Silberband 026 - Kontrollstation Modul
stark und deutlich, daß auch Rhodan sie verstand. Es war, als
spräche die Kugel laut zu ihnen.
»Es mußte so sein – aber ihr habt mich gefunden. Eine Epoche ist
abgeschlossen – mit dem unbedeutend erscheinenden Ereignis, daß ihr diese Welt als
Stützpunkt wähltet.«
»Das hat uns vor wenigen Tagen schon einmal jemand gesagt.«
»Ich weiß, Gucky, ich weiß. Deshalb bin ich hier. Ich erwartete euch. Es ist mir
vergönnt, euch zu helfen – wenn auch nur für kurze Zeit und in sehr beschränktem Umfang. Ihr
sollt wissen, daß ich noch existiere und für euch da bin.«
»Wo warst du in all diesen Jahrhunderten?«
Eine Welle des Erstaunens flutete über Rhodan und Gucky dahin, dann sagte Harno:
»Jahrhunderte Erdzeit? Ich wußte nicht, daß ich so lange fort war. Der Begriff
der Zeit hat für mich eine andere Bedeutung, denn ich bestehe zum größten Teil daraus. Und wo ich
war? Ich war am Ende der Zeit, dort, wo es keine Zukunft mehr gibt. Dort, wo man nur
zurückblicken kann, aber nicht mehr nach vorn. Dort, wo die Zeit stillsteht. Für immer.«
Rhodan setzte sich auf einen runden Felsblock, keinen Meter von der Mulde entfernt. Er spürte,
wie eine wohltuende Ruhe von ihm Besitz ergriff.
»Du sagst, die Zeit stünde still. Ist sie es denn, die sich fortbewegt – oder
wandern wir durch die Zeit?«
» Alles bewegt sich«, gab Harno bereitwillig Auskunft. »Ihr bewegt euch, die Zeit
bewegt sich – das alles ist im Fluß. Aber einmal wird alles stillstehen. Die Zeit, die
Sterne, die Lebewesen. Es ist dann so, als sei alles eingefroren – das ganze Universum mit
seinen Dimensionen. Es ist der Augenblick der letzten Erkenntnis. Aber wer wird noch da sein und
zurückschauen können?«
»Ja, wer?«
Harno gab darauf keine Antwort.
Gucky streichelte die Kugel. »Ich bin froh, daß du gekommen bist, Harno. Ich habe dich
vermißt.«
»Ich dich auch, mein kleiner Freund. Gab es Situationen, in denen du mich
gebraucht hättest? Es gibt Gesetze, denen ich mich beugen muß.«
»Wir wissen das«, sagte Rhodan, »und wir respektieren es. Um so dankbarer sind wir, daß du nun
kamst.«
»Auch das hast du denselben Gesetzen zu verdanken«, eröffnete ihm Harno trocken.
Gucky stand auf.
»Kommst du mit zu unserem Schiff?«
»Nein, ich bleibe hier. Es dauert ja nicht lange, bis euer Schiff am Fuß der
Berge landet. Dann stehe ich euch zur Verfügung. Ich darf euch behilflich sein, in gewissen
Grenzen.«
Rhodan blieb auf seinem Stein sitzen.
»Gucky, teleportiere zum Schiff und unterrichte Captain Thomas. Sorge dafür, daß die KC-38 so
schnell wie möglich startet, und bringe sie hierher. Landet unten im Tal, unmittelbar bei den
Höhlen. Ich warte hier auf dich.«
Es schien, als sei Gucky mit dieser Entscheidung nicht ganz einverstanden, aber schließlich
nickte er und entmaterialisierte.
Rhodan sah zu Harno.
»Warum ist Gleam so wichtig?« fragte er.
Ein telepathisches Lachen war die erste Antwort. Dann meinte Harno:
»Es ist vielleicht nicht einmal Gleam selbst. Aber der Entschluß, ausgerechnet
auf dieser Welt einen Stützpunkt zu errichten, ist wichtig. Er beweist, daß die Terraner nichts
an Wagemut und Entschlußkraft verloren haben. Darum wird euch geholfen – nur darum!«
»Und – wer entscheidet das?«
Harno sagte:
»Ihr selbst.«
»Wir selbst? Du meinst das symbolisch, nicht wahr? Von unserem Verhalten hängt es ab, welche
Entscheidung – von wem auch immer – getroffen wird.«
»Nein, ich meine es nicht so sehr symbolisch. Ihr selbst entscheidet, was
geschieht, ob ich helfen darf oder soll, wo und wann ich bin. Ihr seid am Anfang der Linie, aber
ihr steht auch an ihrem Ende. Was dazwischen liegt, nennt ihr Entwicklung, Fortschritt –
oder auch einfach nur Zeit.«
So ähnlich, entsann sich Rhodan, hatte auch einmal ES gesprochen.
Ein jäher, verrückter Gedanke durchzuckte Rhodan.
Waren Harno und der Unsterbliche eins?
Harno hatte den Gedanken Rhodans längst erfaßt. Er sagte:
»Du und ich, Perry Rhodan, sind vielleicht genauso viel oder genauso wenig
miteinander verwandt, wie ich mit ES verwandt bin. Du wirst die Wahrheit eines Tages erfahren.
Vergiß nicht, daß ich am Ende der Zeit war. Ich sah zurück. Was geschah und was geschehen wird,
kann mir nicht verborgen sein. Alles ist wie ein Kreis, dessen beide Enden noch nicht geschlossen
sind. Alles existiert, diesen Kreis zu schließen – auch du.«
Wieder die Ähnlichkeit mit den
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