, vom Hochschülern ganz zu schweigen. Anna aber war mit ihren Argumenten noch nicht am Ende. Das alles mal außer Acht gelassen, gibt es doch ein Argument der Befürworter des Intelligent Design, das Beachtung verdient. Und das wäre?
Das Problem der Zufallsmutationen. Bloßer Zufall reicht nicht aus, um die Vielzahl der positiven Mutationen zu erklären, die im Laufe der Zeit aufgetreten sind. Wie viele Gendefekte kennen Sie, die mit positiven Veränderungen einhergehen? Dieses Argument war Lisa nicht neu. Das Leben hat sich zu schnell entwickelt, als dass es sich um puren Zufall handeln könnte. Darauf fiel sie nicht herein.
Die Evolution ist kein purer Zufall, erwiderte sie. Natürliche Auslese beziehungsweise der Anpassungsdruck der Umwelt sortieren Gendefekte aus und bewirken, dass lediglich die am besten angepassten Organismen ihre Organismen ihre Gene weitergeben. Die Stärksten überleben also?
Diejenigen, die ausreichend angepasst sind. Die Veränderungen brauchen nicht vollkommen zu sein, sie müssen lediglich einen Überlebensvorteil mit sich bringen. Im Laufe von Hunderten von Millionen Jahren haben diese kleinen Vorteile die heutige Artenvielfalt hervorgebracht.
Im Laufe von Hunderten von Millionen Jahren? Zugegeben, das ist eine lange Zeitspanne, aber reicht sie wirklich aus für die Bandbreite evolutionären Wandels? Und was ist mit dem Evolutionsschüben, die in verhältnismäßig kurzer Zeit zahlreiche neue Arten hervorgebracht haben?
Ich nehme an, Sie beziehen sich auf die so genannte kambrische Explosion, sagte Lisa. Das war eines der Hauptargumente der Befürworter des Intelligent Design. Das Kambrium umfasste eine relativ kurze Zeitspanne, ganze fünfzehn Millionen Jahre. Dennoch tauchte gerade in dieser Periode wie aus dem Nichts eine Vielzahl neuer Arten auf: Schwämme, Schnecken, Quallen und Trilobiten. Dieses Tempo konnten die Gegner der Evolutionstheorie nicht nachvollziehen.
Nein. Es gibt zahlreiche Fossilienfunde, die belegen, dass die Wirbellosen gar nicht so plötzlich entstanden sind. Schon in präkambrischer Zeit gab es zahlreiche Schwämme und wurmartige Vielzeller. Die Vielfalt der in dieser Zeit entstandenen Art lässt sich mit dem Auftreten der Hoxgene im genetischen Code erklären. Hoxgene? Das sind vier bis sechs Gene, die kurz vor Beginn des Kambriums im genetischen Code aufgetaucht sind. Es hat sich gezeigt, dass sie für die Entwicklung des Embryos zuständige Schalter steuern. Sie definieren oben und unten, rechts und links,, die elementare Körperform. Fruchtfliegen, Frösche, und Menschen besitzen alle die gleichen Hoxene. Schneidet man ein Hoxgen aus dem Genom einer Fliege aus und setzt es in die DANN eines Frosches ein, erfüllt es seine Aufgabe wie zuvor.
Diese Gene sind die fundamentalen Regelschalter bei der Entwicklung des Embryos, und schon kleinste Veränderungen um Gen haben große Auswirkungen auf die Körperform.
Lisa hatte zwar keine Ahnung, worauf Anna hinauswollte, doch ihr Fachwissen überraschte sie. Die Deutsche war nicht weniger beschlagen als sie selbst. Wären sie sich bei einer wissenschaftlichen Konferenz begegnet, hätte Lisa Spaß an der Debatte gehabt. Tatsächlich musste sie sich gewaltsam in Erinnerung rufen, wen sie da vor sich hatte.
Dann könnte das Auftauchen der Hocgene zu Beginn des Kambriums also die dramatisch zunehmende Formenvielfalt erklären, erwiderte Anna. Aber die Hoxgene sind keine Erklärung für andere Phasen schneller – und nahezu zielgerichteter – Evolution. Zum Beispiel? Die Unterhaltung wurde immer interessanter. Zum Beispiel der Birkenspanner. Kennen Sie die Geschichte?
Lisa nickte. Eines der Hauptargumente des gegnerischen Lagers. Birkenspanner waren weiß gesprenkelt, um auf sich auf der Birkenrinde zu tarnen. Als jedoch während der Industrialisierung in Manscherster die Bäume verrußten, waren die weißen
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