Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
sie großgezogen und ihr die Familie ersetzt. Und so hatte sie den ganzen Tag über bei ihm gesessen und die Intensivstation nur verlassen, um nochmals in die Staaten zu telefonieren.
Gray würde morgen in Rom eintreffen.
Das war die einzige gute Neuigkeit seit vierundzwanzig Stunden. Sie konnte Vigor zwar nicht unmittelbar helfen, aber sie konnte ihre Beziehungen spielen lassen, um wenigstens die Hintergründe des Attentats aufzuklären.
Die Ermittlungen zur Explosion im Petersdom zogen anscheinend immer weitere Kreise, denn außer den italienischen Geheimdiensten waren auch schon Interpol und Europol eingeschaltet. Alle Beteiligten waren der Ansicht, dass es sich um einen terroristischen Anschlag handelte. Diese Einschätzung gründete vor allem auf der Verstümmelung des Priesters, dem man nach seinem Tod ein Zeichen in die Stirn gebrannt hatte.
Offenbar war das Zeichen als Botschaft gemeint. Was aber
war ihr Inhalt, und wer war der Adressat? Bislang lag noch kein Bekennerschreiben vor.
Der schnellste Weg, die Wahrheit zu ergründen, bestand Rachels Ansicht nach jedoch darin, eigene Nachforschungen anzustellen. Sie konnte sich auf das Wesentliche konzentrieren und quasi chirurgisch vorgehen, während die offiziellen Stellen eher ein allgemeines Chaos anrichten würden.
Deshalb hatte sie Gray angerufen. Zwar war es ihr ein wenig peinlich, ihn um Hilfe zu bitten, doch wenn sie der Wahrheit auf den Grund gehen wollte, würde sie auf die Ressourcen von Sigma zurückgreifen müssen. Und ihr war klar, dass sie alleine wenig ausrichten konnte. Sie brauchte jemanden, dem sie vollkommen vertrauen konnte. Sie brauchte Gray.
Oder hatte sie bei dem Anruf irgendwelche Hintergedanken gehegt?
Sie schüttelte den Kopf und näherte sich ihrem blauen Mini Cooper, den sie im Parkhaus des Krankenhauses abgestellt hatte. Sie stieg ein und fuhr los. Das Verdeck ließ sie unten, denn der Fahrtwind half ihr, einen klaren Kopf zu bekommen. Als ein schwankender Touristenbus ihr seine Abgase ins Gesicht blies, war damit Schluss.
Rachel bog von der Hauptverkehrsstraße ab und fuhr durch kleinere Straßen, die von Läden, Cafés und Restaurants gesäumt waren. Eigentlich hatte sie vorgehabt, zu ihrer Wohnung zu fahren und vor dem bevorstehenden Wiedersehen mit Gray ihre Gedanken zu sammeln, doch stattdessen wandte sie sich zum Tiber. Nach ein paar Kurven gelangte am anderen Ufer die funkelnde Kuppel des Petersdoms in Sicht.
Sie ließ sich vom Verkehr ihrem Ziel entgegentreiben. Seit der Explosion war die Vatikanstadt für die Öffentlichkeit gesperrt. Der Papst war aus Sicherheitsgründen in seine Sommerresidenz in Castel Gandolfo ausgeflogen worden. All das brachte den Strom der Touristen und Schaulustigen jedoch
nicht zum Erliegen. Eher war das Gewühl noch dichter geworden.
Aufgrund des dichten Verkehrs musste Rachel eine halbe Stunde lang nach einem Parkplatz suchen. Als sie die Polizeiabsperrung am Petersplatz erreichte, war es bereits dunkel. Sonst drängten sich auf dem Platz die Pilger und Touristen, doch im Moment war er nahezu menschenleer. Nur ein paar Uniformierte patrouillierten unter den Kolonnaden und auf der Piazza. Einer hielt am ägyptischen Obelisken in der Mitte des Platzes Wache. Alle hatten Gewehre geschultert.
Rachel zeigte an der Absperrung ihren Dienstausweis vor.
Der Polizist runzelte die Stirn. Er war in mittleren Jahren, hatte einen Bauch und O-Beine. Die Stadtpolizei und die militärisch organisierten Carabinieri waren nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen.
»Was machen Sie hier?«, fragte der Mann barsch. »Was geht das Attentat die Carabinieri Tutela del Patrimonio Culturale an?«
Die Frage war berechtigt. Ihre Abteilung war für Kunstraub und den Schwarzmarkthandel mit Antiquitäten zuständig. Mit Terrorismus hatte sie nichts zu tun. Sie war nicht im Dienst. Da sie mit einem der Opfer verwandt war, hatte man sie sogar ausdrücklich aufgefordert, die Finger von dem Fall zu lassen.
Dennoch war sie entschlossen, zumindest einen Blick auf den Schauplatz des Verbrechens zu werfen.
Rachel räusperte sich und zeigte auf den Platz. »Ich soll den Zustand des Explosionsorts dokumentieren und mich vergewissern, dass nach dem Anschlag keine Kunstgegenstände entwendet wurden.«
»Sekretärinnenarbeit«, meinte der Polizist verächtlich. Leise setzte er hinzu: »Kein Wunder, dass man eine Frau geschickt hat.«
Rachel biss nicht auf den Köder an. Sie steckte den Ausweis
wieder ein. »Wenn Sie
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