Silberband 101 - Eiswind der Zeit
Blues und Akonen. Die spärlichen technischen Einrichtungen stammten noch aus der Zeit, als Krieg zwischen Blues und Menschen herrschte und die Akonen die Blues mit Waffen belieferten, um sie von einem Friedensschluss mit Terra abzuhalten.
Hier hatten sich Pedar von Margulien und Seterc tatsächlich treffen wollen, sodass der Akone keinen Verdacht schöpfen konnte. Die in der Milchstraße beheimateten Gys-Voolbeerah, zu denen Ytter gehörte, kannten die Mentalität der Akonen gut genug, um zu wissen, dass jenes Menschenvolk grundsätzlich immer argwöhnisch war.
Ytter rechnete also damit, dass Pedar von Margulien ihn auf die Probe stellte. Der Trick mit dem Kettenfahrzeug war wohl eine solche Prüfung, denn das offene Mannschott hätte jedes andere Wesen als einen Blues dazu verleitet, nachzusehen, warum der Insasse das Fahrzeug nicht verließ. Ein Blue würde niemals so handeln, weil sein Aberglaube und sein Fatalismus es nicht zuließen.
Da der Gys-Voolbeerah damit rechnete, dass der Akone sich mit einer Überraschung technischer Art in Szene setzte, musterte er alle Ortungsanzeigen mit erhöhter Aufmerksamkeit, besonders die Energieortung. Er war enttäuscht, als er nach einer Stunde immer noch nichts feststellen konnte.
Verblüfft sah er dann, wie ein in eine Raumkombination gekleidetes humanoides Wesen an einem überdimensionalen terranischen Kinderdrachen durch die Luft gesegelt kam und wenige Meter neben dem Raumschiff landete.
Der Akone löste sich von dem Rahmen des Flugdrachens, stieß das Fluggerät zur Seite und kam auf das Diskusschiff zu. »Öffnen Sie die Schleuse, Gyüeh-Imr-Seterc!«, sagte der Akone auf Interkosmo.
Der Gys-Voolbeerah war verblüfft. Er hatte nicht gewusst, dass der Blue, dessen Rolle er übernehmen wollte, nicht nur Seterc hieß, sondern einen längeren Namen hatte. Allerdings war er mit der akonischen Mentalität sehr gut vertraut. Deshalb ahnte er, dass Pedar von Margulien den vollen Namen des Blues nicht grundlos genannt hatte. Wahrscheinlich gehörte das zu seinen Tests, mit denen er die Identität des Besuchers prüfen wollte.
Nur wusste Ytter nicht, wie ein Blue auf die Nennung seines vollständigen Namens reagieren würde. Er wusste lediglich, dass Blues nur mit ihrem letzten Namen angesprochen wurden. Das musste es sein! Ytter öffnete die Schleuse und schaltete die Außenlautsprecher ein.
»Die rote Kreatur der Umständlichkeit spricht aus dir, Pedar von Margulien«, sagte er. »Es genügt, wenn du mich Seterc nennst.«
Der Akone lachte leise und kam an Bord. Als er die Steuerkanzel erreichte, nickte er dem vermeintlichen Blue zu. »Entschuldige, dass ich dich prüfte, bevor ich an Bord kam, aber man hört so einiges über Molekülverformer.«
Ytter erschrak, überwand seinen Schreck jedoch schnell und empfand die Situation danach sogar als pikant. »Wir Blues hörten auch davon«, erwiderte er. »Aber bisher haben sie sich nur für die Terraner interessiert. Solange sie uns weiterhin unterschätzen, haben wir wohl nichts zu befürchten.«
Pedar von Margulien machte eine zustimmende Geste und setzte sich in einen Kontursessel, danach hob er die rechte Hand, in der er ein dünnes stabförmiges Gerät hielt. »Das ist übrigens ein Mentalspürer, der mir sofort verraten hätte, wenn sich an Bord dieses Schiffes mehr als eine Person befände.«
»Und was hättest du in einem solchen Fall getan?«, fragte Ytter.
»Ich hätte mich dumm gestellt und im Schiff eine Druckflasche geöffnet, in der sich Viren befinden, die bei ihren Opfern totale Amnesie bewirken.«
»Dann ist es gut, dass du nicht mehr dazu kommen wirst«, sagte Ytter und berührte einen Sensorpunkt an seinem Steuerpult. Aus der Rückenlehne des Sessels, in dem der Akone saß, schob sich ein Hochdruck-Injektionskopf und jagte dem Akonen ein Betäubungsmittel in die Blutbahn.
»Alles Gute, Pedar von Margulien!«, sagte Ytter. »Die schwarze Kreatur des Frohsinns möge dein Gefährte sein.«
Er versetzte dem mit einem Raumanzug bekleideten Akonen einen kräftigen Stoß, der ihn aus der Schleusenkammer des Blues-Raumschiffs beförderte. In hundert Metern Entfernung wartete die CH-CHAN-PCHUR, jenes ungefähr pyramidenförmige Raumschiff aus glasartigem roten Material mit den grazil wirkenden Auswüchsen, das von der Gruppe der Gys-Voolbeerah aus der Galaxie NGC 628 mitgebracht worden war.
Pedar von Margulien segelte durch das Vakuum hinüber und wurde in der gegenüberliegenden Schleuse von drei
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