Silberband 055 - Der Schwarm
kleine Schiff voller betäubter Männer.
Auch die GIORDANO BRUNO JUNIOR war bereits herangezogen. Sie befand sich im energetischen Schlepptau der BARRACUDA, und etwa fünfzig Meter von Lerincks Schiff entfernt, ›oberhalb‹ der Kette aus Schiffen, schwebte der gefesselte Manipulator. Sein Rochenschwanz berührte fast die Bordwand.
»Pontonac an alle«, sagte Edmond und drehte sich etwas, nachdem er den Antrieb abgestellt hatte. »Ich habe den Manipulator verlassen und befinde mich im Anflug auf die Schleuse meines Schiffes!«
Leppa sagte: »Endlich. Wir warten auf Sie!«
»Und auf mich warten meine Männer. Sie dürften aus der Narkose erwacht sein.«
»Bleiben Sie in Funkverbindung.«
»Natürlich«, sagte er. Jetzt sah er das strahlende Rechteck der offenen Hangarschleuse, steuerte darauf zu und befand sich Minuten später auf dem relativ sicheren Boden seines eigenen Schiffes.
Edmond erreichte die Zentrale, setzte sich und klappte den Sessel nach hinten. Im Schiff herrschte noch immer eine Totenstille. Die verängstigten Männer hatten sich versteckt. Der erschöpfte Kommandant goß den letzten Rest des kalten Kaffees in den Becher. Dann stürzte er das Getränk hinunter und schloß die Augen.
Völlig erschöpft schlief er ein.
Etwa eineinhalb Stunden später wachte er auf und brauchte Minuten, um sich zurechtzufinden. Er war unrasiert, und als er in einen ausgeschalteten Bildschirm blickte, sah ihm ein bleiches, ausgezehrtes Gesicht entgegen, das von der Erschöpfung gezeichnet war. Außerdem fühlte er einen Hunger, der ihn schwach werden ließ.
Er sah auf die Uhr. Es war sehr spät.
Vor mehr als fünf Tagen war er hier angekommen. Fünf? Nein, inzwischen waren es fast sieben Tage, wie er bestürzt nachrechnete. Was in diesen Tagen geschehen war, schien diese Zeitspanne nicht ausfüllen zu können, aber die kleinen, anscheinend unwichtigen Dinge an Bord der sechzehn Schiffe hielten auf und zwangen immer wieder zur Unterbrechung.
Essen kochen oder kochen lassen.
Mühsam die spielenden, unzufriedenen und hilflosen Männer beruhigen, mit ihnen sprechen, auf die Probleme eingehen, die ausgesprochen kindlich waren – das hielt auf, erschöpfte und kostete wertvolle Stunden. Dann wieder der unterbrochene Schlaf, der Versuch, etwas Ruhe zu haben.
Fast hundertsiebzig Stunden …
Edmond schüttelte den Kopf; er fühlte sich ein wenig besser, und seine Finger zitterten nicht mehr. Er atmete durch, nickte seinem Spiegelbild zu und verließ die Zentrale.
Einhundertneunzehn Männer warteten auf ihn. Und – eine Aufgabe, die mit dem Weiterleben von einigen tausend Menschen eng verflochten war.
In den nächsten Stunden wiederholte er mit einer an Unglaubwürdigkeit grenzenden Geduld, was er seit langen Monaten tat. Er versorgte seine Männer. Als er nach Stunden damit fertig war, war seine Stimmung dicht vor dem absoluten Nullpunkt. Das ließ sich weniger auf die Überlastung zurückführen als darauf, daß es ihn zutiefst schmerzte, mit ansehen zu müssen, was aus seinen Besatzungsmitgliedern geworden war. Er wankte erschöpft in seine Kabine und schlief, als habe man ihn betäubt.
Zwölf Stunden später saß Pontonac wieder vor dem Bildschirm, der ihn auch optisch mit Kommandant Leppa an Bord der PROTEUS verband.
Der Mann mit der glänzenden Lederjacke sagte: »Ich glaube, in diesem Anlauf könnten wir es schaffen, Edmond.«
Pontonac war derselben Ansicht.
»Ja. Ich ziehe das kleine Schiff mit Hilfe des Traktorstrahls heran, dann beschleunigen wir und nehmen den Manipulator mit. So führen wir es durch, Partner. Immerhin sind wir einige Lichtstunden näher an die Erde herangekommen.«
»Immerhin!« wiederholte Edmond sarkastisch.
Er lehnte sich zurück und sah auf die Bildschirme. Abgesehen von den Störungen konnte er deutlich erkennen, daß fünfzehn Kugeln eine Reihe bildeten.
»Ich gehe also in den Leitstand des Traktorstrahls und ziehe das kleine Schiff heran, arretiere das Feld und gebe dann Vollzugsmeldung durch«, kündigte er an.
Edmond verließ die Zentrale, beruhigte einige Männer und spielte etwas mit ihnen, bis er sie in die Kabinen schieben konnte. Anschließend kam er in den abzweigenden Korridor und öffnete mit dem Impulsschlüssel den kleinen Raum, der die Steuerung der Traktorstrahlanlage enthielt.
Edmond setzte sich, drehte den Zentralschalter herum und wartete auf das Aufleuchten der Kontrollampen.
Nichts.
Er schaltete ein zweites Mal, kein einziges Instrument bewegte
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