Silberband 069 - Die Hyperseuche
Boscyks Stern, von einer Kanne Kaffee zu sprechen, obwohl im Zeitalter der Servoautomaten kaum noch jemand wußte, daß man den Kaffee früher einmal in Kannen aufgebrüht hatte.
»Ich komme, Mister Danton«, sagte ich.
Da ich mich in meiner Einsatzkombination auf das Pneumobett gelegt hatte, brauchte ich nur die Stiefel überzustreifen und mir die juckende Kopfhaut zu massieren, um ›ausgehfertig‹ zu sein. Der Feldspiegel zeigte mir ein total übermüdetes Gesicht mit dicken Tränensäcken.
Schlurfend verließ ich die Kabine und sah mich draußen um. Der breite Korridor mit den vier Transportbändern machte einen verlassenen Eindruck. Ich orientierte mich an den Leuchtzeichen an den Wänden. Der Plan von Imperium-Alpha war schon zu Zeiten des Schwarmes durch einen Hypnokursus unauslöschlich in mein Gedächtnis geprägt worden, so daß ich keine Mühe hatte, zur Sektion Ypsilon-6 zu finden.
Als ich die kleine Messe betrat, war Roi Danton bereits eingetroffen. Er stand vor einem Datenschirm, sog an seiner erkalteten Pfeife und musterte mit gerunzelter Stirn die Personaldaten eines gewissen Zuccho. Bei meinem Eintreten wandte Roi sich um, kam zu mir und schüttelte mir die Hand.
»Es freut mich, Sie wiederzusehen, Captain«, erklärte er. »Bitte, vertiefen Sie sich doch in diese Personaldaten, während ich mich um den Kaffee kümmere.«
Während er zu einem Interkom ging, las ich die Personaldaten sorgfältig durch. Zuccho war ein Galaktischer Händler und Patriarch einer der größten und reichsten Sippen der Springer. Gleichzeitig war er hundertsiebenundneunzig Jahre alt und Präsident der Vereinigten Sippen, einer lockeren Organisation, die von Fall zu Fall der Koordinierung der Zusammenarbeit mehrerer Springersippen diente, wenn eine Transaktion die Kapazität einer einzelnen Sippe überstieg.
Außerdem residierte Zuccho in der Handelsmission der Patriarchen in Terrania City. Er hielt dort die Fäden in der Hand, obwohl der offizielle Chef der Mission Trutshar hieß. Doch damit waren die Personaldaten nicht erschöpft. Sie wiesen die bedeutsame Tatsache aus, daß Zuccho vor rund vierzig Jahren alle bei einer gewissen Transaktion beteiligten Springersippen gewaltig übers Ohr gehauen hatte. Niemand hatte damals etwas davon gemerkt, außer einigen tüchtigen Agenten der Solaren Abwehr, und die waren nicht befugt gewesen, die betrogenen Springersippen über die Machenschaften Zucchos aufzuklären.
Ich war so in das Studium der Personaldaten Zucchos vertieft gewesen, daß ich den Eintritt einer dritten Person überhört hatte. Erst als Roi Danton meinen Namen rief, drehte ich mich um – und sah sie.
Sie war eine Schönheit – für terranische Begriffe. Eine Walkürengestalt mit strammen Schenkeln, mächtigem Busen und breitem Gesicht, das von einer Fülle blonden Haares umrahmt wurde. Und sie trug ein Tablett mit einer dampfenden Kanne und zwei Tassen in den Händen. In meine Nase stieg der aromatische Duft von frisch gebrühtem Kaffee.
»Das ist Sonya«, sagte Roi Danton. »Sonya war so lieb, für uns beide eine Kanne Kaffee aufzubrühen. Sonya, dieser Mann ist Captain Tatcher a Hainu, ein bekannter Kosmogeologe und tüchtiger Offizier.«
Sonya lächelte und stellte das Tablett auf einen kleinen Tisch. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Captain«, sagte sie mit vibrierender Altstimme. »Hoffentlich sind Sie mit meinem Kaffee zufrieden.«
»Wenn ich zufrieden mit deinem Kaffee bin, dann wird es Captain a Hainu auch sein«, versicherte Roi ihr. Er küßte sie auf die Wange. »Danke, mein Schatz, und nun laß uns bitte allein. Wir haben eine wichtige Sache zu besprechen.«
Sonya nickte. »Du weißt ja, daß ich in der Biochemischen Abteilung zu erreichen bin, Roi. Bis später dann.«
Ihr Abgang hätte einen Terraner Stielaugen bekommen lassen. Als Marsianer der a-Klasse bevorzugte ich einen anderen Typ; dennoch bewunderte ich die ausgefeilte Hüftschwenk-Technik, die Sonya beherrschte. Bald darauf bewunderte ich den Kaffee, den sie aufgebrüht hatte.
»Ist er gut?« erkundigte sich Rhodans Sohn.
»Umwerfend gut«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Dagegen schmeckt der getastete Automatenkaffee wie gefärbtes Wasser. Ich kann verstehen, daß Sie sich an eine Frau wie Sonya halten.«
»Nicht nur des Kaffees wegen«, versicherte mir Roi. Dann wechselte er abrupt das Thema. »Was sagen Sie zu Zuccho?«
»Er ist ein abgefeimter Schurke«, erklärte ich. »Wenn ich ein Springerpatriarch
Weitere Kostenlose Bücher