Silberband 095 - Mensch aus dem Nichts
sich ständig regenerierende Automatik gesichert und vor Verfall geschützt. Aber die Helden haben eine bessere Behandlung verdient. Deshalb gibt es mich. Ich ehre sie, indem ich ihr Andenken mit einfühlsamer Hand pflege. Ich besinge ihre Taten, damit ihr Ruhm alle Zeiten überdauern kann. Ich verehre die Helden … Aber vielleicht wirst schon bald du diese Aufgabe übernehmen.«
»Wie oft muss ich erklären, dass ich das nicht will?«, rief der Vario.
Einsam ließ den Einwand nicht gelten. Er hantierte an einem der Quadrate. Aus der Wand ertönte ein anschwellendes Summen. Andere Töne vermischten sich damit zu fremdartigen Klängen.
Einsam sang dazu. Und pries zwischendurch immer neue zungenbrecherische Namen.
Endlich verklang die Musik. Einsam verstummte ebenfalls. In dem Quadrat waren Linien entstanden, die sich zu einem Rechteck von vierzig mal siebzig Zentimetern vereinten. Im Schnittpunkt der Diagonalen erschien ein Griff.
Einsam zog daran – und tatsächlich glitt die Lade auf. Sie befand sich in zwei Metern Höhe, so dass Einsam bequem hineinblicken konnte. Der Vario hingegen musste eine der Sprossen erklimmen.
Der Anblick, der sich dem Robotkaiser bot, überraschte ihn. Während er den optischen Eindruck verarbeitete, stellte er Messungen an.
Die Lade war in drei Sektoren unterteilt, jeder von dem anderen durch transparente Wände und Energiebarrieren getrennt. In dem einen Drittel sah der Vario drei verschieden große Stäbe, deren eines Ende verdickt war und einen Griff aufwies, während das andere spitz zulief. Dabei konnte es sich nur um Waffen handeln. Um Heroenwaffen sozusagen.
In dem zweiten Drittel lagen sieben Kristalle unterschiedlicher Größe, von feinen Drähten durchzogen, auf die winzige Kügelchen aufgefädelt waren.
»Swuttaeraennengottarriigs Waffen und seine Orden«, erklärte Einsam.
Im letzten Drittel lag ein Gebilde, das aussah wie eine ausgetrocknete Wurzel. Diese erinnerte den Vario an die terranische Mandragora, auch Alraune genannt, die gelegentlich menschenähnlich aussah und der in alten Zeiten magische Kraft zugeschrieben worden war.
»Was ist das?« Der Vario deutete auf das Wurzelgebilde.
»Der Heroe selbst!«, antwortete Einsam ehrfurchtsvoll.
Der Vario, der seine Positronik ausschließlich mit den Ortungen beschäftigte, brauchte eine Weile, um diese Worte mit dem Bioplasmateil seines Gehirns zu verarbeiten. Schließlich schaltete er über den Bioponblock die Positronik hinzu und analysierte das ausgetrocknete Gebilde.
Er erkannte, dass es im wahrsten Sinne des Wortes ausgetrocknet war – exakter ausgedrückt, dehydriert. Das ließ nur den Schluss zu, dass die Llungorener ihren toten Helden alles Wasser entzogen hatten, um sie auf diese geringe Größe schrumpfen zu lassen und sie platzsparend in den Heroenladen unterbringen zu können.
Aber waren diese dehydrierten Wesen überhaupt tot? Konnte man sie ins Leben zurückrufen, wenn man ihren Körpern das entzogene Wasser zurückgab?
Einsam nahm nacheinander die Waffen und Orden heraus, fuhr liebevoll mit seinen metallenen Fingern darüber und bestrahlte sie aus einem in seinem Ortungskopf eingebauten Projektor. Er legte Waffen und Orden zurück und schloss die Lade.
»So, Vario«, sagte er. »Es wird Zeit für deine Bewährungsprobe. Du musst dir einen Heldennamen verdienen, bevor du zum Wächter des Llungo-Mokran werden kannst.«
Der Vario versuchte Einsam erneut klar zu machen, dass er kein Konkurrent für ihn war. Doch der Roboter hörte ihm nicht zu. Er wandte sich bereits der nächsten Heroenlade zu und stimmte eine Hymne an den darin verewigten Helden an.
Es hatte keinen Sinn, sich weiter mit diesem verrückten Roboter aufzuhalten. Er musste wirklich verrückt sein, anders war sein Verhalten nicht zu erklären. Der Vario wandte sich dem Ausgang der Heldengruft zu. Als er durch den Torbogen trat, verschwand dieser hinter ihm sofort. Für Sekundenbruchteile konnte der Vario noch ein Transmitterfeld anmessen, dann war auch dieses erloschen.
Sofort erschien der Gepanzerte wieder.
»Bist du bereit, Vario?« Hinter den Schlitzen des Visiers glühte es.
»Worauf wartest du noch, Porr?«, rief der Vario zurück. Er hatte aus seinem linken Arm den Desintegrator ausgefahren, in seiner Rechten war der Thermo-Intervallnadler erschienen.
Dem Heroen schien es gar nicht zu gefallen, dass sein unaussprechlicher Name verstümmelt worden war. Denn kaum hörte er sich als Porr angesprochen, da stürmte er
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