Silberband 072 - Kontakte mit der Ewigkeit
Bord des Flaggschiffes herrschten keine ›normalen Umstände‹. Die Raytaner standen noch immer unter der Einwirkung des Schocks, und es würde noch lange dauern, bis sie sich daraus lösen konnten.
Rhodan wußte, daß er nur aus diesem Grund eine Chance hatte, diese Situation lebend zu überstehen. Als Beweis dafür sah er an, daß die ROTAP allein erschienen war. Es war Heltamosch nicht gelungen, auch die Offiziere und Mannschaften der anderen Expeditionsschiffe aufzurütteln und die Kampfeinheiten einsatzfähig zu machen.
Die Distanz zwischen den beiden Raumschiffen wuchs. Bald geriet die ROTAP aus dem Ortungsbereich des Beiboots, weil sich zunächst Trümmerstücke und später der Planet zwischen sie schoben.
»Hoffen wir, daß sie nicht auf den Gedanken kommen, noch einmal hier nachzusehen«, sagte Zeno.
»Das werden sie ganz sicher tun, wenn sie uns auf den anderen Planeten nicht gefunden haben.«
»Bis dahin müssen wir es geschafft haben.«
Rhodan nickte zuversichtlich. Eine weitere Stunde verstrich. Sie wußten nicht, wo das Flaggschiff sich befand. Sie konnten nur vermuten, daß es die anderen Planeten des Sonnensystems unter die Lupe nahm.
»Es ist soweit«, sagte der Petraczer. »Wir können starten.«
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den großen Bildschirm, auf dem die Oberfläche des Planeten deutlich zu erkennen war. Das Beiboot bewegte sich auf einer so niedrigen Kreisbahn, daß sie den Raumkörper nicht in seiner ganzen Größe überblicken konnten. Direkt unter ihnen färbten sich die Wolken feuerrot. Ein Vulkanausbruch von unvorstellbaren Ausmaßen erschütterte die Welt. Ein ovaler Fleck von etwa zweihundert Kilometern Durchmesser entstand.
»Sobald wir beschleunigen, werden wir von der ROTAP erfaßt«, sagte Rhodan. »Jetzt kommt es also darauf an. Sind Sie sicher, daß die Positronik uns nicht abermals im Stich läßt?«
»Ganz sicher«, antwortete der Raytaner. »Ich wußte schon vorher, als wir noch an Bord der ROTAP waren, wo der Fehler lag. Ich wollte ihn beheben, als ich von dem Echsenmann überrascht und niedergeschlagen wurde. Wäre das nicht geschehen, dann wäre alles nicht passiert.«
»Ich verlasse mich auf Sie«, sagte Rhodan.
Gayt-Coor setzte sich in den Sessel des Kommandanten. Seine sechsfingrigen Hände glitten wie suchend über die Tastatur des Instrumentenpultes. Der Antrieb des Schiffes erwachte. Das Notlicht erlosch, und das Hauptlicht flammte auf. Überall auf den Instrumententafeln begannen die Lämpchen wieder zu leuchten. Das Schiff erwachte zu neuem Leben.
Vorsichtig manövrierte der Petraczer es aus den Trümmern heraus. Obwohl er wußte, daß in diesen Sekunden die Alarmsirenen an Bord der ROTAP aufheulten, ließ er sich Zeit, denn sie konnten sich jetzt keinen Fehler mehr leisten.
Dann endlich war das Beiboot frei. Gayt-Coor beschleunigte sofort mit Höchstwerten und zog den Raumer in einer weiten Kurve aus der Umlaufbahn und dem Anziehungsbereich des Planeten heraus.
»Da ist die ROTAP!« rief Zeno. Er deutete auf die Bildschirme.
Das Flaggschiff stand jenseits der roten Sonne. Die Instrumente zeigten eindeutig an, daß sie bereits geortet worden waren. Unmittelbar darauf blitzte es bei der ROTAP auf, und sonnenhelle Energiestrahlen zuckten an dem Beiboot vorbei. Aber sie hätten selbst dann wenig Schaden angerichtet, wenn sie getroffen hätten. Die Entfernung zwischen den beiden Raumschiffen war zu groß, und sie wuchs im Augenblick noch zugunsten des Beibootes an.
Rhodan wußte jedoch, daß sich das sehr schnell ändern würde, denn das Flaggschiff verfügte über die größeren Beschleunigungsreserven.
»Tempo, Gayt-Coor!« drängte er.
»Ich hole alles heraus, was drin ist, Rhodan.«
»Noch nicht alles, Gayt-Coor.«
»Wir können das Triebwerk nicht noch mehr belasten.«
»Wir müssen.«
Der Petraczer blickte ihn kurz an. Dann schob seine Hand den Beschleunigungshebel noch weiter nach vorn. Alarmsirenen heulten augenblicklich auf, und Blinkzeichen warnten. Schnell wanderten die Zeiger der Instrumente auf die roten Felder zu.
»Hören Sie auf!« rief der Ingenieur. »Es reißt uns auseinander.«
Das Echsenwesen überhörte den Rat. Es achtete nur auf Rhodan. Erst als dieser ihm ein Zeichen gab, zog er den Hebel zurück, aber die Sirenen verstummten nicht.
»Das war zuviel«, sagte der Ingenieur stöhnend.
»Umschalten auf Lineartriebwerk!« befahl Rhodan.
Wieder feuerte Heltamosch auf das Beiboot. Die Schutzschirme erhellten sich
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