Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
(31)sprechen wir vom psychologischen Nebel (s. Vowort). Wenn wir an WATZLAWICKs Denkmodell der Inhalts- und Beziehungsebene zurückdenken (s. Einleitung ), dann können wir uns an die Abbildung des psychologischen Nebels erinnern:
Abb. 2
Wie Sie sehen, verhindert dieser Nebel, daß Ihre Informationen beim anderen richtig ankommen können. Ein Mensch in einer innerlichen Fluchtposition hört und sieht nur noch Teile der Nachrichten, die man sendet. (Sog. »Emser Depeschen« nämlich!)
(Dieser strategische Hinweis gilt auch, wenn Sie merken, daß der andere auf Kampf umschaltet, wenn sein Tonfall laut/aggressiv wird u. ä.)
Nun sagten wir zwar, ein Signal allein habe meist keine Aussagekraft, aber wir deuteten an, daß es Ausnahmen zu dieser Regel gäbe. Die Körperhaltung beim Sitzen kann eine solche Ausnahme darstellen, insbesondere wenn sie plötzlich verändert wird. Wenn ein Mensch sich zum Beispiel unvermittelt in die Fluchtposition begibt. Dieser Sachverhalt wird von einer weiteren Regel beschrieben:
Jede plötzliche Veränderung der äußeren Haltung spiegelt immer eine plötzliche Veränderung der inneren Haltung wider.
Dies dürfte, im Hinblick auf die unter 4.2 gegebenen Informationen, auch sehr einleuchtend sein? Wenn Sie den kleinen Experimenten-Zyklus durchgeführt haben, dann konnten Sie sogar in diesen kurzen Momenten, in denen Sie einzelne Haltungen eingenommen haben, schonfeststellen, daß jede Haltung des Körpers die innere Haltung mit-beeinflußt (und umgekehrt)!
Wiewohl die obenstehende Darstellung zeigt, daß man die Fluchthaltung ziemlich sicher interpretieren kann, darf man die Kontrollfrage nicht vergessen. U. U. hat jemand Rückenschmerzen und beugt sich nach vorne, um gewisse Muskelpartien zu entlasten? Vielleicht begibt er sich auch in die Flucht-Position, weil er zur Toilette möchte und einen günstigen Augenblick abwartet, da er die anderen nicht unterbrechen will? (Insbesondere wenn er so sitzt, daß vielleicht jemand aufstehen muß, um ihn durchzulassen?)
Die Haltung B zeigt wieder unsere flexible, offene Haltung. Ein Mensch, der so sitzt, ist bereit, die Umwelt auf sich zukommen zu lassen bzw. auf sie einzugehen. Es ist eine abwartende oder auch aufmerksame Haltung. Deswegen legte man früher in der Schule so großen Wert darauf, daß wir aufrecht in der Bank saßen, die Hände aufs Pult gelegt, den Blick gerade nach vorne gerichtet. Diese Körper-Haltung bewirkt eben auch die innere Aufgeschlossenheit, wenn sie wirklich eingehalten wird 1 .
Solange Ihr Gesprächspartner so dasitzt, können Sie im allgemeinen davon ausgehen, daß er Ihre Nachrichten aufnimmt bzw. Interesse am Gespräch oder an Ihnen hat. (Was nicht bedeutet, daß Interesse nicht auch bei anderen Körperhaltungen vorhanden sein kann, nur: Diese Haltung kann als Signal für Interesse interpretiert werden.)
An dieser Stelle taucht im Seminar immer eine Frage auf: »Wie kann man nun die Fluchtposition von einem sich Vorbeugen aus Interesse unterscheiden?«
Eine ausgezeichnete Frage, finden Sie nicht?
Ihre Beantwortung hat mit der Blickrichtung zu tun. Bei der Fluchtposition ist der Kopf nach unten geneigt, so daß (parallel zur Demutshaltung im Stehen) der Blick von unten nach oben gerichtet ist, wenn überhaupt Augenkontakt zustande kommt. Ein plötzliches Sich-Vorbeugen aus akutem Interesse geht jedoch mit gerade gehaltenem Kopf, d. h. mit einem geraden, offenen (interessierten) Blick einher.
Dieser wiederholte Vorgriff auf die Mimik zeigt deutlich zweierlei auf: Erstens, was wir meinen, wenn wir sagen, daß in der Regel ein Signal allein keine Aussagekraft hat. Die Verbindung der verschiedenen Signalezu »Sätzen« kann interpretiert werden, nicht aber einzelne »Worte« (Ausnahmen bestätigen nur die Regel). Zweitens sehen Sie, wie wichtig gerade die Signale der Mimik im Verband mit anderen Signalen sind!
Die Haltung B kann nun mehr oder weniger offen sein. Es kann jemand gerade dasitzen, aber trotzdem den Brust- und Halsraum (z. B. durch einen aufgestützten Arm und eine Hand am Mund) teilweise verdecken. Auch hier sehen wir, daß wir Signale der Gestik (des Abstands, sowie des Tonfalls) mit-beachten müssen, ehe wir deuten können.
Die Haltung C korrespondiert mit der über-heblichen Haltung im Stehen, da das Körpergewicht nach hinten verlagert ist. Richtig? Falsch! Wiewohl auch hier das Gewicht des Oberkörpers nach hinten gelagert ist, können wir diese Korrelation nicht ziehen. Warum? Überlegen
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