Silberband 057 - Das heimliche Imperium
hatten. Sandal sah nichts davon, und er fühlte sich in der trügerischen Sicherheit wohl. Endlich erreichte er die ersten Grasbüschel, die an den Rändern von glühender Asche versengt waren.
Er hatte alles mitgenommen, was er besaß.
Die Strahlwaffe und die Ersatzmagazine, den Bogen mit der Rolle seines Geschlechts, die er auch in den nächsten Tagen nachtragen mußte. Dieses merkwürdige Funkgerät, das er seit Tagen auf seinem rechten Oberarm trug. Sogar die letzten beiden Würfel Konzentratnahrung im Saum, zu schweigen von den Ampullen der verschiedenen Medikamente.
Aber daran dachte er nicht, als er einen sanften Abhang hinunterrannte und endlich aus dem Bereich des schwarzen, drohenden Wolkenschattens heraus war, aus dem unaufhörlich Blitze zuckten. Zehn Minuten später befand sich Sandal an einer winzigen Quelle, die ringsum von üppig blühenden Pflanzen umgeben war.
Auf einem großen, flachen Stein lag ein toter Vogel mit verbrannten Schwungfedern.
Sandal tauchte seinen Kopf in das klare, kalte Wasser. Er war gerettet.
Für einige lange Augenblicke glaubte er sich in Sicherheit. Das Donnern der beiden großen Vulkane, die jene Hochebene nach Norden zu abschlossen, war leiser geworden, und nur hin und wieder prasselten einige kleine Funken in das Schilfgras und zischten auf, wenn sie das Wasser berührten. Sandal schloß die Augen und atmete tief ein und aus, dann riß er das Hemd auf und wusch sich kurz, nachdem er die Handschuhe ausgezogen hatte. Es war ziemlich heiß, mehr als fünfunddreißig Grad in der Sonne. Hinter ihm blieb der riesige Schatten zurück, die kochende und überlaufende Lava, der schweflige Gestank. Sandal fühlte sich ausgezeichnet.
»Aber wo bin ich notgelandet?« fragte er sich.
Er stellte sich sekundenlang vor, wie die Fremden aus dem Schiff herausquollen. Vielleicht hatten sie seine Spuren entdeckt: die Knochen und sein Lager im Versteck. Aber er besaß hier einen ganzen Planeten innerhalb des Schwarms für sich, auf dem er sich jeder Nachforschung entziehen konnte. Darin war er Meister.
Er stand langsam auf und sah sich um.
»Ich befinde mich in einer vielfarbigen Wildnis!« stellte er fest.
Der junge Krieger stand am südlichen Rand des Hochplateaus. Sah er nach Norden, entdeckte er die leblose, gelbgraue Ebene, aus der einige verwitterte Lavaschlote hervorsahen, aus denen giftige Dämpfe aufstiegen. Es herrschte Ostwind, und aus den beiden ineinander verschmelzenden Rauchpilzen wurde ein langgezogenes Dreieck.
Er sah seine eigenen Spuren, die von dem ersten Aufschlagort bis hierher führten, aber von den wenigen Kilometern konnte er nur einige hundert Meter überblicken. Dann schaute er nach Süden.
Zunächst ging es hier einen schrägen, leicht bewachsenen Hang etwa sechshundert Meter weit hinunter. Neben dem Hang ragten Felsen auf, über die das Wasser der kleinen, kalten Quelle rieselte und einen langen, dünnen Wasserschleier bildete.
Dann, auf dem Boden des ersten tieferen Plateaus, erhob sich ein kümmerlicher Wald, der offensichtlich an den Rändern vieler Sümpfe wuchs. Einige unregelmäßig sprudelnde Fontänen, deren Umgebung von vielfarbigen Ablagerungen wie von erstarrtem Wasser umgeben und geformt war, unterbrachen die grüne Kulisse.
Ein halbmondförmig gekrümmter Bogen einer kleinen Savanne schloß sich an, an beiden Seiten von Felsen umgeben, von gewaltigen Lavahängen, die in vielen dunklen Farben im roten Sonnenlicht schimmerten. Die Quelle, die von anderen Zuläufen verbreitert wurde, wand sich als kleiner Bach durch die Savanne. Sandal ahnte es mehr als er es sehen konnte. Aber er war in der natürlichen Landschaft Exotas aufgewachsen und kannte alle diese Geländeformationen – ausgenommen die vielen Geysire und fauchenden Wassersäulen, die zwischendurch aus dem Boden brachen. Er orientierte sich weiter.
Wieder ein Waldgürtel, durchsetzt mit kalkweißen Felsen. Bis dorthin betrug die Entfernung nicht mehr als fünfhundert Meter.
Dann schloß sich ein riesiger, gewundener Cañon an, der sich tief in den Felsen eingeschnitten hatte. An vielen Stellen seines Randes sah Sandal wieder jene weißen, roten und stechend gelben Formen, die wie fließender Teig aussahen. Dort, wo die breiten, terrassenförmigen Rinnsale anfingen, stachen die spitzen Bögen von weißem, staubendem Wasser in die Luft und erfüllten sie mit zischenden und gurgelnden Geräuschen. Der Boden des Cañons – Sandal sah ihn an einer Stelle – war eben, bestand aus
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