Silberband 058 - Die Gelben Eroberer
»Während Sie Ihren Gedanken nachhängen, Captain Vantolier, werde ich die Untersuchung des Bauwerks fortsetzen, auf dem Sie stehen.«
Verwirrt blickte ich ihn an.
Er wiederholte seine Worte und fügte hinzu: »Die Besatzung unseres Schiffes ist versorgt, und erfahrungsgemäß beschränken sich die Aktionen des Pilzraumschiffes auf die Abwehr der Plostas. Sie können also ruhig noch ein wenig träumen, während ich die Vergangenheit des Planeten zu entschleiern versuche.«
»Was gibt es schon noch zu entschleiern«, gab ich zurück, ohne zu merken, daß ich mir selbst widersprach, denn ich war eigentlich hierhergekommen, um in den Zeugnissen der Vergangenheit nach Hinweisen zu suchen.
Major Polata erwiderte nichts darauf, sondern schaltete seine Flugaggregate ein und verschwand aus meinem Gesichtsfeld.
Ich setzte mich auf die geborstenen Plastikbetonplatten, noch völlig im Bann der Erinnerungen. Schon früher hatte ich erlebt, daß starke emotionelle Eindrücke bei mir zu visionären Rückblenden geführt hatten, und zwar immer dann, wenn ein Ereignis die Erinnerungen daran weckte. Doch so stark wie hier auf Aggres war dieses Phänomen noch nie aufgetreten. Wenn es mich überkam, dann war ich nur selten in der Lage, mich davon zu lösen.
Ich lehnte mich an ein Trümmerstück und blickte über den Dschungel, ohne die Realitäten erkennen zu können. Mein Geist kehrte zurück in die Zeit nach der Landung des Pilzraumschiffes …
Zehntausende von Plostas waren aus ihren Stammesburgen geströmt und hatten das Pilzraumschiff in weitem Ring eingeschlossen. Allmählich erstarrte das geschmolzene Gestein und Erdreich unter der Pilzkuppel. Die Triebwerksöffnungen glühten noch nach; das Material kühlte knackend ab.
Immer mehr Plostas strömten herbei. Ich dachte daran, welche schweren Zeiten wir durchgemacht hatten, bevor die Insektenwesen uns glaubten, daß außer Major Polata und mir alle Besatzungsmitglieder unseres Schiffes verdummt waren. Da die Plostas ihre Intelligenz in vollem Umfang behalten hatten, waren ihre Zweifel verständlich gewesen. Polata und ich führten ihre Immunität – oder wie immer man es nennen konnte – auf eine tiefgreifende Mutation ihrer Gehirne zurück.
Erst als wir den Plostas gestattet hatten, Untersuchungskommandos in die EX-6633 zu schicken, die unsere Verdummten testeten, schwanden ihre Zweifel allmählich. Dazu kam wohl auch, daß keine fremden Raumschiffe mehr landeten, um Söldner anzuwerben, und die plostasische Hyperfunküberwachung ebenso wie wir die zahllosen Notrufe anderer galaktischer Völker auffing, aus denen hervorging, daß die Verdummungswelle nahezu alles intelligente Leben innerhalb der Galaxis ergriffen hatte.
Trotz dieser erschwerenden Umstände und den Schwierigkeiten mit unseren Verdummten hatten Polata und ich zu ergründen versucht, worauf die plötzliche Intelligenz-Retardierung zurückzuführen sei. Wir stellten fest, daß die Feldlinien-Gravitationskonstante um genau 852 Megakalup gesunken war. Da dieser neue Wert konstant blieb, brachten wir ihn natürlich in Zusammenhang mit der Verdummung. Der letzte Beweis dafür fehlte uns allerdings noch.
Meine Gedanken kehrten wieder in die Zeit kurz nach der Landung des Pilzraumschiffes zurück …
Stunden verstrichen, ohne daß die Besatzung des Schiffes sich über Funk gemeldet oder gezeigt hätte. Der wartenden Plostas bemächtigte sich steigende Unruhe.
Dann öffneten sich in der Wandung des Stielsockels plötzlich acht große Torbogen. Helles Licht fiel daraus hervor und spiegelte sich auf dem erstarrten und erkalteten Magma. Polata und ich hielten unwillkürlich den Atem an, als aus diesen Toren Tausende fremdartiger Gestalten strömten. Sie besaßen zylinderförmige Körper von durchschnittlich 2,50 Metern Größe. Acht stummelartige Beine ragten aus der glatten Unterseite des Rumpfes; auf ihnen bewegten sich die Fremden erstaunlich behende.
Überhaupt spielte die Zahl acht bei diesen Lebewesen eine besondere Rolle. Im kuppelförmigen Oberteil, wahrscheinlich dem Kopf, befanden sich acht kleine Facettenaugen. Unterhalb der Kuppelwölbung ragten acht kurze Armstummel heraus, die sich an ihren Enden in je zwei Tentakel teilten. Diese Tentakel wiederum besaßen je acht dünne, fingerähnliche Auswüchse.
Die Fremden waren fast vollständig in ockergelbe Kombinationen aus einem lederartigen Material gehüllt, die in unregelmäßigen Abständen Löcher von durchschnittlich zehn Zentimetern
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