Signale des Körpers: Körpersprache verstehen (German Edition)
die Kommunikation auf den Kopf stellen. Z. B. stellte man bei solchen Beobachtungen fest, daß der Körper eines Menschen sich oft schon zum Sprechen vorbereitet (ein Augenblinzeln, einLuftholen bei gleichzeitigem Aufrichten des Körpers, ein öffnen des Mundes, eine einleitende Bewegung der Hand, die Sekundenbruchteile später die ersten Worte zu unterstreichen scheint), und daß diese analogen Vorbereitungen z. T. der bewußten Entscheidung (ich will jetzt etwas sagen) vorauszugehen scheint. Sollte es sich herausstellen, daß unser Körper tatsächlich so reagiert, dann müßte man über so manchen Aspekt menschlichen Kommunikationsverhaltens neu nachdenken…
Das Faszinierendste an diesem Gebiet der Körpermusik ist jedoch ein Aspekt, den Flora DAVIS (18) als »Körpertanz« bezeichnet. In ihrem Bericht über die Arbeit des Prof. William CONDON in Pittsburgh stellt sie fest, daß es nicht nur eine Selbstsynchronie gibt, sondern daß Prof. CONDON sogar eine Synchronie mit dem Gesprächspartner festgestellt hat, die er Interaktions-Synchronie nennt. Dazu CONDON selbst (18):
«… Nachdem ich tausende von Stunden damit zugebracht hatte, Filmstreifen zu studieren, begann ich … festzustellen, daß ein ZUHÖRER sich im Sprachrhythmus des SPRECHERS bewegt.« (S. 196)
Flora DAVIS drückt die Reaktion eines Menschen, der zum erstenmal von Interaktions-Synchronie lernt, so aus:
»Interaktions-Synchronie ist schwer zu glauben, bis man sie selbst in Filmen beobachten konnte! Denn die Bewegungen sind zu klein und verlaufen zu schnell, als daß das nackte Auge sie wahrnehmen könnte … Selbst wenn ein Zuhörer völlig still zu sitzen scheint, zeigt die MIKROANALYSE, daß sein Augenblinzeln oder das Ziehen an seiner Pfeife synchron mit den Worten verlaufen, die er hört … Manchmal bewegen Menschen sich sogar synchron, während beide schweigen…« (S. 196)
Folgendes Fallbeispiel soll zeigen, worum es geht (18):
»… ein Beispiel von höchstem Synchronismus. Ein Mann und eine Frau (er ist Unternehmer, sie war eine Jobinteressentin) saßen sich gegenüber.
Bei normaler Vorführgeschwindigkeit schien die Filmfolge bloßziemlieh viel »Umhergeschiebe* zu heinhalten, da der Mann zuerst seine übergeschlagenen Beine löste, sie dann erneut überkreuzte, und die Frau sich durch’s Haar strich.
Aber bei Projektionen von nur wenigen Bildern pro Sekunde wurde bereits das Muster der einzelnen Tanzschritte deutlich:
Im selben Einzelbild begann jeder, sich zum anderen vorzubeugen! Beide hielten im gleichen Bruchteil einer Sekunde in ihrer Bewegung inne.
Beide erhoben ihre Köpfe im selben »Frame* und sanken dann gemeinsam zurück in ihre Sessel.
Genau im selben Film-Einzelbild waren diese Bewegungen wiederum abgeschlossen!
Alles glich sehr den vollendeten Balztänzen mancher Vögel. In CONDONs geliebter Bildsprache wirkten die beiden wie Marionetten an gemeinsamer Fadenführung! CONDON erörterte, daß solch eine vollendete zeitliche Übereinstimmung zwischen einem Mann und einer Frau nicht selten auftrete und daß sie während der Liebeswerbung eines der Mittel sei, mit dessen Hilfe große Zugeständnisse zwischen Mann und Frau gemacht würden, ohne daß hierüber auch nur ein Wort gesprochen würde.« (S. 198)
Kenntnisse der Gesetze des Körpertanzes können z. B. im therapeutischen Rahmen eingesetzt werden. DAVIS schildert den Fall einer Mutter, die mit ihren zwei Zwillingstöchtern zu einem Gespräch kam. Dieses Gespräch zwischen ihr und dem Therapeuten wurde gefilmt. Es ging darum, daß die eine Zwillingstochter das »Problemkind« war. Wenden wir uns dem Filmstreifen zu (18):
»Die Mutter und ihre normale Zwillingstochter bewegten sich im Einklang, also völlig synchron, und teilten ihre gemeinsamen Körperhaltungen und -bewegungen in 95% der Zeit. Sie strichen sogar gemeinsam, in selben Frame ihre Röcke zurecht!
Das ›kranke‹ Zwillingsmädchen verschmolz nur sehr selten im Rhythmus oder in der Körperhaltung mit einer der beiden anderen Frauen. Bei den seltenen Fällen, in denen sie die Körperhaltung ihrer Mutter annahm, wechselte diese augenblicklich in eine andere über… als wäre dies ein Mittel, vom Kind Abstand zu halten. Und immer wieder, wenn die Mutter über ihre schizophrene Tochter sprach, gab siemit einer abwertenden Handbewegung nach unten ein Zeichen, das deutlich zu verstehen gab: Geh doch weg!« (S. 199)
Nun erhoben sich gewisse Fragen, als man von CONDONs Forschungsergebnissen hörte,
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