Silberband 074 - Konzil der Sieben
vor. »Die anderen werden bereits auf uns warten.« Er klopfte dem Zukunftsforscher auf die Schulter. »Sie haben mir auf jeden Fall schon einmal eine beruhigende Auskunft gegeben. Danke!«
13.
24. Januar 3459 – Kiamba/Terra.
Bericht: P. Bonhero
Raven Hornisch war ein Mann, der mir auf Anhieb gefiel. Er gehörte zu jenen Typen, denen man die abgerundete und gefestigte Persönlichkeit sofort ansieht. Seine Art, sich zu bewegen, zu sprechen und zu argumentieren, wirkte absolut überzeugend.
Er besuchte mich am Morgen in meiner Villa. Ich empfing ihn in meinem Arbeitszimmer, nachdem ich eine Reihe von wichtigen Gesprächen geführt hatte, die mich davon überzeugten, daß die Welt außerhalb des TEMSYV-Gebäudes noch weitgehend in Ordnung war.
»Man spricht über den Skandal«, sagte Hornisch mit einem feinen Lächeln. Er blickte mich prüfend an, als wolle er aus meinen Gedanken herauslesen, was ich mir wohl bei meinem Verhalten in TEMSYV-Hall gedacht hatte. Ich entdeckte eine Reihe von dünnen Fältchen in seiner Augengegend und um den Mund herum. Hornisch war, wie ich erfahren hatte, 90 Jahre alt, aber man sah ihm sein Alter nicht an. Er wirkte jung, elastisch und kräftig. Sein großer, knochiger Körper machte ganz den Eindruck, als könne er Dauerbelastungen sehr gut ertragen.
»Man soll über diesen Skandal sprechen«, erwiderte ich. »Das ist mir durchaus recht.«
»Warum? Sie sind mir als Mann geschildert worden, der nicht gerade die Öffentlichkeit sucht. Warum jetzt dieser bewußte Affront? Er kann Ihnen nur Ärger einbringen.«
»Den habe ich bereits.« Ich berichtete ihm alles, was er wissen mußte, um meine Situation zu verstehen. Dann fuhr ich fort: »Sehen Sie, nur wenige Kilometer von dieser Küste entfernt senkt sich der Meeresboden sehr schnell bis auf etwa sechstausend Meter Tiefe ab. Jaco Bonhero hat es geschafft, von dort das Öl heraufzuholen und ein Vermögen damit zu machen. Heute gehören zur TEMSYV nicht nur Raffinerien und chemische Fabriken, sondern auch eine stattliche Handelsflotte, Handelsgesellschaften und Forschungslaboratorien, die zu den modernsten des Solaren Imperiums zählen. Die TEMSYV ist zu einem wirtschaftlichen Machtfaktor erster Ordnung geworden.«
»Das ist mir bekannt.«
»Dann werden Sie auch begreifen, daß eine solche Macht zugleich auch eine große Versuchung ist. Ins Präsidium eines solchen Konzerns dürfen nur verantwortungsbewußte Persönlichkeiten, die sich genau in der Hand haben. So ist es auch immer gewesen.« Ich machte eine kleine Pause, erhob mich und rief den Servorobot herein. Er brachte erfrischende Getränke. »Während meiner Abwesenheit ist etwas geschehen, was meine Tante Martola Bonhero verändert hat. Sie ist nicht mehr der gleiche Mensch wie vorher, sonst wäre es undenkbar gewesen, daß sie mir den Zutritt zu meinen Büros verbietet.«
»Kann sie das überhaupt, Mr. Bonhero? Ich habe etwas Derartiges noch niemals gehört.«
Ich setzte mich und schüttelte den Kopf. »Ehrlich gestanden – ich auch nicht. Selbstverständlich könnte ich mir mit Gewalt den Weg frei machen. Ich könnte die Staatsanwaltschaft einschalten und meinen ganzen Einfluß geltend machen. Aber damit ist es nicht getan. Mir geht es nicht in erster Linie darum, die Macht in der Hand zu behalten. Ich will wissen, was mit meiner Tante passiert ist. Sie sollen es herausfinden. Und Sie sollen auch klären, wer für diese Veränderungen verantwortlich ist. Sie müssen schnell und unauffällig arbeiten. Machen Sie nicht soviel Theater wie ich.«
Er lächelte. »Dann war das sozusagen nur die Kriegserklärung an unseren unbekannten Gegner«, sagte er ruhig. »Sie wollten ihn auf sich aufmerksam machen und damit herausfordern. Ich hoffe, daß Sie damit keinen Fehler gemacht haben.«
»Warum sollte das ein Fehler gewesen sein?«
Er wurde ernst. »Wenn es wirklich so ist, wie Sie behaupten, dann ist unser Gegner gefährlich. Er könnte Sie in gleicher Weise verändern wie Ihre Tante – oder er könnte sich an Ihren Kindern vergreifen.« Er nickte mir zu und ging zur Tür. »Ich wollte damit nur sagen, daß es besser ist, wenn Sie von jetzt an mir die Arbeit überlassen. Ich kenne mich mit solchen Dingen besser aus.«
»Wir haben noch nicht über Ihr Honorar gesprochen. Ich habe keine Ahnung davon, was Detektive verdienen.«
»Ich werde Ihnen meine Rechnung schicken, und Sie werden einverstanden sein«, sagte er, und wieder bemerkte ich dieses feine, leichte Lächeln.
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