Silberband 096 - Die Gravo-Katastrophe
Energiestraßen hinausgewagt hatten, waren sogar tödlich abgestürzt. Vielleicht, überlegte Traiguthur bedrückt, hatten sie den freiwilligen Tod einem Leben voller Qualen vorgezogen. Er selbst war jedoch entschlossen, nicht aufzugeben.
»Ich bin froh, dass ich einen von euch erreiche«, sagte er kurzatmig. »Wir brauchen eine Zusammenkunft.« Darum bemühte er sich seit Wochen ohne Erfolg.
»Ich weiß nicht, ob die anderen noch leben«, erwiderte Waybunth. »Es gibt keine Verbindung nach Zweitnest und Stammnest. Vielleicht sind die Auswirkungen der Katastrophe dort sogar weitaus schlimmer.«
»Das wäre durchaus möglich«, räumte Traiguthur ein.
»Wir können nichts tun«, sagte Waybunth düster. »Meine Kraft reicht gerade dazu aus, dass ich mir Nahrung beschaffen kann. Allen anderen geht es genauso.«
»Unsere Vorräte werden in wenigen Wochen aufgebraucht sein«, erinnerte Traiguthur. »Dann müssen wir etwas unternehmen. Wollen wir wirklich so lange warten?«
Waybunth dachte nach. »Was schlägst du vor?«, fragte er nach einer Weile.
Die Frage brachte Traiguthur ein wenig aus der Fassung, denn er hatte sich noch nicht mit konkreten Plänen beschäftigt. Bisher war es ihm nur darauf angekommen, die anderen Verantwortlichen zu erreichen. Er hatte insgeheim damit gerechnet, dass sich dann alles von selbst regeln würde. »Wir müssen die Ordnung wiederherstellen«, sagte er ausweichend.
»Welche Ordnung?«, erkundigte sich Waybunth sarkastisch. »Etwa die des Schweren Magiers?«
»Er ruft um Hilfe.«
»Na und?« Waybunth strich sich über den Gravitationsbeutel. »Denkst du womöglich daran, ein Rettungskommando zusammenzustellen?«
»Warum nicht?« Traiguthur war von dieser Idee fasziniert. Gewiss, der Schwere Magier verdiente keine Hilfe, aber da war wenigstens die schwache Hoffnung, dass er eine Lösung wusste. Die Varben oder der Schwere Magier – allein für sich war jeder hilflos. Vielleicht konnten sie ein Zweckbündnis eingehen.
Der Gedanke war atemberaubend. Ihn zu verwirklichen konnte ein Teil der Rache der Varben an dem Schweren Magier sein. Musste dieser falsche Gott nicht darunter leiden, wenn jene, über die er geherrscht hatte, ihm nun eine Zusammenarbeit bei gegenseitiger Gleichberechtigung anboten?
»Du fantasierst«, drang Waybunths Stimme in seine Gedanken. »Abgesehen davon, dass wir die Unterkunft des Schweren Magiers niemals erreichen werden, sehe ich nicht ein, dass wir etwas für ihn tun.«
»Wir könnten vielleicht davon profitieren!« Traiguthur begeisterte sich für diese Idee. »Wir müssen Varben suchen, die aufgrund der Beschaffenheit ihrer Gravitationsbeutel noch fähig sind, die Wüste Tervth zu erreichen.«
»Ich sehe keinen Sinn darin.«
»Wir hätten eine Aufgabe, an die wir uns klammern können.«
»Ich bin zu erschöpft, um darüber zu streiten«, erklärte Waybunth müde. »Ich werde mich wieder melden.«
»Warte, wir wollen …« Traiguthur stellte ärgerlich fest, dass die Verbindung schon nicht mehr bestand. Er ließ sich vorsichtig zurücksinken.
Geraume Zeit später rief er einen Techniker zu sich. Der Mann war ihm schon vor Wochen aufgefallen, weil er sich im Vergleich zu den anderen ohne besondere Anstrengung bewegte. Dieser Varbe hieß Dolgruth und war aufgrund seiner zufälligen Begünstigung zum Kurier und Assistenten des Weltverwalters geworden.
»Ich habe eine spezielle Aufgabe für dich, mein Freund«, sagte Traiguthur. »Du musst die Energiestraßen untersuchen, die in Richtung der Wüste Tervth führen. Finde heraus, welche davon so weit intakt sind, dass wir sie ohne großes Risiko benutzen können.«
Der Techniker zeigte sich ängstlich.
»Es ist im Sinn des Schweren Magiers!«, sagte Traiguthur bedeutungsvoll.
Dolgruth lachte verächtlich, und der Weltverwalter sah ein, dass er einen psychologischen Fehler begangen hatte. »Unser aller Leben hängt davon ab«, fuhr er hastig fort. »Nimm dir Zeit und sei vorsichtig. Ich erwarte dich in zwei … nein, in vier Tagen zurück.«
»Ich will es versuchen«, sagte Dolgruth widerstrebend.
Mit dem Niedergang des Schweren Magiers war ein Autoritätsverlust der Weltverwalter einhergegangen. Traiguthur hatte sich damit abgefunden und versuchte, das Beste aus seiner Situation zu machen. »Nun geh schon!«, drängte er.
Dolgruth schlich davon.
Traiguthur versuchte, sich zu entspannen, aber die unsichtbare Last, die auf seinen Körper drückte, ließ die ersehnte Ruhe ausbleiben.
Jedes
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