Silberband 037 - Arsenal der Giganten
Khons Dolan landete auf einer der Riesenplattformen, die unter dem
Mammutgebilde des Roboters OLD MAN in den Raum hinausragten. Eine vollautomatische
Abfertigungsanlage übernahm das Fahrzeug, transportierte es ins Innere der Plattform.
Von alledem nahm Tro Khon kaum etwas wahr. Sein Bewußtsein war gelähmt. Nach langen
Jahrhunderten, in denen sich in ihm die grenzenlose Überlegenheit seiner Art über alle anderen
Arten des Kosmos immer wieder in überzeugender Weise manifestiert hatte, war ihm an diesem Tag
zum erstenmal vor Augen geführt worden, daß es Wesen gab, an denen die märchenhafte Technik,
deren Herr er war, zunichte wurde.
Die Erkenntnis überstieg sein Fassungsvermögen. Er würde ganz bestimmt Tage dazu brauchen, um
zu begreifen, was ihm geschehen war.
Einstweilen war es ein einziges Gefühl, das sein Bewußtsein souverän beherrschte.
Panik!
In der Hangarschleuse der COLOMBO schwiegen die elektronischen Schneidbrenner. Auf
dem Boden der Schleusenkammer lag der gigantische Körper des Zweitkonditionierten, noch immer in
der kristallinen Phase, die er angenommen hatte, um die Unbilden des Transports sicher zu
überstehen. Um ihn herum standen Reginald Bull und Abel Waringer – und drei von den Männern,
deren todesverachtender Tapferkeit es zu verdanken war, daß der Gefangene sich in Sicherheit
befand: Redhorse, Eisner und Vincent.
Der Zweitkonditionierte war bei Bewußtsein. Seine drei großen Augen glühten in tückischem
Rot.
»Fünf Solar für das, was er sich im Augenblick denkt!« amüsierte sich Waringer.
Reginald Bull streckte die Hand aus.
»Reichen Sie das Geld 'rüber«, lachte er. »Ich kann's Ihnen sagen. Er ist so wütend, daß er an
seiner eigenen Wut fast erstickt.«
Don Redhorse starrte den Gefangenen finster an.
»Er hätte guten Grund, Ihnen dankbar zu sein«, meinte er. »Schließlich retteten Sie ihn vor
dem Tod, den seine eigenen Kollegen ihm zugedacht hatten.«
Waringer lächelte freundlich.
»Von unserem Standpunkt aus haben Sie natürlich recht, Mr. Redhorse. Aber manchmal gewinne ich
den Eindruck, daß die Mentalität fremder Wesen von der unseren auf merkwürdige Weise verschieden
ist.«
Redhorse wandte sich an Reginald Bull.
»Was wird mit ihm geschehen, Sir?«
»Wir haben die ursprüngliche Absicht, den Schwingungswächter nach Terra zu bringen,
kurzfristig geändert, da es uns zu riskant war, einen derart gefährlichen Gegner auf der
dichtbesiedelten Erde selbst unterzubringen. Wir werden ihn nach Luna bringen und im dortigen
Hauptquartier der Solaren Abwehr sicher verwahren, wo sich die Fachleute um ihn kümmern
werden.«
Er sah Redhorse durchdringend an, und Redhorse begriff, daß er zumindest im Augenblick nicht
mehr über die Angelegenheit erfahren würde.
13.
Es gibt eine sichere Methode, die Gefährlichkeit eines Gefangenen richtig
einzuschätzen: Man betrachtet sich die Konstruktion des Gefängnisses.
Gemessen an seinem Gefängnis, war Schwingungswächter Aser Kin der gefährlichste Gefangene, den
die Menschheit jemals gemacht hatte.
Aser Kin war in einer Spezialzelle der Solaren Abwehr auf dem Mond eingesperrt. Der
rechteckige Raum besaß drei Meter dicke Terkonitstahlwände. Er war acht Meter lang, vier Meter
breit und fünf Meter hoch.
Nachdem man Aser Kin durch die runde Panzerschleuse in diesen Raum geschoben hatte, war er von
den schweren Terkonitstahlbändern befreit worden, die ihm seine oxtornischen Bezwinger angelegt
hatten. Um jedes Risiko zu vermeiden, hatten die Spezialisten der Abwehr dem Zeitpolizisten auch
die Reste des Kampfanzugs und sämtliche Geräte abgenommen. Eine zusätzliche Sicherheit bildeten
starke Fesselfelder, die die Zelle abschirmten. Alle Versuche Aser Kins, durch eine
Strukturverwandlung seines Zellgewebes aus der Zelle auszubrechen, waren gescheitert. Der Gigant
wurde ununterbrochen über Fernsehlinsen mit Weitwinkelobjektiven beobachtet, die tief in den
unzerstörbaren Stahl eingebettet lagen.
Der Zweitkonditionierte reagierte auf keine Verständigungsversuche. Das einzige, was man von
ihm bisher erfahren konnte, war sein Name: Aser Kin. Es handelte sich demnach um denselben
Schwingungswächter, mit dem Gucky und Ras Tschubai in der Großen Magellanschen Wolke Kontakt
hatten, als es ihnen gelang, in seinen Dolan einzudringen, während sich dieser im Anflug auf OLD
MAN befand.
Inzwischen waren fast zwei Wochen vergangen, ohne daß sich Aser Kins Verhalten irgendwie
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