Sigma Force 03 - Der Genisis Plan
treten. Er wandte sich Gunther zu. Wie fühlt man sich denn so als Supermann, fragte er. Als Ritter der Schwarzen Sonne? Gunther zuckte die Schulter. Seine Beiträge zur Unterhaltung beschränkten sich offenbar auf Grunz laute, Stirnrunzeln und einsilbige Antworten. Ich meine, fühlen Sie sich anderen Überlegen? Sind Sie stärker, schneller? Können Sie mit einem Satz auf Hausdächern springen? Gunther glotzte ihn verständnislos an.
Painter seufzte und wechselte das Thema, um den Hünen vielleicht doch noch zum Reden zu bringen. Was bedeutet der Ausdruck Leprakönig? Den hab ich irgendwo aufgeschnappt. Painter wusste verdammt gut, war er bedeutete, doch damit erzielte er endlich eine Reaktion. Als Gunther wegsah, bemerkte Painter das funkeln in seinen Augen. Das Schweigen dehnte sich. Er war nicht sicher, ob der Deutsche jetzt reden würde. Painter ließ das Wort im Raum hängen. Schließlich gab Gunther nach.
Wer Vollkommenheit anstrebt, erträgt den Misserfolg nicht. Wenn wir vom Wahnsinn verschont werden, nimmt die Krankheit einen grauenhaften Verlauf. Da sperrt man die Betroffenen besser weg. Damit man sie nicht sieht. Sie werden ausgestoßen wie Leprakranke.
Painter versuchte sich vorzustellen, wie es sein musste, als der Letzte der Sonnenkönige aufzuwachsen und schon in jungen Jahren zu erfahren, wie man einmal enden würde. Erst ein verehrter Prinz, dann ein ausgestoßener, siecher Leprakönig. Aber Sie helfen weiterhin mit, sagte Painter. Sie dienen immer noch der Sache.
Das ist mein Lebenszweck. Ich kenne meine Pflicht. Painter fragte sich, ob diese Einstellung aufgezwungen oder genetisch verankert war. Er musterte den Mann. Eigentlich war er überzeugt, dass die Antwort komplizierter war. Warum nehmen Sie an unserem Schicksal überhaupt Anteil, fragte er. Ich glaube an die Aufgabe. Mein Leiden wird dazu beitragen, dass anderen dieses Schicksal erspart bleibt. Und die Suche nach eiem Heilmittel? Die hat doch nichts damit zu tun, Ihr Leben zu verlängern. Gunthers Augen blitzten. Ich bin nicht krank, sagte er auf Deutsch. Was soll das heißen? Die Sonnenkönige wurden unter der Glocke geboren, blaffte Gunther.
Auf einmal begriff Painter. Er dachte an Annas Bemerkung zu den Übermenschen, die gegenüber jeder weiergehenden Manipulation durch die Glocke unempfindlich seien. Zum Besseren wie zum Schlechteren. Sie sind immun, sagte er. Gunther wandte das Gesicht ab. Dann war es also nicht Eigennutz, was ihn bewog, den anderen zu helfen. Aber was war es dann. Auf einmal erinnerte er sich, wie Anna Gunther über den Tisch hinweg angesehen hatte. Voll warmer Zuneigung. Sein Zustand hatte sie nicht abgeschreckt. Offenbar hatte er trotz der ihm entgegenschlagenden Abneigung einen bestimmten Grund, ihr zu helfen. Sie lieben Anna, murmelte Painter. Natürlich liebe ich sie, erwiderte Gunther scharf. Sie ist meine Schwester.
Lisa und Anna Arbeitszimmer eingesperrt. Sie stand vor einem Leuchtkasten, der an der Wand hing. Normalerweise betrachtete man damit Röntgenaufnahmen, doch Lisa hatte zwei mit schwarzen Linien bedeckte Acetatpapierblätter daran festgeklemmt. Es handelt sich um archivierte Chromosomen-Karten mit die bei der Erforschung der Mutationwirkung der Glocke angefertigt worden waren. Das Probenmaterial hatte man vor und nach der Bestrahlung von fetaler DANN mittels Amniozentese gewonnen. Bei den bestrahlten Proben markierten Kreise die von der Glocke veränderten Chromosomen. Am Rand waren die Karten mit deutschen Anmerkungen versehen.
Anna hatte sie bereits übersetzt und war weitere Bücher holen gegangen. Lisa fuhr mit den Fingern über die Mutationen und suchte nach einem Muster. Sie hatte bereits mehrere Fallstudien durchgesehen. Bislang konnte sie in den Mutationen weder einen Sinn noch ein Muster erkennen.
Schließlich wandte sie sich zum Tisch, auf dem sich Bücher und gebundene Laborberichte stapelten, die Belege jahrzehntelanger Forschung. Hinter ihr prasselte das Kaminfeuer. Sie musste sich beherrschen, um die Aufzeichnungen nicht in die Flammen zu werfen. Aber das hätte sie wahrscheinlich selbst dann nicht getan, wenn Anna nicht gewesen wäre. Sie war nach Nepal gekommen, um die physiologischen Auswirkungen der Höhenluft zu erforschen. Sie war nicht nur Ärztin, sondern im Grunde ihres Herzens auch Forscherin. Genau wie Anna. Nein, bei ihr war das etwas anders.
Lisa schob eine wissenschaftliche Monographie mit dem Titel Teratogenese embryonischer
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