Silberband 105 - Orkan im Hyperraum
kurz.
»Gute Reise!«, wünschte der Alte und wollte sich wieder in sein Haus zurückziehen. »Seid vorsichtig«, fügte er leise hinzu, und die Worte kamen nur schwer über seine Lippen. »Nehmt euch in Acht in Dommerjan.«
»Vorsichtig? Gibt es in Dommerjan eine Bedrohung?«
»Jede Weiterentwicklung ist mit Gefahren verbunden. Der Versuch der Integration ist nicht allen Konzepten so gut gelungen wie mir. Denkt daran, wenn ihr ihnen begegnet.«
»Was ist vorgefallen?«
»Es gibt Konzepte, deren Bewusstseine, statt sich zu integrieren, einen Krieg begannen. Das Gegenteil von dem, was geplant wurde, trat ein. Ihr könnt euch vorstellen, was das bedeutet und wie es sich auswirkt?«
»Ja, das können wir. Nochmals vielen Dank!«
Ellert-Ashdon ging davon. Er hatte genug gehört.
Erst als sie weit genug vom Haus entfernt waren und wieder dem Pfad folgten, fragte Ashdon: »Kampf mehrerer Bewusstseine gegeneinander in einem Körper, den sie nicht verlassen können … wie wirkt sich das aus?«
Der Körper schritt kräftig aus, denn er hatte gut geschlafen. In der Ferne wurden durch den dünnen Nebel hindurch mehrere Häuser sichtbar. Ein kleines Dorf.
»Ich ahne es zumindest. Früher nannte man einen solchen Zustand geisteskrank.«
Das Dorf schien wie ausgestorben. Nur aus einem der Häuser drang schwaches Licht, Rauch kräuselte sich aus dem Kamin.
Ich übernehme, teilte Ellert mit. Beherzt ging er auf das Gebäude zu, bückte sich dann jedoch und ergriff einen Holzknüppel, der ihm auch als Wanderstab dienen konnte.
Er klopfte gegen die Tür. Die Antwort war ein fast tierisches Gebrüll. Drinnen polterten Schritte, die Tür wurde aufgerissen – und eine noch junge Frau starrte den Fremden an.
»Weg hier!«, schrie sie, und ihre Stimme überschlug sich dabei. »Verschwinde, aber schnell!«
Ihre Worte waren kaum zu verstehen. Die drohend gereckte Faust war indes deutlich genug. Ellert wich ein paar Schritte zurück.
Die Frau war sicher einmal sehr hübsch gewesen, jetzt wirkte sie verkommen. Die Kleider hingen ihr in Fetzen vom Leib, das Haar war ungewaschen und verfilzt. Wut verzerrte ihr Gesicht.
Ellert erkannte, dass jede Frage vergeblich sein würde. Wortlos wandte er sich um und wollte gehen, aber der spitze Aufschrei warnte ihn rechtzeitig. Die Frau lief hinter ihm her, in ihrer Hand blitzte ein Messer, das sie unter ihren Lumpen verborgen haben musste. Ellerts Abwehrbewegung wäre beinahe zu spät gekommen. Gorsty Ashdon reagierte schneller. Er schwang den Knüppel gegen die Angreiferin und traf die Hand mit dem Messer.
Die Waffe wirbelte davon und fiel ins Gras. Die Frau schrie abermals und schlenkerte die blutende Hand.
»Du Teufel! Was habe ich dir getan?«, rief sie weinerlich, als wüsste sie nicht mehr, was geschehen war.
Ellert-Ashdon setzte seinen Weg fort, ohne zu antworten. Jedes Wort wäre überflüssig gewesen. Er sah nur noch, dass die Frau ins Haus zurückkehrte und die Tür hinter sich zuschlug.
»Das kommt bei ihren Experimenten heraus?«, fragte Ashdon voller Verachtung.
»Wie der Alte schon sagte: Jede Weiterentwicklung ist mit Gefahren verbunden. Und mit Misserfolgen. Wir sind einem der missglückten Experimente begegnet, und es wird nicht das letzte sein.«
Stunden später:
Der Pfad wurde zu einer Straße, die durch ein Dorf führte.
Ich übernehme wieder!, teilte Ernst Ellert mit.
Die Straße bestand aus festgetretener Erde. An einzelnen Stellen brach das Gras wieder durch. Licht und Rauch verrieten, dass viele der Häuser bewohnt waren, aber erst nach mehreren hundert Metern sah Ellert den ersten Menschen, einen hochgewachsenen Mann mittleren Alters. Dessen Augen weiteten sich vor Erstaunen, als er den Wanderer bemerkte.
Ellert ging auf ihn zu. »Ich bin froh, Ihnen zu begegnen«, sagte er schnell, ehe sich der Dorfbewohner abwenden konnte. »Darf ich einige Fragen an Sie richten? Es ist wichtig für mich.«
Der Angesprochene nickte nahezu unmerklich. In seinen Augen flackerten Furcht und Ungewissheit. Jeden Moment konnte er sich umdrehen und davonlaufen.
»Ich komme aus Kelten-Bay, einem friedlichen Ort jenseits der Berge hinter Sphäro. Wo können wir uns ungestört unterhalten?«
Das fremde Konzept gewann sichtlich an Beherrschung.
»Kommen Sie mit in mein Haus. Wenn Sie hier jemand sieht …« Er verstummte.
»Was ist, wenn uns jemand sieht?«
»Man würde Sie töten.« Der Fremde zog Ellert dicht an die Häuserreihe heran. »Es sind nur wenige Meter bis
Weitere Kostenlose Bücher