Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
Aussage nie machen würde (WATTS, 87). Er sagt: »Ich bin mein Körper.« Dieser Satz spiegelt denfundamentalen Unterschied zweier Einstellungen wider, der des Sein- und der des Haben-Wollens 1 . Je stärker die Haben-Wolien-Orientierung ausgeprägt ist, desto weniger bewußt nimmt der Mensch sein eigenes In-der-Welt-Sein wahr. Dies gilt auch für seine körperlichen Prozesse und Signale! Er richtet sein Augenmerk auf Dinge, deren er habhaft werden möchte. Er sucht Dinge, die er hand-haben kann. Diese innere Haltung wird sich zwangsläufig in der äußeren widerspiegeln. LÖWEN sagt dazu (57a):
»Überall, wo eine grundlegende Unsicherheit in der unteren Körperhälfte vorliegt, kompensiert das Individuum, indem es mit Armen und Augen an (der) objektiven Wirklichkeit festhält« (S. 99).
So einen Menschentyp beschreibt er auch:
»Vor einigen Jahren behandelte ich einen Patienten mit schwerem Bluthochdruck. Er war Presseagent für mehrere Hollywood-Stars und Filmproduzenten. Er aß übermäßig viel, war ein ziemlich starker Trinker und gewandt im Reden. Er hatte ein blühendes, rundes Gesicht und einen fülligen Körper. Beim Ablegen seiner Kleidung war ich schockiert über die spindeldürren Beine …, die hervorkamen. Die Folgerung, daß die scheinbare Sicherheit und Stärke der oberen Körperhälfte die Schwäche darunter kompensierte, war unvermeidlich. Seine Hauptaktivitäten waren auf die obere Körperhälfte beschränkt und im wesentlichen oraler Natur« (S. 98).
Wenn ein Mensch unter Disharmonie, unter mangelndem Frieden, unter fehlender innerer Ruhe leidet, dann ruht er eben nicht in sich. Dann ist er nicht sein Körper, sondern er »hat« einen, den er auch noch vernachlässigt. Ein anderer Autor, SCHUTZ, hat einen hervorragenden Übungszyklus erstellt, mit dessen Hilfe man eventuelle Schwierigkeiten bezüglich der eigenen Haltung (innerlich wie äußerlich!) sowohl feststellen als auch beheben lernen kann (77).
Eine solche Übung besteht z. B. darin, daß man auf eine Couch oder eine Matratze schlägt und zwar so kräftig wie möglich. Was bei solchen Übungen herauskommen kann, schildert LÖWEN, der diese Übung ebenfalls im therapeutischen Bereich einsetzt (57a):
»Kürzlich behandelte ich einen jungen Mann, einen Jetpiloten bei der Marine…
Sein Problem zeigte sich, als ich ihn bat, auf die Couch zu schlagen. Jedesmal, wenn er ausholte, hoben sich seine Füße vom Boden ab. Als ich ihn hierauf hinwies und bemerkte, wie schwer es ihm falle, den Kontakt mit dem Boden zu halten 1 , erwiderte er: »Jetzt weiß ich auch, weshalb ich mich oben in der Luft um so vieles sicherer fühle!« (S. 98)
Das waren nur einige wenige Gedanken, die man sich bezüglich der eigenen Haltung bzw. der Korrelation der eigenen inneren und äußeren Haltung machen kann. Wer sich in dieses m. E. äußerst wichtige Thema (geistig wie körperlich!) vertiefen möchte, dem sei sowohl das erwähnte Buch von SCHUTZ (77) als auch »Hara« von DÜRKHEIM (22) empfohlen. Gerne verweise ich in diesem Zusammenhang auf das ausgezeichnete Buch »Der aufrechte Gang« von FELDENKRAIS (29), das inzwischen wieder erhältlich ist, nachdem es lange Zeit vergriffen war. (Alle Seitenzahlen bei FELDENKRAIS-Zitaten beziehen sich auf die vergriffene Ausgabe.)
Diese drei Bücher vermitteln einen faszinierenden Gesamtüberblick und beinhalten praktische Übungen – im Gegensatz zu anderen, sicher lesenswerten Büchern, die das leider häufig nicht tun. (Alle drei sind in Deutsch erhältlich.) Der zweite Grund, warum ich gerade diese drei Bücher so warm an Ihr Herz legen möchte, liegt in der hervorragenden Lesbarkeit aller drei Autoren begründet.
So, und nun wollen wir uns den Signalen anderer zuwenden (?!).
4.2.1 Über das Stehen
Das erste, worauf wir unser Augenmerk richten können, ist die Gewichtsverlagerung. Steht der Mensch aufrecht (ohne deswegen stocksteif zu wirken) oder ist sein Gewicht vor bzw. hinter das Becken verlagert? (Ziehen Sie im Zweifelsfall geistig eine Linie vom Becken nach oben, bei einer geraden Haltung befindet sich das Ohr in etwa auf dieser Linie, auch wenn der Rücken ein wenig krumm wirkt).
Nun besagt die körpersprachliche Theorie eigentlich dasselbe wie der Volksmund: Je gerader jemand steht, desto aufrechter ist seine innere Haltung. So ein Mensch ist weder unsicher (Neigung nach vorne) noch über-heblich (Neigung nach hinten). Trotzdem ist Vorsicht geboten: Viele besonders große Menschen haben sich eine
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