Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
Manche Redner klammern sich an’s Pult, andere scheinen sich an ihrer Disposition regelrecht »festzuhalten«, wieder andere stehen überwiegend frei. Wenn die eine oder andere Pose eine Gewohnheitshaltung ausdrückt, dann liegt die Vermutung wohl nahe, daß diese Gewohnheitshaltung die innere Haltung des Individuums widerspiegelt.
Ein weiterer Aspekt des Stehens (wie auch des Sitzens) ist der Abstand, den wir zu (oder von?) anderen einnehmen (s. Kap. 7 ). Interessant kann es auch sein zu beobachten, wie (un)ruhig jemand steht. Zappelt er herum, wippt er ständig auf den Fußballen oder steht er fest auf der Erde?
Interpretationshinweise ergeben sich aus den Gedankengängen unter 4.2. Sicher gäbe es noch andere Aspekte, aber ich meine, daß hier weniger eher mehr ist. Wenn Sie auf die angeführten Aspekte der verschiedenen Kategorien zu achten lernen, haben Sie einen Bezugsrahmen, der Ihnen hilft. Je mehr man nämlich »auf einmal« sehen will, desto weniger nimmt man letztlich wahr. Deswegen wenden wir uns jetzt dem Gehen zu.
4.2.2 Über das Gehen
Fast alles auf das Stehen Zutreffende gilt natürlich auch für das Gehen. Zusätzlich aber ist ein gehender Körper in Bewegung, so daß man sich fragen kann, wie er diese Bewegung ausführt. Geht ein Mensch zielsicher? Sind seine Bewegungen flüssig, geschmeidig, be-weg-lich oder steif und verkrampft?
Es gibt Autoren, die meinen, die Blickrichtung eines Gehenden sage sehr viel über ihn aus. So schaut ein außen-gerichteter Mensch nach vorne, sowohl den Weg, den er gehen will, als auch Interessantes am Weg wahrnehmend. Während ein innen-gerichteter Mensch eher nach »innen« schaut. Er hat den Kopf gesenkt und nimmt oft weder seinen Weg noch Hindernisse (noch andere Menschen oder Interessantes) wahr.
Signalwirkungen kann auch die Art, wie ein Mensch seine Füße setzt, haben. Eine Person, die wie ein »Storch im Salat« aussieht, zieht das Knie vor, so daß der erste Punkt des Körpers, der vorausgeht, sozusagen das Knie ist. Diese Gangart wird mit Vorsicht bzw. Unsicherheit korreliert. Ein Soldat in einem Minenfeld wird so gehen oder jemand, der Angst hat, sich im Dunklen zu stoßen.
Im Gegensatz dazu kann man auch so laufen, daß die Zehen immer vorausgehen. Hier tritt man fest mit der Ferse auf, im Gegensatz zum »Storchengang«, bei dem der ganze Fuß (Schwerpunkt Fußballen) aufgesetzt werden muß.
Ein Zehen-Gang ist daher meist ein kräftiger Gang, ein Raumeinnehmender. So läuft jemand, der keine Angst hat, sich wehzutun. Jemand, der ein klares Ziel vor Augen hat, jemand in Eile. Hervorragende Beobachtungspunkte sind Marktplätze, Bahnhöfe, Kirchenausgänge nach dem Gottesdienst, sowie Hauptstraßen zur Stoßzeit.
Das Gehen zu zweit oder mehreren kann auch aufschlußreich sein. Manche Autoren meinen, daß sowohl Einfühlungsvermögen als auch Egoismus in der Art ausgedrückt würden, wie jemand mit einer (oder mehreren) Person(en) geht. Kümmert er sich darum, ob er anderen zu schnell oder zu langsam läuft? Merkt er überhaupt, wenn andere weit zurückgeblieben sind, weil sie nicht mitkommen? Muß man ihn wiederholt bitten, Rücksicht zu nehmen?
Ein weiterer Aspekt des Gehens zu mehreren kann natürlich auch Abstand sein (s. Kap. 7 ).
Da wir jedoch die meiste Zeit mit anderen Menschen im Sitzen zubringen, sind Deutungshinweise hierzu häufiger anwendbar.
4.2.3 Über das Sitzen
Wieder sollte unser erster Blick darauf gerichtet sein, ob das Körpergewicht vor, über oder hinter dem Becken liegt.
Abb. 6
Beginnen wir mit Haltung A, die sogenannte Fluchtposition. Erinnern Sie sich noch an Ihre Sitz-Experimente? Diese Haltung nimmt man ein, wenn man sich unwohl oder unsicher fühlt. Im Wartezimmer eines Zahnarztes sehen Sie sie häufig.
Da das Körpergewicht vor dem Becken liegt, kann man sehr schnell aufstehen und weggehen (weglaufen). Insbesondere wenn die Füße sich in Schrittstellung befinden. Sollte ein Gesprächspartner, mit dem Sie zu tun haben, diese Haltung einnehmen, dann führen Sie das Gespräch nicht fort, ehe Sie entweder den Grund für die Haltung erfahren bzw. die Haltung des anderen durch Hilfestellungen Ihrerseits verändert haben. Ein Mensch, der so sitzt, ist in einer Fluchtposition, auch innerlich. D. h., daß er u. U. jetzt Streß-Hormone produziert und daß sein »Reptiliengehirn« mitarbeitet. So daß Sie nicht damit rechnen können, daß sein »Denkhirn« im Augenblick besonders gut funktioniert 1 . Nach FESTINGER
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