Silberband 003 - Der Unsterbliche
waren sie um die
Gangbiegung gekommen und sahen zehn Meter vor sich den Metallkoloß. Der Roboter rollte langsam
und mit rhythmischem Stampfen auf sie zu.
»Los!« flüsterte Rhodan. Er hielt sich hinter Betty, um sie nicht abzulenken.
Das Mädchen hatte alle Mühe, die plötzlich in ihr aufsteigende Panik zu unterdrücken. Nur
einmal in ihrem Leben hatte sie ihre Fähigkeiten im Ernstfall unter Beweis stellen müssen, als
sie ihren von fremden Wesen übernommenen Vater erschossen hatte.
Mit Gewalt schaltete Betty alle Gedanken ab und konzentrierte sich auf das Ziel.
Rhodan hatte nicht gesehen, wie schwer es Anne Sloane gefallen war, den Roboter aufzuheben. Er
hatte nur den Erfolg erlebt. Trotzdem staunte er über die Sicherheit, mit der Betty nun
arbeitete, als sie den ersten Schock überwunden hatte.
Der viele Tonnen schwere Roboter war mit einem abrupten Ruck stehengeblieben. Die
hellerleuchteten Augen schienen intensiver zu strahlen. Vergeblich stemmte er sich gegen das
unsichtbare Hindernis der telekinetischen Energiemauer. Die Räder drehten langsamer und hielten
dann an.
Als habe er sein Gewicht von einer Sekunde zur anderen verloren, stieg der Koloß in die Höhe,
bis die Antennen seines Kopfes gegen die Decke stießen. Betty ließ ihn für Sekunden dort hängen,
als mache es ihr Spaß, mit ihren Kräften zu spielen. Dann gab sie ihn frei.
In das Zerbersten des wuchtigen Metallkörpers drang ein vielstimmiger Schrei.
Rhodan fuhr verwirrt herum. Er hörte Bullys schrilles Rufen, dazwischen Marshalls Stimme.
Crest sagte einige Worte, die nicht zu verstehen waren.
Rhodan begriff sofort, daß etwas Ungewöhnliches geschehen sein mußte. Von hier aus war das
nicht zu sehen, denn die Gangbiegung war dazwischen. Er faßte Betty am Arm und zog sie mit sich.
Es dauerte einige Sekunden, bis der Geist des Mädchens in die Gegenwart zurückgekehrt war.
Als Rhodan um die Biegung des Ganges bog, blieb er so ruckartig stehen, daß Betty gegen ihn
rannte.
Mit einem Blick erkannte er die Ursache für die Verwirrung seiner Begleiter.
Der Materietransmitter, mit dem sie gekommen waren und der ihre einzige Verbindung zur
Außenwelt darstellte, war verschwunden.
15.
Zum erstenmal in seinem Leben erfuhr Rhodan, was Mutlosigkeit bedeutete. Ohne den
Materietransmitter war der Rückweg abgeschnitten. Es gab für sie keine Möglichkeit mehr, dem
Labyrinth der geheimnisvollen Maschinerie zu entfliehen, in das sie geraten waren. Die Suche nach
dem ewigen Leben endete mit dem Tod.
Aber diese Anwandlung völliger Mutlosigkeit dauerte nur wenige Sekunden. Rhodans Verstand
begann wieder zu arbeiten. Das Positronengehirn konnte sich nicht so geirrt haben. Die
Unsterblichen, die das Rätsel ausgedacht hatten, konnten niemals gewollt haben, daß jene, die es
lösen sollten, elend umkamen.
Wo aber lag die nächste Aufgabe, die der Lösung harrte?
Tausend gab es, so besagte die Schriftbotschaft. Welche war die richtige, die
entscheidende?
Rhodan wußte plötzlich, daß das Verschwinden des Transmitters nicht viel zu besagen hatte. Sie
durften sich auf keinen Fall verwirren lassen. Verwirrung zu vermeiden, gehörte ebenfalls zu den
vor ihnen liegenden Aufgaben. Es war nicht gesagt, daß sie alle gelöst werden mußten, wenn sie
die richtige zuerst fanden.
»Was nun?« fragte Crest mit erstaunlicher Ruhe. »Ist das das Ende?«
»Es ist der Beginn«, gab Rhodan zurück. Innerlich hoffte er, keinem Irrtum zu unterliegen.
»Wir müssen weitersuchen.«
»Nun hilft uns der Roboter auch nicht weiter«, gab Bully zu bedenken. »Einen nicht mehr
vorhandenen Transmitter kann auch er nicht reparieren.«
»Irgendwo ist eine andere Möglichkeit zur Rückkehr verborgen«, meinte Rhodan.
»Wenn wir wenigstens wüßten, wo wir sind«, beschwerte sich Bully. »Sind wir im Innern von
Ferrol? Auf einem anderen Planeten? Noch im System der Wega? Die Transmission kann uns bis ans
Ende des Universums geschleudert haben.«
»Allerdings«, gab Rhodan zu. »Wir können überall und nirgends sein. Ob auf Ferrol oder tausend
Lichtjahre entfernt, der Weg zurück führt nur über einen Materietransmitter. Also müssen wir
einen finden, wenn der alte nicht wieder auftaucht.«
Zum erstenmal mischte sich Betty in das Gespräch.
»Der Transmitter verschwand genau in dem Augenblick, als der zweite Roboter zerstört
wurde.«
Rhodan sah sie verwundert an. Hinter seiner Stirn arbeitete es. Er lächelte. »Natürlich, das
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