Silberband 096 - Die Gravo-Katastrophe
denn er ist kein SOL-Geborener, vielleicht einhundert oder einhundertzehn, aber er hat etwas Jungenhaftes, das alles auslöscht, was ihn alt macht. Sein Aussehen und die Art, wie er sich gibt, sind ein stummes Signal: Seht her, ich bin ein echter Terraner.
»Casey«, sagte Louisyan, als er meine Betreuung übernahm, »es ist aus mit dir! Die Brokyll-Sektionsleiste ist angeschmort, und wir haben keinen Brocken Brokyll an Bord. Synthetisieren können wir's nicht, dazu müssten wir ein paar Wochen auf einer Sauerstoffwelt rasten. Kannst du dir vorstellen, dass deinetwegen jemand die SOL für diese Zeit auf einem fremden Planeten landet?«
»Nein, Sir!«, antwortete ich.
»Siehst du! Also ist es besser, wenn du dich mit dem Gedanken vertraut machst, dass du in ein paar Wochen nicht mehr existieren wirst.«
»Dann können Sie mich ebenso gut gleich abschalten, Sir!«
»Sei kein Narr, Casey! Es kann schließlich eine Situation eintreten, in der wir alle brauchen, auch euch alte Terra-Robbies. Deshalb habe ich eure Betreuung übernommen.«
Die Serie, bei der die Aphiliker für den Bau der Positronik Brokyll benutzten, umfasste 146 Einheiten. Siebzehn waren bereits ausgefallen.
»Welche Situation könnte das schon sein, Sir?«, erkundigte ich mich. »Seit dem achten Dezember vergangenen Jahres steht die SOL nun im Ortungsschutz dieser großen blauen Sonne und wird überholt.«
Louisyan lehnte sich zurück, stopfte beide Hände in die Taschen seines verschmierten Kittels und nickte bedächtig. »Richtig, Casey! Diese Überholung war sogar dringend nötig. Nach unserer Flucht aus dem Varben-Nest stellten die Ingenieure fest, dass das Schiff stärker beschädigt worden war als zunächst angenommen. Soviel ich weiß, sind alle Reparaturen endlich abgeschlossen. Perry Rhodan verkündet den Verantwortlichen ein neues Einsatzprogramm.«
»Werden wir wieder Kleine Majestäten jagen, Sir?«
Louisyan tippte mir mit dem Zeigefinger gegen die Brustplatte. »Darüber solltest du dir keine Gedanken machen!«
In diesem Moment entstand im Eingang ein Geräusch, als kratze jemand mit einem spitzen Gegenstand über Metall. Ein Wesen, das einer auf vier Beinen ruhenden flachen Tonne nicht unähnlich sah, betrat den Montageraum: ein Forscher der Kaiserin von Therm. Vier dieser Intelligenzen befinden sich an Bord, und der Himmel mag wissen, wie man sie voneinander unterscheiden kann.
Der Extraterrestrier blieb im offenen Schott stehen. »Mein Name ist Douc Langur«, erklärte er und löste damit das Rätsel. »Sind Sie der Kypo-Ingenieur Louisyan?« Was er von sich gab, klang wie schrilles Pfeifen, aber er hielt einen Translator in einer Greifklaue, so dass wir ihn verstehen konnten.
Louisyan stieg langsam über die am Boden verstreuten Bruchstücke demontierter Roboter hinweg. »Der bin ich«, bestätigte er. »Was kann ich für Sie tun?«
Douc Langur hatte seine fächerförmigen Sinnesorgane auf der Körperfläche steil aufgerichtet. Ich wusste nicht, warum, jedenfalls machte er einen verlegenen Eindruck auf mich.
»Ich wurde zu Ihnen geschickt, weil man glaubt, dass Sie einen geeigneten Begleiter für mich hätten«, verkündete der Forscher.
Louisyan zog eine Augenbraue hoch. »Worum geht es überhaupt?«
Ich dachte schon, Douc Langur würde sich umdrehen und draußen im Korridor verschwinden, ohne ein weiteres Wort über den Grund seines Kommens zu verlieren. Aber dann gab er sich einen merklichen Ruck. »Erlauben Sie, dass ich etwas weiter aushole«, bat er höflich. »Ich weiß nicht, wie intensiv Sie sich mit den Problemen der an Bord der SOL lebenden Extraterrestrier auseinander setzen …«
»Überhaupt nicht«, kommentierte Louisyan trocken. Er deutete auf mich und die anderen Terra-Robbies aus dieser schlechten Serie, die sich gerade in der Montagehalle befanden. »Das sind meine Probleme.«
Douc Langur schien verunsichert.
»Trotzdem kann ich Ihnen vielleicht helfen«, raffte Louisyan sich zu einem bei ihm sehr ungewöhnlichen Akt des Entgegenkommens auf.
Langur gab einen Pfiff von sich, der wie ein Seufzer klang. »Meine drei Freunde und ich leiden sehr unter unserem Identitätsproblem, Kypo-Ingenieur. Wir wissen nicht, ob wir organische Wesen oder Roboter sind.«
»Davon habe ich schon gehört«, sagte Louisyan. »Was wären Sie denn gern?«
»Bitte?«, fragte Langur.
»Vergessen Sie die Frage!« Louisyan winkte ab.
»Einer der Kosmopsychologen hat mich zu Ihnen geschickt«, berichtete der Forscher der
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