Silberband 042 - Das Zeitkommando
wieder gefangen. Das riesige Wesen wankte langsam bis zur Säule vor ihm, stützte sich mit drei Armen ab und streckte einen Handlungsarm aus. Die Finger zitterten wie im Fieber. Aus dem Rachen des Riesen kam ein dumpfes Grollen, es klang wie das Stöhnen eines verletzten Ungeheuers. Dann klappten die Finger ein Fach auf, drückten dort einen Knopf, und die beiden Türflügel schwangen majestätisch, indes ohne jedes noch so kleinste Geräusch, nach innen. Dahinter brannte ein fahles, stechendes Licht von gletschergrüner Farbe.
»Ich spreche aus«, schrie Tolot und torkelte zurück. Terraner sprangen zur Seite, eine Verwirrung entstand sekundenlang. Dann hatten sich die Männer wieder gefangen. »Ich sage, was mein Planhirn übermittelt. Quer durch diesen Vorraum läuft … eine unsichtbare Grenze. Sie ist für mich gefährlich … ich kenne dies.«
Jetzt befand sich Icho Tolot dicht vor dem Ausgang der kleinen Halle. Er war weit genug von der Barriere entfernt.
»Stimmt das, Lloyd und Kakuta?«
Die Mutanten stimmten zu.
»Parapsychische Schwingungen. Für uns außergewöhnlich schwach spürbar, aber für den Haluter müssen sie eine wahre Hölle sein.«
»Was bedeutet die Grenze für Sie?« fragte Bontainer.
Die anderen Männer beobachteten atemlos und unsicher die beiden Partner dieses Fragespiels. Der Haluter schien noch immer stark angeschlagen, aber er erholte sich schnell.
»Ich kann sie nicht überschreiten, weil ich es nicht darf. Das, was dahinter liegt, ist tabu.«
»Was liegt dahinter?«
Bontainer deutete nach links.
»Ich weiß es nicht. Dort ist wahrscheinlich der Raum der Unberührbarkeit, von dem Waxo Khana sprach. Khanatos … er will nicht, daß ich Halut verrate, er will das Geheimnis …«
Der Rest des Satzes verlor sich in undeutlichem Murmeln.
Bontainer schrie jetzt, um nicht mehr miterleben zu müssen, wie Tolot sinnlose Auskünfte gab. Er versuchte, den Haluter in Bann zu halten, ihn zu zwingen, weiterzumachen.
»Sie haben einen starken Schuldkomplex, Tolot?«
»Ja. Und je mehr ich mich der Barriere nähere, um so stärker wird er. Ich kann es jenseits dieser unsichtbaren Wand nicht aushalten, das haben Sie miterlebt.«
»Könnten Sie jetzt gegen jemanden kämpfen?«
Der Haluter brüllte kurz auf, dann brach er zusammen. Es war, als würde selbst der gewachsene Fels beben. Die Stirn des Haluters berührte den kalten Boden, und die Augen waren geschlossen. Der Oberkörper vollführte, vom Willen losgelöst, sinnlose Bewegungen. Es wirkte, als bete Icho Tolot einen unsichtbaren Götzen an.
»Erlischt Ihr Kampfgeist?« schrie Bontainer.
»Ja. Ich bin unwürdig und unfähig, zu kämpfen. Ich bin ein Verräter, und die Schuld meines Volkes erdrückt mich.«
Die langen Handlungsarme lagen neben den Sprungarmen flach auf dem Boden, und die Stirn des Giganten stieß immer wieder, in einer monotonen Bewegung, gegen das harte Material. Die Terraner versammelten sich um Tolot, aber sie konnten ihm nicht helfen.
»Aktivieren Sie Ihr Planhirn!« schrie Bontainer. »Können Sie mich noch verstehen, Tolot?«
»Ja«, sagte der Haluter dumpf.
»Sie werden sich jetzt langsam zurückziehen, bis Sie in dem Bereich des grünen Parks sind. Einer der Männer bleibt hier und wird versuchen, Ihnen zu helfen. Sie werden sich dank Ihrer Konstitution rasch erholen. Stonewall!«
Der schlanke SolAb-Mann trat vor und blieb einen Meter neben Bontainer stehen.
»Sir«, erkundigte er sich leise, »was haben Sie vor?«
Bontainer wies durch den offenen Eingang.
»Wir dringen dort ein. Wir versuchen, die Quelle der parapsychischen Strahlung festzustellen und deren Natur. Sie bleiben bitte bei Tolot. Sie werden beruhigend auf ihn einreden, aber auf keinen Fall, gegen wen auch immer, die Waffe einsetzen. Klar?«
Stonewalls Augen verengten sich, dann nickte er gleichmütig.
»Selbstverständlich.«
»Gut. Gehen Sie zu ihm, bitte!«
Bontainer winkte und sagte:
»Wir sehen nach. Schalten Sie bitte ein, was Sie haben – ich habe das Gefühl, als würden wir einiges erleben. Sengu … sehen Sie um uns etwas Gefährliches?«
Der Späher schüttelte den Kopf.
»Nein.«
Als die Terraner die ebenfalls unsichtbare Grenzlinie überschritten, die sich zwischen den verborgenen Angeln der Kupfertore befand, unterbrachen sie einen Kontakt und lösten eine Schaltung aus, die schlagartig das Museum in Tätigkeit setzte.
»Eine Stätte des Wahnsinns!« flüsterte John Sanda entsetzt.
»Ein Museum des
Weitere Kostenlose Bücher
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Online Lesen
von
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt