Silberband 068 - Anti-Universum
gewesen, deswegen befand sie sich hier. Rhodan vertraute ihr offensichtlich, das wurde auch durch den hohen militärischen Rang bewiesen, den sie erhalten hatte.
»Alles ist bereits über das Stadium der Planung hinaus gediehen. Wir rechnen mit einer Frist von nicht mehr als sieben Tagen, in der unser Plan durchgeführt werden kann. Vorausgesetzt, Sie machen keine Schwierigkeiten, Solarmarschall.«
Abermals erschrak Orana. Wenn sich Deighton zu einer solchen Äußerung hinreißen ließ, bedeutete dies, daß er mit ihrem Widerstand rechnete. Das setzte voraus, daß die Planung ergeben hatte, daß sie sich widersetzen würde. Also forderten Rhodan und Deighton von ihr Unmögliches oder Unmoralisches. Sie lehnte sich in den weichen Sessel zurück und sagte leise: »Schwierigkeiten?«
Er nickte und stellte fest: »Richtig. Schwierigkeiten. Sie sind eine Vertrauensperson Rhodans. Sie sollen für uns zu einem Köder werden. Eine höchst reizvolle Rolle, die wir von Ihnen verlangen.«
Die Position, das überlegte Orana langsam und mit quälender Gründlichkeit, von GALAX-Zero war derart wichtig, daß Perry Rhodan, ihr ›Freund‹, keinen Oberst und keinen General zum Kommandanten gemacht hatte. Sie war ausgesucht worden, weil sie über absolute Vollmacht verfügte und Rhodans Vertrauen genoß. Man hatte ihr diesen hohen Rang verliehen und sie in die technischen Geheimnisse der Station eingeweiht. Es gab außer ihr eine Handvoll Männer, die ihrerseits wieder sie beobachteten und vermutlich im Sold Deightons standen, die sämtliche Möglichkeiten der Station so gut kannten wie sie. Orana lächelte innerlich, sie vermochte auf diesem riesigen Instrument zu spielen, als sei es eine Tastatur, nur für ihre Finger und ihren scharfen Verstand errichtet und auf ihre Überlegungen abgestimmt. Sie war die absolute Herrscherin über GALAX-Zero.
»Ich soll eine Rolle spielen? Ich soll von Ihnen als Köder verwendet werden, um für den einen Rhodan den anderen zu fangen?« fragte sie verblüfft. Die Möglichkeit, daß man von ihr etwas Derartiges verlangen konnte, war ausgesprochen abstrus.
»Das ist der Kern des Planes!« stimmte Solarmarschall Deighton zu.
Damals, als nach der Explosion nahe dem terranischen Solsystem der zweite Rhodan mit der zweiten MARCO POLO aufgetaucht war, hatte sich Orana nicht im Solsystem befunden. Sie kannte die Zustände dort jedoch, aber die große Entfernung von GALAX-Zero hatte vieles leichter gemacht. Eine Diktatur, dachte sie, ist in ihrem Kern am schlimmsten und an den Randzonen am wenigsten unerträglich.
»Solarmarschall!« sagte sie und raffte sich auf. »Sie sind wahnsinnig, daß Sie von mir etwas in dieser Art verlangen. Nicht, weil ich es nicht tun will, sondern deswegen, weil ich es nicht kann. Ich bin Solarmarschall, aber keine Schauspielerin.«
Deightons Lachen durchschnitt hart die Ruhe des großen Raumes. »Ich bin ebenfalls Solarmarschall. Und, glauben Sie mir, ich wurde sehr häufig in Rollen gezwungen. Ich war überrascht, wie exzellent ich sie spielen konnte.«
Nach einigen Sekunden begriff Orana. »Sie haben ein Druckmittel, Solarmarschall?« fragte sie voll ängstlicher Gewißheit.
»So ist es!« sagte Deighton und holte aus einer Brusttasche eine Filmspule. Er legte sie auf den Tisch und deutete mit dem Zeigefinger darauf.
»Eine kleine Filmvorführung wird Sie, Solarmarschall, zu loyaler Mitarbeit bringen!« versicherte er mit einem bösen Lächeln.
Der Alptraum begann ein paar Minuten später. Er war dreidimensional und farbig. Er stürzte Orana Sestore ins Chaos ihrer Gedanken und der längst vergessen geglaubten Erinnerungen.
Orana Sestore sah schweigend zu, wie Solarmarschall Deighton mit schnellen und sicheren Bewegungen die Filmkassette in das Abspielgerät einlegte und den großen Bildschirm, der bisher die Sterne des Zentrumsringes und die Wasserstoffwolken gezeigt hatte, umschaltete. Ihre Gedanken vollführten wilde Tänze. Sie fühlte sich in eine der deprimierenden Perioden ihres Lebens zurückversetzt. Während der Katastrophe, die mit dem Durchzug des Sternenschwarms verbunden gewesen war, hatte Orana ihren Mann verloren und ihre damals fünfjährige Tochter. An beiden hatte sie mit aller Liebe gehangen, deren sie fähig war. Der Verlust ihrer Mutter, einer Chinesin, hatte sie merkwürdigerweise nicht so hart getroffen wie der Tod dieser beiden Menschen. Ihr Vater, der Wissenschaftler, war seit dieser Zeit ebenfalls verschollen, und für sie galt er
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