Silberband 101 - Eiswind der Zeit
klugerweise vorgebeugt, indem sie der GAVÖK gestatten, eine gemischte Kommission zur BASIS zu schicken, die sich davon überzeugen soll, dass die BASIS kein Machtinstrument zur Unterdrückung anderer ist.«
»So werden sie niemanden überzeugen können«, sagte Baikwietel. »Wenn die BASIS in der Lage ist, den Terranern die strategische und taktische Raumüberlegenheit zu erkämpfen, dann könnte sie eines Tages auch dafür verwendet werden. Ich halte es übrigens für sinnlose Materialverschwendung, dass die Terraner einen Giganten wie die BASIS benutzen wollen, um einem vagen Ziel nachzujagen. Wenn ich mir überlege, dass wir die BASIS zur Wiederauffindung des Tba einsetzen könnten …«
»Vielleicht können wir das wirklich«, ergänzte Nchr. »Orghoriet und ich haben nämlich erfahren, wer zu der GAVÖK-Kommission gehört und wo sich die Mitglieder treffen, um gemeinsam ins Solsystem zu fliegen. Wenn wir nicht zögern, müsste es uns gelingen, die Kommissionsmitglieder Pedar von Margulien und Seterc zu kopieren und zwei von uns zum Treffpunkt zu schicken.«
Nchr war dazu ausersehen worden, den Akonen Pedar von Margulien zu überwältigen, dessen Bewusstsein abzutasten und dessen Gestalt anzunehmen.
Der Gys-Voolbeerah hielt die humanoide Gestalt mit dem schulterlangen tiefschwarzen Haar und der samtbraunen Haut weder für schön noch für hässlich. Darauf kam es ihm auch gar nicht an. Wichtig war nur, dass sie gewisse Zweckmäßigkeitsbedingungen erfüllte. Ansonsten bedauerte er alle Lebewesen, die dazu verurteilt waren, ihr Leben lang ein- und dieselbe Gestalt zu besitzen.
Nchr geriet ins Grübeln. Er fragte sich, warum er nicht hin und wieder seine Grundform annahm – beispielsweise, um sich zu entspannen.
Eisiger Schreck durchfuhr ihn. Wie hatte er nur so etwas denken können? Diese Überlegungen galten als tabu bei den Gys-Voolbeerah.
Aber warum?, fragte er sich. Weil die Grundgestalt in Vergessenheit geraten war, sodass sie nicht mehr hervorgebracht werden konnte? Hieß es nicht, dass jeder Angehörige des Alten Volkes, der über die Kraft des Motuul verfügte, jederzeit und ohne bewusstes Dazutun seine Grundgestalt annehmen konnte, und dass der bloße Wille, dies zu tun, die Verwandlung bewirkte?
Trotzdem tat es niemand.
Gab es vielleicht gar keine Grundgestalt? Nchr schüttelte diese Gedanken entsetzt von sich ab. So etwas durfte er nie wieder denken, wenn er sich nicht in eine Lage bringen wollte, in der er gezwungen sein würde, die Probe aufs Exempel zu machen oder seine eigene Existenz auszulöschen.
Er ging in die Kommandozentrale des Gurrad-Raumschiffs zurück, um sich für den Einsatz beim Sprecher der Delegationen abzumelden.
Als sich das Hauptschott vor ihm öffnete, stutzte Nchr. Doch sofort wurde ihm bewusst, dass der Blue, der neben Baikwietel stand, nur Ytter sein konnte. Ytter war dazu bestimmt worden, die Rolle des Kommissionsmitglieds Seterc zuspielen.
Der zirka zwei Meter große, aber dennoch zart wirkende Blue mit dem dreißig Zentimeter langen schlanken Hals und dem blassrosa Tellerkopf blickte ihn mit einem Augenpaar an und sagte zirpend und zwitschernd auf Interkosmo: »Die weiße Kreatur der Wahrheit soll deinen Geist erleuchten, Bruder Pedar von Margulien!«
Verblüfft starrte Nchr die persönlichkeitsneutrale Kopie eines Blues an.
»Hat die gelbe Kreatur der Lüge deine Zunge gelähmt, Akone?«, flötete der falsche Seterc.
»Ausgezeichnet«, erwiderte Nchr. »Niemand wird dich durchschauen, Ytter.«
»Dich wird auch niemand durchschauen, Bruder Nchr«, erklärte Baikwietel ernst. »Nach unserer Niederlage auf Olymp können wir uns eine zweite Schlappe nicht mehr leisten. Wer würde uns dann noch fürchten?«
»Ich werde mir die größte Mühe geben, Bruder Baikwietel«, versprach Nchr.
Während Nchr im Raumanzug den Planeten umkreiste, landete Ytter-Seterc mit einem alten Blues-Raumschiff, das die Gys-Voolbeerah vor einiger Zeit aus einem akonischen Museum entwendet hatten.
Kaum hatte der flache Diskus aufgesetzt, näherte sich ihm ein kleines Kettenfahrzeug. Vor dem Blues-Raumschiff hielt es an. Das Mannschott öffnete sich, aber niemand stieg aus.
Ytter – in der Gestalt eines Blues, aber nicht in der Nachahmung von Seterc – rührte sich nicht. Er konnte nur hoffen, dass dem Akonen die originalen Hirnschwingungsimpulse Setercs nicht bekannt waren.
Ansonsten sollte alles nach Plan verlaufen. Der Planet Kowo-NJ-34 war ein alter Kontaktplanet zwischen
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