Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
denen sie mehr erwarten, auch dazu an, häufiger Antworten zu geben. Sie rufen sie häufiger auf, geben ihnen schwierigere Nüsse zu knacken, räumen ihnen mehr Zeit für die Antwort ein und helfen ihnen, bis sie die richtige Lösung finden.
Zum Schluß sei noch ein Untersuchungsergebnis berichtet, das geradezu schockierend ist: Wenn Kinder, die vom Lehrer als unbegabt angesehen werden, gute Leistungen erbringen, so ziehen sie sich den Unmut des Lehrers zu. Mit anderen Worten: eine unerwartete Leistung ist für den, der sie erbringt, mit Risiko behaftet. Weil der Lehrer den Schüler nicht für seine gute Leistung belohnt, sondern ihn bestraft, weil er den Erwartungen des Lehrers nicht gerecht wurde!
Ich kann mir die Anmerkung nicht verkneifen, verehrter Leser, daß gegen ROSENTHALs Ergebnisse von deutschen Pädagogen, vor allem von Grundschullehrern, entrüstet Sturm gelaufen worden ist. Dieser Entrüstung lag vermutlich das berühmte Palmström-Motto zugrunde: »Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!« Ein deutscher Lehrer, sowieso der Klasse »Übermensch« zugehörig, hat keine Vorlieben und behandelt stets jeden Schüler gleich fair! Basta!
Zusammenfassung:
1. Unter dem von Prof. ROSENTHAL (72 b) so benannten »Pygmalion-Effekt« versteht man, daß sich ein Lehrer eine ganz bestimmte Vorstellung von einem Schüler macht – und ihn dann auch nach dieser Vorstellung formt.
2. Die Grundmaxime von ROSENTHALs »Pygmalion-Effekt« lautet deshalb: Die Macht der Erwartungen, die wir an einen anderen Menschen stellen, ist so groß, daß durch sie allein schon dessen Verhalten beeinflußt werden kann. Wir nennen dies eine sich selbst-erfüllende Prophezeiung: Was wir einem Menschen zutrauen, entscheidet manchmal auch über seinen Werdegang.
3. In der Unterrichtspraxis überträgt sich die Erwartung des Seminarleiters auf den Teilnehmer auf drei verschiedenen Wegen:
1. durch die Körpersprache;
2. durch die Stimme;
3. durch die Unterrichtsmethode.
4. Der Pygmalion-Effekt gilt in gleicher Weise für die Unterrichtung von Schülern, Heranwachsenden und Erwachsenen. Er wurde auch bei der Arbeit mit Tieren bestätigt. Und er gilt auch, wenn es sich nicht um intellektuelle Lernziele handelt (z. B. um das Schwimmen).
5. Nach ROSENTHALs 4-Faktoren-Theorie
a) erzeugten Personen, die eine positive Erwartung in andere setzen, ein wärmeres sozio-emotionales Klima;
b) geben solche Personen der Gruppe mehr Feedback;
c) geben solche Personen der Gruppe ein Mehr an Informationen (Input);
d) geben solche Personen der Gruppe mehr Gelegenheit zu Frage und Antwort (Output).
6. Fazit: Lehrer geben Schülern, von denen sie mehr erwarten, im wahr sten Sinne des Wortes mehr Unterricht.
Anhang D
Ein Poster zum Ausschneiden und Aufkleben
So sieht das Poster aus, wenn Sie es ausschneiden und zusammenkleben:
10 Kontrollfragen zur Beobachtung der Körpersprache anderer:
Ein Signal allein hat keine Aussagekraft (Ausnahme. Plötzliche Verlagerungen des Körpergewichtes, s. Regel 2)
Jede plötzliche Veränderung der äußeren Haltung spiegelt immer eine Veränderung der inneren Haltung wider.
Augenkontakt heit Augenkontakt, weil er Kontakt schafft!
Ich bin mein Korper!
Je mehr jemand »er selbst« ist, desto unwahrscheinlicher wird inkongruente Körpersprache bei ihm. Kongruenz aber überzeugt immer!
Je höher der Status einer Person, desto größer wird die Intimzone, die andere ihm zugestehen (was nicht heißt, daß ein Vorgesetzter seinen Mitarbeitern »Null Intimzone« erlauben darf!)
Wenn zwei Personen einen Tisch teilen, betrachtet zunächst eine jede den halben Tisch als Teil ihrer Intimzone (Ausnahme: Schüchternheit, sowie unterschiedlicher Status der Personen).
Es gibt einen direkten Bezug zwischen der Mißachtung der räumlichen Zone eines anderen und dem ihm im übertragenen Sinne zunahe-Kommen (d. h. dem Eindringen in die psychologische Intimzone).
Abstands-Signale signalisieren Wunsch nach mehr Freiraum, sowohl räumlich als auch seelisch!
Lerne alles, was du kannst, über die Theorie; wenn du dem anderen jedoch gegenübersitzt-vergiß das Textbuch (nach C. G. JUNG).
© Vera F. Birkenbihl
* aus: Vera F. Birkenbihl – Signale des Körpers
mvg-verlag, Landsberg am Lech 2001
Literaturverzeichnis
Benützte und weiterführende Literatur
ALLPORT, G. W. und VERNON, P. E.
Studies in Expressive Movement, New York, 1933 *
ARDREY, R. und TURNER, PM.
The Territorial Imperative, New York, 1997
BATESON, M. C.
Kinesics and
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