Silberband 064 - Die Stimmen der Qual
konnten sie wahrscheinlich die Roboter vernichtend schlagen.
Er zögerte. Durfte er eingreifen? Er verstieß schon dadurch gegen die Gesetze, daß er diese Männer überhaupt anstarrte. Trat er ihnen entgegen, dann konnte das vielleicht sein Leben kosten. Samare entschied sich dafür, sich zurückzuhalten. Es wäre sinnlos gewesen, die Priester aufzuhalten. Dafür hätten andere angegriffen.
Er drückte die Tür in seinem Rücken auf und durchquerte eine vollautomatische Druckerei, in der vornehmlich die Besonderen und Geheiligten Schriften der Alten Zeiten hergestellt wurden. Auch jetzt arbeiteten die Maschinen, obwohl in den Heiligen Bereichen alles aus den Fugen geraten war. Samare stellte sie nicht ab, weil er dazu nicht befugt gewesen wäre.
»Wie unsinnig manche Vorschriften doch sind«, sagte er laut. »In der augenblicklichen Situation könnte uns nur Vernunft retten, aber ich darf nichts tun, wofür ich später bestraft werden könnte.«
Hinter der Druckerei führte eine schmale Treppe in ein Bildstudio. Auch hier fand er chaotische Zustände vor, doch kein Priester arbeitete. Eine ältere Frau im Priestergewand saß hinter einem Bildgerät und machte pausenlos Aufnahmen.
Samare durchquerte den Raum und kam auf einen Gang. Seine Blicke fielen auf die Reste eines Roboters, der von einem herabstürzenden Stahlträger zerstört worden war.
Zunächst wollte der Priester vorbeigehen. Dann blieb er stehen und blickte auf die Trümmer hinab. Auch jetzt noch konnte er eine gewisse Angst vor dieser Maschine nicht unterdrücken. Lebte und arbeitete das elektronische Gehirn noch? Konnte es ihn sehen, obwohl es nicht mehr in der Lage war, den metallenen Körper zu steuern?
Irgendwann mußten die Stimmen der Qual doch einmal verstummen. Daran glaubte Samare. Vielleicht fanden die technisch überlegenen Fremden sogar einen Weg, sie zum Schweigen zu bringen. Dann würde sich alles wieder normalisieren, und ein so hochspezialisiertes Gerät wie der Roboter bekam einen unschätzbaren Wert. Allein das künstliche Gehirn war so wichtig und bedeutend, daß die Wissenschaftler Jahrzehnte angestrengter Arbeit mit seiner Hilfe einsparen konnten.
Samare beschloß, den Roboter zu bergen, um ihn vor weiterer Zerstörung zu schützen. Er opferte die dafür nötige Zeit und schaffte es tatsächlich, ihn in einem Gewölbe in Sicherheit zu bringen. Hier konnte er voraussichtlich nicht von anderen gefunden werden.
Als er gehen wollte, fiel ihm noch etwas ein. Sofort kehrte er zurück und griff nach den Waffenarmen des Automaten. Er hatte sich den Paralysator genau gemerkt. Jetzt hing dieses Gerät nur noch an einigen Stahlfetzen.
Der Priester brauchte weitere fünfzehn Minuten, um den Lähmstrahler abzulösen. Danach kehrte er in das Bildstudio zurück, in dem die Frau noch immer sinnlos an der Kamera hantierte. Er richtete die Waffe auf sie und schoß.
Die Frau stöhnte auf, kippte aus ihrem Sitz und fiel zu Boden. Bewegungslos blieb sie dort liegen.
Samare atmete auf. Er schob die Waffe in seinen Gürtel.
Er hatte viel Zeit verloren. Jetzt rannte er, so schnell er konnte. Wenn er in größere Räume kam, breitete er die Hautflügel aus und flog einige Meter weit, weil er auf diese Weise schneller vorankam. Ab und zu blieb er stehen und schaltete Bildgeräte ein, die an allen markanten Punkten des Heiligen Bereichs installiert waren. Er fand sehr schnell heraus, wohin die Fremden flüchteten.
Sie strebten der Stadt im Lavameer zu. Damit nahmen die Ereignisse die denkbar ungünstigste Entwicklung.
Alombo Troyd-Samare hetzte durch die Gänge, Zimmer und Hallen. Er mußte die Raumfahrer aufhalten.
Wenn ihm jetzt Offenbarungspriester begegneten, beachtete er sie nur, wenn sie ihn gefährdeten. Einige griffen ihn an. Er richtete den Lähmstrahler auf sie und schoß sie nieder. Das tat er auch mit einigen anderen Männern und Frauen, die in ihrem Wahn elektronische Einrichtungen zerstören wollten. Einige Priester aber sahen ihn gar nicht. Sie lagen apathisch auf dem Boden oder liefen in größerer Entfernung an ihm vorbei. Sie ließ er in Ruhe.
Dann endlich erreichte er die große Höhle. Die anderen Asporcos rasten und tobten. Er hörte ihre verzweifelten Schreie und wußte, daß sie mehr denn je unter den Stimmen der Qual litten. Er selbst aber hörte sie nicht mehr. Mittlerweile hatte er sich doch mehrfach gefragt, warum das so war. Dabei hatte er sich daran erinnert, daß die Stimmen nach dem Sturz verstummt waren.
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