Silberband 019 - Das Zweite Imperium
Schreckwürmern.
Neev ging zuerst der Atem aus. Leydens schallendes Gelächter hielt noch Sekunden an, dann ging
es in breites Schmunzeln über.
Ihr Versuch hatte jetzt schon Erfolg. Die Phalanx der Schreckwürmer erstarrte.
Leyden setzte sich auf den kleinen Konverter. Er wußte nicht, ob die Schreckwürmer in der Lage
waren, aus seiner Haltung auf seine Einstellung zu schließen. Aber da sie das Lachen verstanden
hatten, war anzunehmen, daß sie Leydens lässige Haltung als Ausdruck der Sicherheit werteten.
Vom Konverter aus rief er: »Ooff, warum sollen wir noch länger warten? Ich sehe keinen Grund
dazu, auch wenn du noch näher herankommst. Vor allen Dingen, was ist aus unserem Freund
geworden?«
Sofort kam Ooffs Antwort: »Wir prüfen an ihm, ob wir deinen Worten glauben können,
Leyden.«
Der junge Wissenschaftler reagierte scharf. »Woraus besteht diese Prüfung, Ooff? Wird dadurch
das Ego unseres Freundes freigegeben?«
»Das droht ihm noch nicht, Leyden. Wir überprüfen seinen Geistesinhalt. Er hat es uns
leichtgemacht, weil er vorher gegessen hat. Leyden, warum ist er dein Freund?«
Neev zuckte bei dieser Frage zusammen. War sie nicht das erste Anzeichen, daß die feindliche
Einstellung der Schreckwürmer langsam abgebaut wurde?
Aber wenige Momente später flammte den Männern aus einigen hundert Schreckwurmaugen der pure
Haß entgegen.
Ooff war der Sprecher einer ganzen Rasse. Keine fünf Meter trennten die beiden Männer von dem
alten Schreckwurm, der in seine Gedankenimpulse auch seinen ganzen Haß hineingelegt hatte.
»Leyden, du bist der unerbittlichste Feind unserer Rasse.«
Tyll Leyden hatte die Befürchtung gehabt, daß die Schreckwürmer zu diesem Urteil kommen
konnten.
Das Leben der beiden Terraner war noch nie so gefährdet gewesen wie in diesem Augenblick.
»Ooff, ich bin euer Freund. Ich bin gekommen, um euch die Freundschaft meiner Rasse zu
bringen. Sondiert den Geistesinhalt unseres Freundes, der zu deiner Rasse gehört. Ihr müßt
entdecken, daß ich die Wahrheit gesagt habe. Ihr müßt herausfinden, daß ich mehr über euch und
eure Entstehung weiß als ihr selbst.«
Tyll Leyden verstand nicht, woher er diese Sicherheit und Ruhe genommen hatte, um diese
Erwiderung auch überzeugend auszusprechen. Er wußte nur, daß jetzt ein einziges falsches Wort
Neev und ihn das Leben kosten konnte.
Er sah sich von haßfunkelnden großen Augen umgeben. Er entdeckte aber auch, daß der Haß in
Ooffs Augen an Stärke verloren hatte.
»Leyden …« Der Übersetzer verstummte.
Was ist jetzt schon wieder geschehen? fragten sich beide Männer alarmiert. Ihr Blick
galt nur dem alten Schreckwurm Ooff. Der hatte die Augen geschlossen. Langsam öffnete er sie nach
einer Weile wieder.
Verzweiflung sprang die beiden Wissenschaftler an, Verzweiflung, die mit Trauer vermischt
war.
Leyden wehrte sich gegen diese Gefühle. »Ooff, ich verstehe dich nicht. Erkläre mir, was eure
Verzweiflung zu bedeuten hat.«
Stärker als je zuvor rauschte es im Symboltransformer. Dann kam Ooffs Antwort. »Leyden, du
hast unsere Zukunft vernichtet.«
Der junge Physiker und Astronom verstand das Schreckwurmwesen. Ooff spielte auf die
Vernichtung der in Herkules metamorphierenden Molkexmasse an. Aber Leyden verstand die Anspielung
nicht vollständig.
»Leyden, du bist, ohne es zu wissen, zum Vernichter unserer Zukunft geworden. Du nennst deinen
Freund aus unserer Rasse Peterle. Bleiben wir dabei, solange wir noch miteinander reden. Es
verhindert Irrtümer. Es bleibt uns nur unverständlich, wie ihr Menschen es fertiggebracht habt,
Peterle Freundschaft vorzugaukeln.«
In diesem Augenblick begriff Leyden alles. Er erkannte auch, wie völlig anders als bei den
Menschen die Denkprozesse bei den Schreckwürmern abliefen.
Die Schreckwürmer mußten die Zerstörung von Herkules und seiner Molkexmasse anders sehen als
die Menschen.
Tyll Leyden versuchte jetzt, Ooff das Suprahet zu erklären und in welchem Zusammenhang das
Molkex dazu stand. Leyden brauchte keine Kraft, um seine Gedanken in Worte zu fassen. Er sprach
wie ein Mensch, der sein eigenes Ich preisgibt.
»Wir haben dich verstanden, Leyden«, sagte Ooff. »Wir sehen ein, daß es sinnlos ist, Neev und
dich zu töten. Wir begreifen auch, warum uns vor Wochen ein heftiger Impuls erreichte, um dann
schlagartig abzubrechen. Es endete mit der Zerstörung von Herkules. Die Vernichtung des Suprahet
hat uns das Tor in unsere Zukunft
Weitere Kostenlose Bücher