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Signale

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Titel: Signale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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Nacht
     
I
     
    »Wir hatten schon miteinander zu tun«, sagte ich zu Haber. »1988, als Sie das Büro in Des Moines geleitet haben.«
    Er strahlte und streckte die Hand aus. »Klar, verdammtnochmal, stimmt! Ich erinnere mich, Odin.«
    »Ich möchte nicht Odin genannt werden.«
    »Nicht? Na schön. Mr. Gunnarsen …«
    »Auch nicht ›Mr. Gunnarsen‹. Nur ›Gunner‹.«
    »In Ordnung, Gunner; fast hätte ich das vergessen.«
    Ich sagte: »Nein, sie haben es nicht vergessen. Sie haben in Des Moines meinen Namen gar nicht gewußt. Sie wußten nicht einmal, daß ich existiere, weil Sie zu beschäftigt waren, unseren Kunden auf den Hund zu bringen. Ich habe Sie damals aus der Patsche gezogen, geradeso, wie ich jetzt daran gehe, Ihnen aus der Patsche zu helfen.«
    Sein Lächeln war ein bißchen verunglückt, aber Ha ber war schon sehr lange in der Firma und würde sich von mir nicht verekeln lassen.
    »Was wollen Sie damit sagen, Gunner? Ich bin Ih nen dankbar. Glauben Sie mir, Junge, ich weiß, daß ich hier Hilfe brauche …«
    »Und ich bin nicht Ihr Junge. Haber, Sie waren damals ein feister Kater, und Sie sind es heute noch. Ich möchte lediglich: Erstens, einen Einblick in die Filiale; zweitens, eine Sitzung der Filialleitung, Sie eingeschlossen, in dreißig Minuten. Geben Sie Ihrer Sekretärin entsprechende Anweisungen; inzwischen sehe ich mich um.«
     
    Im Flugzeug nach Belport hatte ich eine Liste der Dinge aufgestellt, die ich erledigen wollte. Der oberste Punkt lautete:
     
    1. Haber hinauswerfen.
     
    Nach meinen Erfahrungen war das nicht die beste Lösung, weitere Mißerfolge auszuschließen. Ein paar Auswüchse beseitigt man damit, aber die anderen wuchern im Zwielicht weiter. M & B bezahlt mich nicht für kosmetische Operationen an ihren Habers, sondern dafür, daß ich die Arbeit der Habers zu Ende führe, wenn sie zu scheitern drohen.
     
    Als Manager einer Werbeagentur war Haber ein Geschwür, aber als Fremdenführer mochte er taugen, obwohl er ständig schwitzte. Er zeigte mir die ganze Filiale. Sie lag hinter einer Fensterfront in einem der Geschäftsviertel – vor der Tür ein Perlenschnurvorhang, die Fenster geschmackvoll mit grauer Seide verhangen. Es sah aus wie das beste von vier Beerdigungsinstituten in der am meisten heruntergekommenen Gegend. Auf der Scheibe stand in goldenen Lettern:
     
    MOULTRIE & BIGELOW
    Werbeagentur
    Filiale Northern Lake State
    T. Wilson Haber
    Filialleiter
     
    »Werbung«, klärte er mich auf, »beginnt daheim. Man weiß, daß wir hier sind, eh, Gunner?«
    »Erinnert mich an die Filiale in Iowa«, sagte ich, und er stolperte, obwohl es zu seinen Füßen kein Hindernis gab. Es war die Präsidentschafts-Kampagne von 1988 gewesen, in der Haber versucht hatte, den Kandidaten durchzubringen, der uns mit seiner Öffentlichkeitsarbeit beauftragt hatte, und jene zwölf rettenden Stimmen kamen nur noch ein, weil wir Haber nach Nassau in Urlaub schickten und ich mich auf seine Arbeit stürzte. Ich glaube, Habers Frau hatte schon damals eine Kapitaleinlage in der Firma.
    Seine Ausstattung in Belport war recht gut, immerhin. Vier Projektionskabinen, jede mit einer Simplex 9090 und einer Operator-Rezeptionistin gab es in der vorderen Halle. Man kann nicht immer vom Äußeren ausgehen, aber die Testpersonen, die hier auf ihre Abfertigung warteten, schien einen guten, repräsentativen Querschnitt darzustellen – eine gute Zusammenstellung beider Geschlechter, aller Altersstufen und Einkommensschichten – und bei entsprechender Geschicklichkeit würden sich damit auch gute Resultate erzielen lassen. Die Projektionskabinen wurden von einem Steuerpult im Hintergrund gelenkt – ich sah ei nen der Programmierer und nickte ihm zu; guter Mann – nur weiter so mit der Telefax-Ausrüstung, dem Hauptarchiv, der Britannica, der Kongreß-Bibliothek, den Tagesnachrichten und so fort. Vom Steuerpult aus ließen sich Dialoge und Spots improvisieren, eine Werbefläche projizieren und dergleichen mehr, was immer man wollte und was die Registratur an variablen Möglichkeiten hergab, und ihre Wirkung auf die Persönlichkeit testen. Es gab eine Kabine zum Abhören von Bandaufzeichnungen. Die gesamte Einrichtung war klein und transportabel, aber komplett. Man vermochte hier ein 3-V-Interview so gut zu improvisieren oder aufzunehmen wie mit der Superausrüstung im Zentralbüro.
    »Ein Klasse-Eins-Plan, nicht wahr, Gunner?« mein te Haber. »Für diese Angelegenheit arbeite ich ihn persönlich

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