Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
Nach kurzer Zeit werden seine Klopfzeichen unbewußt mit den betonten Silben Ihrer Sprechweise zusammenfallen. Es scheint, als würde der inhärente Rhythmus der menschlichen Sprache einen Zuhörer genauso »mitreißen« wie z. B. der Beat einer Rockmusik, dessen Rhythmus sich die meisten ebenfalls nicht entziehen können!« (S. 98).
Anhang B
Pygmalioneffekt 1 von Michael Birkenbihl
Die Tatsache, daß die innere – das ist die wahre!- Einstellung eines Menschen immer auf seine Umgebung »durchschlägt«, wurde in jüngster Zeit durch zahlreiche Untersuchungen bestätigt, die sich mit dem Phänomen »Körpersprache« befaßten. So wissen wir beipielsweise heute aus der Analyse von Filmen (mittels eines stark reduzierten Bewegungsablaufes), daß die Körpersprache einer Person zuweilen genau das Gegenteil von dem ausdrückt, was diese Person sagt! Wir alle analysieren auf einer unterbewußten Ebene genau die Körpersprache und den Klang der Stimme anderer Menschen und »wissen« damit oft um die Einstellung des anderen zu uns. Dieser Tatbestand ist indessen auch Teil jenes Phänomens, das man unter dem Terminus »Pygmalion-Effekt« beschreibt. Worum also handelt es sich beim »Pygmalion-Effekt«?
Vielleicht erinnern Sie sich aus Ihrer Schulzeit an OVIDS »Metamorphosen«, wo der Bildhauer Pygmalion eine weibliche Figur modelliert, in die er sich dann unsterblich verliebt und der er den Namen Galatea verleiht. Schließlich erbarmt sich Aphrodite, die Göttin der Liebe, des liebeskranken Pygmalion und erweckt seine Galatea zum Leben. Der tiefere Sinn dieser Fabel, der eine alte griechische Sage zugrunde liegt, ist folgender: Pygmalion hatte eine bestimmte Vorstellung von der »idealen Frau« -und genau nach seiner Vorstellung hat er sich ihr Bild geschaffen, aus Marmor. In übertragenem Sinne besagt deshalb der Terminus »Pygmalion-Effekt«, daß sich ein Lehrer eine ganz bestimmte Vorstellung von einem Schüler macht – und ihn dann auch nach dieser Vorstellungformt! Das bedeutet aber, die Vorstellung, die ich von einem anderenhabe, teilt sich diesem anderen mit – auch wenn ich sie nicht sprachlich artikuliere! Auf die tägliche Praxis übertragen, bedeutet dies:
Die Macht der Erwartungen, die wir an einen anderen Menschen stellen, ist so groß, daß durch sie alleine schon dessen Verhalten beeinflußt werden kann. Wir nennen dies eine sich selbst erfüllende Prophezeiung: Was wir einem Menschen zutrauen, entscheidet manchmal auch über seinen Werdegang.
In der Unterrichtspraxis überträgt sich die Erwartung des Seminarleiters auf den Teilnehmer auf drei verschiedenen Wegen:
1. durch die Körpersprache;
2. durch die Stimme;
3. durch die Unterrichtsmethode.
Die entscheidenden Versuche zu diesem Phänomen stammen von Robert ROSENTHAL, Professor für Sozialpsychologie an der weltberühmten Harvard University, USA. Übrigens handelt es sich durchwegs um »Feldversuche« mit »echten« Schulklassen, deren Lehrer keine Ahnung hatten, daß sie Test-Objekte waren. Die Ergebnisse dieser Versuche können also getrost auf jede ähnliche Unterrichtssituation übertragen werden. Von den zahlreichen Experimenten ROSENTHALs seien hier nur drei beschrieben:
(1) In einer Grundschule in einem sozial schwachen Milieu wurde zu Beginn des Schuljahres ein non-verbaler IQ-Test abgenommen. Den Lehrern sagte Professor ROSENTHAL, daß man mit diesem Test die »intellektuelle Leistungsfähigkeit« eines Menschen vorhersagen könne. Die Schule hatte 18 Klassen, drei in jedem der sechs Schuljahrgänge. In eine Klasse hatte man jeweils die »überdurchschnittlichen«, in die beiden anderen die »durchschnittlichen« bzw. die »unterdurchschnittlichen« Schüler gesteckt.
Professor ROSENTHAL schaute sich die Testergebniss zunächst gar nicht an. Er suchte aus den Klassenregistern wahllos 20% der Schüler in jeder Klasse heraus. Sie waren die »Schüler mit Zukunft«. ROSENTHAL gab den Lehrern diese Namen und erklärte ihnen, daß aufgrund des Testes bei diesen Schülern erhebliche Lernfortschritte im laufenden Schuljahr zu erwarten seien. Ein solcher Unterschied zwischender Versuchsgruppe und der Kontrollgruppe war aber nicht real; er bestand danach einzig in der Vorstellung der Lehrer.
Acht Monate später wurde derselbe Test bei allen Kindern noch einmal durchgeführt. Im Schnitt hatten die Kinder der Versuchsgruppe (jene also, die den Lehrern als »vielversprechend« geschildert worden waren), ihren IQ-Wert um noch vier Punkte
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