Silberband 002 - Das Mutantenkorps
Empfangsgerät nahm die Schwingungen des menschlichen Gehirns auf und registrierte deren Frequenz. Es konnte mit Leichtigkeit zwischen einem normalen Gehirn und dem eines Mutanten unterscheiden, obwohl es da nur geringfügige Unterschiede gab. Wie groß aber mußte die Frequenzdifferenz zwischen dem Gehirn eines normalen und dem eines übernommenen Menschen sein!
»Richtig, Bully. Damit haben wir ein Instrument in der Hand, ein von den IVs übernommenes Individuum zu erkennen. Fragt sich nur, was wir tun, wenn das geschehen ist. Wir können einen solchen Menschen nicht einfach umbringen. Es hilft uns nicht weiter, die IVs von Körper zu Körper zu jagen.«
Crest regte sich wieder im Hintergrund. Ohne sich um die hartnäckig schweigende Thora zu kümmern, sagte er:
»Der zurückgelassene Körper des IV muß vernichtet werden. Der menschliche Intellekt kehrt dann in den eigenen Körper zurück. Der Intellekt des IV aber stirbt mit seinem Körper. Das ist ihr einziger schwacher Punkt, den wir ausnützen müssen.«
»Und wie sollen wir die Spur ihres Intellekts verfolgen?«
Crest lächelte hintergründig.
»Die Erfahrung wird uns das lehren. Wozu haben wir unsere Mutanten? Vielleicht gelingt es ihnen, eine Brücke zwischen Körper und Geist der IVs zu schlagen.«
»Vielleicht«, stimmte Perry ohne viel Zuversicht zu. Er hielt es für unmöglich, eine nichtmaterielle Substanz auf ihrem lichtschnellen Weg zu verfolgen. Geist war Energie. Man konnte sie zwar aufspüren, aber nicht verfolgen. Oder doch?
Klein wartete, bis eine Pause entstand, dann sagte er:
»Mercant bittet Sie, die Verfolgung von Li aufzunehmen. Li kann größten Schaden anrichten. Mercant ist der Auffassung, daß die IVs versuchen werden, die Uneinigkeit der Erde wiederherzustellen, um leichteres Spiel zu haben. Das darf auf keinen Fall geschehen.«
»Li ist in China?«
»Seine Spur verlor sich in Peking.«
Perry sah Bully an.
»Hole Ernst Ellert, Bully. Schnell!«
Der Ingenieur verschwand ohne Gegenfrage. Crest zog die Augenbrauen in die Höhe.
»Was soll Ellert?« wunderte er sich.
Perry lächelte.
»Ernst Ellerts Fähigkeit übersteigt alles, was das menschliche Gehirn sich vorzustellen vermochte. Er ist Teletemporarier und vermag seinen Geist in die Zukunft zu schicken. Vielleicht gelingt es ihm, das Versteck der IVs aufzuspüren.«
»Teletemporarier?« murmelte Klein verständnislos. Dann zuckte er die Schultern und schwieg. Perry Rhodan würde schon wissen, was er tat.
Als Ellert eintraf, konnte man im ersten Augenblick eine gewisse Enttäuschung nicht unterdrücken, wenn man die Fähigkeiten dieses Mannes kannte. Nichts an ihm deutete auf eine außerordentliche Begabung hin. Nur in den Augen brannte ein niemals verlöschendes Feuer. Es waren Augen, so dachte Perry, wenn er in sie hineinblickte, die ein Stück der Ewigkeit gesehen hatten.
»Wir halten Kriegsrat«, begrüßte ihn Perry. »Die IVs haben mit ihrer Invasion begonnen. Der Agent Leutnant Li vom asiatischen Abwehrdienst wurde vermutlich von ihnen übernommen. Tako Kakuta wird Sie begleiten. Ich hoffe, Sie werden Erfolg haben. Bevor Sie abreisen, erhalten Sie von mir zwei Frequenzdetektoren und weitere Anweisungen.« Perry zögerte einen Augenblick, dann nahm er innerlich einen Anlauf. »Es widerstrebte mir bisher, von Ihren Möglichkeiten Gebrauch zu machen, Mr. Ellert. Gestatten Sie mir eine Frage: Sie weilten schon mehr als einmal mit Ihrem Geist in der Zukunft – übrigens: die Tatsache, daß Sie Ihren Körper verlassen und wieder aufsuchen können, stellt Sie auf die gleiche Stufe mit den IVs –, ja, Sie sind ihnen sogar überlegen, denn Ihr Geist ist nicht an die Gegenwart gefesselt. Verstehen Sie nun, warum ich Sie gegen die IVs einsetze? Wenn es einen Menschen gibt, der eine wirkliche Gefahr für sie darstellt, dann sind Sie das! Doch nun zu meiner ursprünglichen Frage: Sie weilten oft in der Zukunft, Ellert. Haben Sie dort jemals Anzeichen dafür gefunden, daß die Dritte Macht existiert? Werden wir den Kampf gegen die Invasoren erfolgreich beenden?«
Über Ellerts Gesicht huschte ein Schatten.
»Ich muß Sie enttäuschen – nein, nicht wie Sie meinen. Die Zukunft ist nicht konkret. Es führen viele Wege in die Zukunft – oder besser gesagt: Es gibt nicht nur eine Zukunft. Die Gegenwart ist real, hervorgegangen aus der festliegenden Vergangenheit. Die Zukunft aber ist unreal und nicht gewiß. Das kleinste Geschehen der Gegenwart kann sie verändern.
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