Silberband 009 - Das rote Universum
gegenüber. »Nun dauert es nicht mehr lange, Barbar.«
»Vier Stunden können unter Umständen eine lange Zeit sein. Ich bin froh, etwas Ruhe zu
finden«, gab Rhodan zu. »Die vergangenen Stunden und Tage waren anstrengend genug. Ich weiß
nicht, ob die Zukunft weniger hektisch sein wird.«
»Kaum«, stimmte Atlan ihm bei. Er sah zu Bully hinüber, der gerade damit begann, Guckys
Nackenfell zu kraulen.
Bully sah kaum auf. »Ob Ellert sich noch einmal meldet?«
»Gewiß wird er das tun, aber erst wenige Minuten vor dem Angriff – oder erst während der
Aktion. Das kommt darauf an, welche Gelegenheit er dazu hat«, erwiderte Atlan.
Rhodan schwieg und sah zu Harno empor.
Warum fragst du nicht, Rhodan?
Der Gedankenimpuls war in allen Gehirnen und wurde von jedem verstanden.
Rhodan wirkte für eine Sekunde etwas verlegen, als er sich ertappt sah, aber dann lächelte er
heiter und schüttelte den Kopf. »Du solltest nicht so viel spionieren, Harno. Du weißt, was ich
dich fragen wollte – nicht erst heute. Antworte, wenn du willst.«
Du willst wissen, ob ich mehr kann, als nur Bilder herbeizuholen. Natürlich kann
ich mehr, Rhodan, aber manchmal darf ich nicht. Es gibt Dinge, die mir verboten sind.
Rhodan spürte, daß ihr Gespräch sich in mystische Bahnen zu bewegen begann. Dazu war jetzt
keine Zeit.
»Lassen wir das«, sagte er bestimmt. »Harno wird sprechen, wenn er es für richtig hält.«
Gucky räusperte sich und meinte mit eigenartiger Betonung: »Ihr seht, es kommt niemals auf die
Größe der körperlichen Gestalt an, sondern nur auf das, was in einem steckt. Bully ist körperlich
groß, ich bin äußerlich klein. Die logische Folgerung wäre …«
In ihren Gehirnen kicherte Harno belustigt.
Chefphysiker Onot fühlte sich seit einiger Zeit nicht wohl. Vor drei oder vier
Monaten etwa hatte es begonnen. Zuerst waren es nur Kopfschmerzen gewesen, auf die er kaum
geachtet hatte, dann verlor er ab und zu das Bewußtsein.
Onot hatte sich gehütet, den Ehrwürdigen vom Rat der Sechsundsechzig von seinen Beobachtungen
Mitteilung zu machen, ganz davon abgesehen, daß sich in seinem Innern etwas dagegen sträubte,
jemand zum Mitwisser seiner Krankheit werden zu lassen.
War es überhaupt eine Krankheit?
Jedenfalls gab es Begleiterscheinungen, die Onot zu denken gaben.
Oft, wenn er allein in seinem Labor weilte und mit seinen geheimnisvollen Zeitexperimenten
beschäftigt war, konnte er sich des Gefühls nicht erwehren, plötzlich nicht mehr allein zu sein.
Er ahnte, daß er von jemand belauscht wurde. Von jemand, der unsichtbar in seiner Nähe weilte und
der einen unvorstellbaren Einfluß auf sein Denken ausübte.
Er glaubte, daß es etwas mit seinen Experimenten zu tun hatte. Immerhin beschäftigte er sich
mit dem Problem der Zeit, und er hätte sich nicht gewundert, eines Tages Wesen oder Gegenständen
aus Vergangenheit oder Zukunft zu begegnen.
Onot war nüchterner Wissenschaftler. Er konnte es sich nicht erlauben, Hirngespinsten Glauben
zu schenken. Er war nicht krank. Er durfte nicht krank sein.
Onot weilte in seinem Labor. Draußen, so wußte er, trat die Lage in ein kritisches Stadium.
Der von ihm schon lange vorausgesagte Riß im Universum war Tatsache geworden und damit der
Zutritt zur anderen Zeitebene für längere Zeit gesichert. Die Angleichung war fortgeschritten,
aber niemand konnte wissen, wie lange dieser Zustand anhielt.
Gleichzeitig tauchte eine Gefahr auf. Genauso, wie die Druuf nach außen gehen konnten, konnten
die Bewohner des fremden Universums auch in das Reich der Druuf eindringen. Und genau das war
geschehen.
Onot lächelte spöttisch. Es hätte keinen besseren Zeitpunkt dafür geben können. Seine
Erfindung war fertig und ausprobiert. Unter Umständen konnte er sie in eine Waffe verwandeln, mit
der sich ganze Milchstraßen erobern ließen. Außerdem war die Robotflotte der Druuf stark genug,
jeden Gegner abzuwehren.
In diesem Augenblick, so wußte er, sammelten sich die schweren Schlachtschiffe, um die
Blockadeflotte vor dem Riß anzugreifen. Hier auf Druufon stand alles bereit, durchbrechende
Einheiten gebührend zu empfangen.
Er lächelte noch immer, als er zum letztenmal den Generator einschaltete, um das Zeitfeld zu
aktivieren. Rein äußerlich geschah nichts, als die Energie durch die komplizierte Apparatur floß
und vom Deckenschirm abgestrahlt wurde. Nur ein Teil des Saales geriet unter den Einfluß des
Zeitfelds.
Er war
Weitere Kostenlose Bücher