Silberband 055 - Der Schwarm
der Sergeant kopfschüttelnd. »Aber stellen Sie sich einmal vor, die Menschen hätten auf eine technische Entwicklung verzichtet und sich nur auf eine geistige Entwicklung konzentriert. Wissen Sie, wo wir heute sein könnten?«
»In der Hölle«, sagte Opprus finster. »Oder im Himmel – wo immer das sein mag.«
Der dicke Mann lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
»Wir haben den Weltraum erobert und schicken Raumschiffe in fremde Galaxien. Aber dieser räumliche Gewinn täuscht. Was haben wir im Endeffekt wirklich gewonnen, Opprus? Ich meine jetzt die Summe unserer Erkenntnisse. Wir wissen, daß zwei und zwei vier ist. Wenn wir etwas dazulernen, glauben wir schon, die Schwelle zum allumfassenden Wissen erreicht zu haben. Dabei erfahren wir nur, daß vier und vier acht ist. Verstehen Sie? Wir vergrößern nur die Summe von Daten, ohne wirklich etwas zu verstehen. Man könnte uns mit Blinden vergleichen, die überall umhertasten, Dinge berühren, ohne sie zu verstehen.«
»Sie sind ja ein Philosoph!« sagte Opprus überrascht.
»Eine geistige Entwicklung hätte uns über die Grenzen des Universums hinausgetragen«, behauptete Gryndheim. »Doch dazu ist es zu spät. Dabei waren die Mutanten ein deutlicher Wink der Natur. Aber wir haben unsere Chance verpaßt. Wir können nicht mehr zurück und einen anderen Weg gehen. Es ist unfaßbar, daß der Homo superior das nicht versteht.«
Opprus lenkte den Wagen an die Seite des Tunnels. Er deutete aus dem geöffneten Fenster auf eine Anzahl von Lifts.
»Hier steigen wir aus!«
»Hätten wir nicht noch ein bißchen fahren können?« beklagte sich Gryndheim. »Ich hasse es, unnötig in der Gegend herumzulaufen.«
Sie stiegen aus. Innerhalb des Tunnels war es bedrückend still. Die Liftkontrollen waren eingeschaltet.
Sie stiegen in einen Lift und fuhren nach oben. Das Summen der Anlage verstummte, als der Tragkasten anhielt. Opprus stieß die Tür auf und spähte hinaus.
»Alles klar!« rief er den beiden anderen zu. »Wir können hier raus.«
Sie betraten eine Konferenzhalle, die noch zu Imperium-Alpha gehörte. Es war fast dunkel. Die leeren Sitzreihen sahen gespenstisch aus.
Die Schritte der Männer hallten durch die Seitengänge.
Über dem Diskussionspodium schwebten Leuchtbuchstaben.
Die Würde des Menschen ist unantastbar, las Opprus.
»Eine kühne Behauptung«, meinte Gryndheim, der den Blick richtig gedeutet hatte. »Es kommt schließlich auf die äußeren Umstände an. Ein in Freiheit lebender Mensch kann seine Würde leichter wahren als einer, der Terror und Gewalt ausgesetzt ist.«
Er stieß Pohklym in die Seite. »Reden Sie eigentlich nie etwas?«
Janus Pohklym schwieg.
Sie durchquerten die Halle. Auf der anderen Seite fanden sie Ausgänge, die zu den Lifts führten. Wie Opprus befürchtet hatte, waren alle Lifts blockiert. Das war eine Vorsichtsmaßnahme der Zentrale. Es sollte unter allen Umständen verhindert werden, daß Verdummte in Imperium-Alpha eindrangen und Zerstörungen anrichteten.
»Was jetzt?« fragte Gryndheim.
»Wir benutzen unsere Antigravs und fliegen durch die Liftschächte nach oben. Eine der Türen wird offenstehen, andernfalls müssen wir eine zerstören, um hinauszukommen.«
»Müssen wir eigentlich schon jetzt an die Oberfläche?«
»Nein, Gryndheim. Aber wenn wir hier in dieser Etage weitergehen, verschwenden wir Zeit. Wir nehmen den direkten Weg.«
Sie traten in den Schacht und glitten nach oben. Wie Opprus befürchtet hatte, mußten sie den Verschlußmechanismus einer Tür zerstrahlen, um weiter oben wieder herauszukommen. Wenig später standen sie in einem obenliegenden Raum. Der Blick durch die Fenster stimmte Opprus nicht gerade optimistisch. Draußen tobte ein Unwetter. Es war fast dunkel. Ab und zu erhellte ein Blitz die Umgebung.
»Ein Gewitter«, stellte Opprus fest. »Ich habe vor zehn Jahren einmal etwas Ähnliches auf einer Dschungelwelt erlebt.«
»Müssen wir trotzdem raus?« fragte Gryndheim.
»Haben Sie eine bessere Idee?«
Der Sergeant kratzte sich am Kinn. »Nein«, gab er zu.
Opprus öffnete eine Ausgangstür. Ein Windstoß nahm ihm den Atem und trieb ihm Regen ins Gesicht. Er zog den Kopf zwischen die Schultern und trat hinaus. Der heftige Wind zerrte an seinem Körper.
»Zusammenbleiben!« schrie er, um das ferne Donnergrollen zu übertönen. »Achtet auf unsere Umgebung.«
Gryndheim fluchte verärgert. »Das ist verdammt ungemütlich.«
Opprus blickte sich wachsam um. Keines
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