Silberband 023 - Die Maahks
tödliche Krankheit, die
man Zentrumspest nannte, würde dennoch zuschlagen, vielleicht sogar schon, bevor die äußeren
Wunden abgeheilt waren.
»Nun, wie fühlen wir uns?« fragte Dr. Rabonew routinemäßig. Er verfluchte sich selbst
innerlich, daß er keine anderen Worte fand. Zu gerne hätte er Son-Hao und die anderen nach dem
Stadium der Zentrumspest gefragt. Aber er wußte, daß er darauf keine Antwort erhalten würde. In
dem Moment, wo er die Frage stellen würde, würde die Psychoblockade wirksam werden und sie die
Krankheit vergessen lassen.
An Bord der ANDROTEST gab es auch keine Geräte, die in der Lage gewesen wären, diese Krankheit
nachzuweisen oder deren Verlauf zu diagnostizieren. Soviel er wußte, gab es derartige
Spezialgeräte nur auf ASTO IV.
Son-Hao war die Verlegenheit Dr. Rabonews nicht entgangen. Wie bei allen, die etwas zu
verbergen haben, steigerte sich das Mißtrauen gegen seine Umgebung zeitweise in Hysterie. Aus
jedem Blick, jeder Bewegung, jeder Veränderung in der Miene eines anderen glaubte er einen
unausgesprochenen Verdacht gegen sich herauszulesen.
»Ich habe keine Schmerzen«, sagte er langsam, jedes Wort abwägend. »Nur sehr schwach fühle ich
mich noch.«
Dr. Rabonew nickte.
»Das kann ich mir vorstellen. Sie haben furchtbare Strapazen hinter sich. Aber gutes Essen und
genügend Schlaf werden die Folgen Ihres Einsatzes sehr schnell beheben.« Er erhob sich. »Ich
wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin gute Besserung.«
»Vielen Dank«, erwiderte Son-Hao.
Er atmete auf, als der Chefarzt den Raum verlassen hatte. Eine Weile blieb er noch ruhig
liegen, dann stieg er vorsichtig aus seinem Bett und schlich auf Zehenspitzen zu dem Plasmatank
hinüber, in dem Halgor Sörlund lag.
»Hallo, Halgor! Kannst du mich verstehen?« flüsterte er.
Die Maske über Sörlunds Gesicht bewegte sich ein wenig.
»Idiot!« schnarrte es aus dem Lautsprecher. »Wer weiß, wer alles zuhört!«
Son-Hao lachte leise.
»Niemand – Halgor. Ich habe vor der Visite das Zimmer genau untersucht. Wenn es
Mikrospione gäbe, wären sie mir nicht entgangen. Ich habe schließlich vor unserem Einsatz eine
Geheimdienst-Schulung erhalten, genau wie ihr auch.«
»Na schön! Wahrscheinlich habe ich geschlafen, während du das Zimmer inspiziertest. Jedenfalls
habe ich nichts davon gemerkt. Was willst du?«
»Was meinst du, ob Kotranow es wagt, in den Horror-Transmitter zu fliegen?«
Krächzendes Lachen kam aus dem Lautsprecher.
»Er weiß genau, daß er keine andere Möglichkeit hat, jemals wieder nach Hause zu kommen. Er
muß es einfach wagen.«
»Ich habe Angst«, gestand Son-Hao.
»Angst? Wovor?«
Son-Hao fröstelte plötzlich, obwohl im Krankenzimmer eine Temperatur von 25 Grad Celsius
herrschte.
»Bald werden wir im Twin-System ankommen, Halgor. Meinst du wirklich, Mercant schöpft keinen
Verdacht?«
Von Sergeant Heghas Bett her kam spöttisches Lachen.
»Von mir aus kann Mercant uns zerlegen und wieder zusammensetzen«, sagte der Robotiker. »Er
wird alles genauso finden, wie es vor unserem Einsatz war. Die Mutanten brauchen wir ebenfalls
nicht zu fürchten. Mercant selbst hat sich durch seinen Befehl, uns mittels Gehirnoperationen
gegen parapsychische Beeinflussung immun zu machen, diesen Weg versperrt. Kein Telepath kann
unsere Gedanken lesen.«
»Das meine ich auch nicht«, erwiderte Son-Hao. »Aber habt ihr nicht auch den Eindruck gehabt,
daß Rabonew an etwas ganz Bestimmtes dachte, als er mich nach meinem Befinden fragte?«
»Das stimmt«, gab Hegha zu. »Er betrachtete mich, als er glaubte, ich merkte es nicht, einmal
ganz mitleidig, als wollte er sagen: Du machst es auch nicht mehr lange, armer Junge. Dabei bin
ich nicht ernstlich verletzt. Ich kann meine Füße schon wieder bewegen.«
Son-Hao schüttelte sich. Er fuhr mit dem Handrücken über seine Stirn und betrachtete danach
angelegentlich den abgewischten Schweiß.
»Du bist ein Angsthase, Kleiner!« spöttelte Hegha. Doch seine Stimme klang längst nicht so
sicher wie sonst.
Son-Hao kroch seufzend in sein Bett zurück.
»Dauernd schleppe ich ein ganz eigenartiges Gefühl mit mir herum«, meinte er. »Ich sage euch,
etwas ist schiefgegangen mit dem Duplikator.«
»Unke!« schalt ihn Hegha gereizt. Er lauschte dem plötzlichen Anschwellen der
Triebwerksgeräusche. »Gleich ist es soweit. Laß dir bloß nichts von deiner Angst anmerken,
Kleiner. Wenn wir noch einmal sterben, wird es endgültig
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