Silberband 096 - Die Gravo-Katastrophe
sagte Rhodan unvermittelt. »Bringen Sie ihn schnell auf die Beine, Doktor!«
Dr. Praytors Unmut zeigte sich an einer steilen Falte auf seiner Stirn. »Dies ist ein Behandlungsraum«, gab er unwirsch zurück. »Sie haben hoffentlich nicht vor, dieses Wesen, das um sein Leben kämpft, einem Verhör zu unterziehen?«
»Von einem Verhör kann keine Rede sein. Aber vergessen Sie nicht, dass wir uns im Krieg mit BARDIOC befinden. Das trifft wohl ebenso für das Volk zu, dem der Schiffbrüchige angehört. Es besteht also die Aussicht, dass wir von ihm wertvolle Informationen erhalten können.«
»Informationen!«, stieß der Mediziner hervor. »Ist das alles, wofür Sie sich interessieren? Ich bin Arzt und sehe meine Aufgabe darin, das Leben des Unglücklichen zu erhalten.«
»Niemand hindert Sie an der Erfüllung Ihrer Pflicht. Für mich stellt sich das Problem leider etwas anders dar. Es gibt eine unbekannte Anzahl von Planeten, deren Bewohner von den Kleinen Majestäten tyrannisiert werden. Hulkoo-Flotten unternehmen Eroberungsfeldzüge, um BARDIOCs Mächtigkeitsballung zu vergrößern. Diese Superintelligenz hat auch nach der Erde gegriffen, sie ist also unser Gegner. Ich frage Sie: Haben wir Zeit für Sentimentalitäten?«
Bjo registrierte die unversöhnlichen Blicke, die Perry Rhodan und der Arzt wechselten. Vergeblich versuchte er, seine eigene Position zu ergründen, er empfand Sympathie für den Mediziner, konnte aber ebenso Rhodans Haltung verstehen. Und bei seinen Überlegungen durfte er den Fremden nicht vergessen. Vielleicht würde dieses Wesen sich sogar für das Risiko eines anstrengenden Gesprächs entscheiden. Wenn sein Volk ebenfalls von BARDIOC bedroht wurde, suchte es womöglich fieberhaft nach Verbündeten.
Bjo spürte, dass ihn jemand am Arm berührte. Es war Alaska Saedelaere, der hinter ihm stand. Der Mann, der sein von dem Cappinfragment entstelltes Gesicht hinter einer Plastikmaske verbarg, forderte ihn mit einer unmissverständlichen Geste auf, ihm in einen Nebenraum zu folgen.
Lautlos verließ Bjo den Behandlungsraum und folgte Saedelaere in das angrenzende Labor.
»Ich kenne Sie mittlerweile so gut, dass ich erkenne, wenn Sie beunruhigt sind, Bjo«, sagte der Transmittergeschädigte. »In diesem Fall teile ich Ihr Unbehagen. Die Frage ist nur: Was stimmt hier nicht?«
Der Katzer atmete erleichtert auf. »Ich bin froh, dass ich mit jemandem darüber reden kann«, gestand er. »Obwohl ich eigentlich nicht weiß, was ich zu der Sache sagen soll.«
»Sie und ich müssen aufmerksam bleiben und uns absprechen«, fuhr der hagere Terraner fort. »Ich spüre förmlich die Gefahr, die der Fremde für uns bedeutet.«
Bjo schaute erschrocken auf. So weit wäre er bei der Artikulierung seiner Empfindungen nicht gegangen.
»Wir wissen, dass Perry sich verändert hat«, fuhr Saedelaere fort. »Wobei dahingestellt bleibt, ob er tatsächlich beeinflusst wird. Auf jeden Fall kann das Erscheinen des Fremden eine Signalwirkung für ihn haben.«
Bjo Breiskoll dachte kurz nach und sagte verblüfft: »Sie glauben, dass uns jemand diesen Schiffbrüchigen geschickt hat?«
»Nicht direkt geschickt. Aber irgendjemand, vielleicht die Kaiserin von Therm, könnte die Begegnung vorgesehen haben. Perry Rhodan könnte so beeinflusst sein, dass ein Dialog mit dem Geretteten bestimmte Aktivitäten bei ihm auslöst.«
Bjo schwieg betroffen. Von dieser Seite hatte er die Dinge bislang gar nicht betrachtet.
»Sie sind ein junger Mann mit außerordentlichen Fähigkeiten, aber auch mit großer Sensibilität«, sagte Saedelaere. »Behalten Sie Ihren klaren Kopf und lassen Sie Ihre Urteilskraft nicht von Gefühlen trüben.«
Die Eindringlichkeit des Appells beeindruckte den jungen Katzer. Je länger er darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher erschien es ihm, dass Saedelaeres Verdacht berechtigt sein könnte.
Von Anfang an hatte Bjo Breiskoll die Anwesenheit des Transmittergeschädigten an Bord der SOL als beruhigend und stimulierend zugleich empfunden. Sie beide waren Menschen, aber sie waren dennoch anders, wobei das Schicksal Saedelaere zu dem gemacht hatte, was er heute war, Bjo hingegen von Geburt an sein katzenhaftes Aussehen hatte.
»Alaska, wie verstehen Sie sich eigentlich?« Bjo sprach endlich aus, was ihn schon lange bewegte. »Fühlen Sie sich als Mitglied der menschlichen Gemeinschaft oder als Ausgestoßener?«
Die Frage war unglücklich formuliert und darüber hinaus sehr unehrlich, denn im Grunde
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